It’s tea time

Barack Obama wird als Marxist und Sozialist beschimpft. Die Anhänger der Tea Party Bewegung sehen sich im Krieg gegen den US-Präsidenten, der Grossteil ihrer Mitglieder ist über 45 Jahre alt und weiss. Sie setzen sich für tiefere Steuern, Aufhebung der Gesundheitsreform und weniger Macht für den Staat ein. Kurz gesagt: Die Tea Party Bewegung ist eine Anti-Obama Partei.

Fernsehen macht Politik.
Interessant ist aber, wie diese Bewegung in den Medien auftritt. Als Symbolfigur der Bewegung schlechthin gilt die ehemalige republikanische Vize-Präsidentschaftskandidatin Sarah Palin. Durch US-TV-Shows wie «Real American Stories» und «Sarah Palin’s Alaska» versucht Sarah Palin verzweifelt ihr Hockey-Mum-Image abzulegen.

Ein anderes Sprachrohr der Tea Party ist der Talkshowmaster Glenn Beck, der als einer der erfolgreichsten des Landes gilt. Der US-amerikanische Fernsehsender Fox hat schon früh bemerkt, welche Art von Shows die Einschaltquoten erhöhen. Böse Zungen werfen dem Sender mangelnde Objektivität vor. Fakt ist aber, dass man bei einem Fernsehprogramm, das jeden Abend nur einseitige Politshows ausstrahlt, nicht mehr von neutralem Journalismus sprechen kann.

Zwei Studenten gegen die Tea Party-Bewegung

Vielmehr werden dadurch vor allem die verunsicherten und meinungslosen Zuschauer manipuliert. Das Fernsehen wird zum Instrument politischer Propaganda und die wenigsten bemerken es. Wie ernst die Lage ist, zeigt auch, dass andere Nachrichtensender, welche sich für eine neutrale Berichterstattung einsetzten, unter massivem Zuschauerschwund leiden. Aus diesem Grund haben zwei Studenten der Wright State University in Dayton, Ohio, vor einem Jahr die «New Left Media» gegründet. Ziel ist es, sich als unabhängiges Medium vom Mainstream abzuheben.

New Left Media berichtet vor allem über die Tea Party Bewegung und interviewt deren Mitglieder. In den Aussagen wird ersichtlich, wie konservativ und rassistisch die Ansichten der Anhänger sind. Tea Party-Heldin und Politikerin Christine O’Donnell ist ebenfalls für ihre ultrakonservativen Einstellungen bekannt. Sie bezeichnet die Evolution als Mythos, Aids als Strafe Gottes und die Aidsbekämpfung als Verschwendung von Steuergeldern. Obwohl die Republikaner bisweilen noch vom Erfolg der Tea Party-Bewegung profitieren, so auch an den mid-term elections am 3. November, kann sie schon bei der nächsten Präsidentschaftswahl zur Bedrohung werden.

… und das Fernsehen bei uns?

Wie sieht die Situation in der Schweiz aus? Auch hier werden in Sendungen wie «Arena» politische Themen im Fernsehprogramm diskutiert. Kritiker der Sendung finden, dass zu viele Rechte Politiker eingeladen werden und dass die Mitte zu wenig vertreten ist. Dadurch werde der Meinungsbildungsprozess der Zuschauer beeinflusst. Die Redaktion der Arena rechtfertigt dies damit, dass sie nicht zu einem Parteienproporz verpflichtet seien und dass interessante Gäste eingeladen werden wollen. Die Frage ist, ob ein öffentlich-rechtlicher Sender, wie SF, nicht zu einer Ausgewogenheit in der politischen Berichterstattung verpflichtet ist?

Im Falle von Privatsendern ist diese Frage auf jeden Fall zu verneinen. Ein Beispiel dafür ist die Sendung «Tele Blocher», welche wöchentlich im Internet ausgestrahlt wird. Darin spricht Alt-Bundesrat Christoph Blocher in einer Umgebung, die wohl an ein Wohnzimmer erinnern soll, über aktuelle politische Themen. Blocher, der seit der Diskussion um ein Beratungsmandat bei der Basler Zeitung auch als Schweizer Berlusconi bekannt ist, lässt in Tele Blocher seinen radikalen Ansichten freien Lauf (siehe Ausschaffungsinitiative).

Caso Berlusconi, Il-Sung, Jintao, …

In einem Nachbarland der Schweiz wird die Pressefreiheit von «frei» auf «teilweise frei» heruntergestuft. Die Rede ist von Italien. Der Ministerpräsident Silvio Berlusconi kontrolliert sechs von sieben nationalen Fernsehsendern und zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften. So kann es sein, dass Zeitungen (über die er keine Kontrolle hat) Themen behandeln, welche im Fernsehen ganz ausgeblendet werden. Während der Wahlen ist die am meisten gezeigte Persönlichkeit, wie soll es anders sein: seine geliftete Majestät, Silvio Berlusconi. Seinen Gegnern gewährt er nur einen Bruchteil seiner Sendezeit. Redakteure, welche sich gegen diese Gleichschaltung der Informationen wehren, werden einfach entlassen und ersetzt. Da die Italiener dafür bekannt sind, ungern Zeitungen zu lesen, ist das Fernsehen ein zentrales Medium für die politische Meinungsbildung. Dabei ist eine neutrale und objektive Berichterstattung zwingend notwendig, was in Italien schlichtweg unmöglich scheint.

In China, Nordkorea, Vietnam und Kuba kann gar nicht mehr von Pressefreiheit gesprochen werden. Denn in den Staaten, in denen der Sozialismus immer noch verankert ist, werden sämtliche Medien von den Regierungen kontrolliert. Journalisten und Redakteure drohen bei kleinsten Unregelmässigkeiten Haftstrafen und Erziehungslager. 2004 wurden die Zensurmassnahmen nochmals verschärft, weshalb eine Verbesserung der Pressefreiheit in absehbarer Zeit fraglich ist. Dies zeigt sich auch darin, dass das Chinesische Staatsfernsehen nichts über den diesjährigen Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo berichtete. Der Dissident wurde aufgrund von «Untergrabung der Staatsgewalt» zu elf Jahren Haft verurteilt. Zudem drohte China westlichen Ländern, welche an der Verleihungszeremonie im Dezember teilnehmen werden, mit Konsequenzen – was auch immer das heissen mag.

Das Fernsehen prostituiert sich für den Konservatismus, sowie für den Sozialismus gleichermassen. Den einen dient es als Propagandainstrument, den anderen zur Abschottung von der Aussenwelt.

Es scheint, als ob das Fernsehprogramm bestimmt, wie wir leben.


4 Comments

  • MS

    Dass die New Left Media ihr Weltbild im Namen trägt, ist ja klar. Aber sie trägt mit ihrer Arbeit auf jeden Fall dazu bei, dass es wieder eine grössere Meinungsvielfalt gibt und sich die verschiedenen Subjektivitäten wieder relativieren. Die Instrumentalisierung der Massenmedien und die immer leichtere Einflussnahme Externer – unabhängig von der bekannten Grundhaltung bestimmter Zeittungen/Kanäle oder Radiostationen – ist doch ganz sicher ein Problem!

    Ideologien so theoretisch gegenüberzustellen ist sicherlich problematisch, wenn man die Unterschiede in amerikanischer und europäischer Definition von Sozialismus oder Liberalismus bedenkt.

  • Charles Hügli

    Dass der „verunsicherte“ Bürger als einfältiger Dummkopf von hinterlistigen Medien „manipuliert“ werde, ist ein altes Lied. Falsch ist es trotzdem. Es herrscht eine enorme Vielfalt von Fernsehsendern, Internet-Videos und Weblogs. Von einseitigen medialen Monopolen kann keine Rede sein. Einseitige Propaganda ist heute gar nicht mehr möglich, ausser eben vielleicht in China.

    Was ist Neutralität und Objektivität? Es gibt kaum Medien, die nicht eine politische Tendenz haben. Tages-Anzeiger, NZZ, Weltwoche, Woz – alles eindeutige politische Lager. Höchstens bei Reuters oder Bloomberg könnte von einer total pragmatischen Berichterstattung die Rede sein. Aber solange wir eine Vielfalt von Medien haben, was ist daran schlimm?

    Die „New Left Media“ als unabhängig zu bezeichnen, ist absurd. Schon der Name ist politisch nicht gerade neutral.

    In einer Demokratie mit Meinungsäusserungsfreiheit ist es selbstverständlich, dass die Meinungsführer das Volk von ihrer Position überzeugen wollen. Man argumentiert mit Rhetorik und mit mehr oder weniger starken Argumenten. Was ist das Problem?

    Melanie Frick, warum bezeichnest du die Argumentation als Propaganda, anstatt dich mit dem Argument inhaltlich auseinanderzusetzen? Warum lehnst du angeblich „ultrakonservative“ oder „radikale“ Ansichten unabhängig von ihrem Inhalt ab? Wäre es nicht schlauer, sich mit inhaltlichen Argumenten dagegen zu wehren, anstatt mit abstrakten Werturteilen um sich zu werfen?

    „Konservatismus“ – was ist denn das? Die Beibehaltung des Bisherigen? Das kommt ja dann ganz auf das Bisherige an. Das Gegenteil von Sozialismus ist aber Liberalismus. Im Liberalismus herrscht individuelle Freiheit, solange nicht die Freiheit und das Privateigentum anderer beeinträchtigt wird. Jeder ist sein eigener Herrscher. Staatlicher Zwang ist auf ein Minimum beschränkt (z.B. Strafrecht).

    Und ja, die Tea Party steht ein für den Liberalismus – an sich nichts neues. Und sie beschäftigt sich z.B. mit den Grenzen der Staatsverschuldung und den Nebenwirkungen eines staatlichen Geldmonopols. Natürlich sind diese Themen für viele neu, aber das ist kein Grund, sich einer inhaltlichen Auseinandersetzung zu entziehen.

    • Vladimir

      Es ist interessant wie sehr man sich doch hier auf die Tea Party als solche versteift.
      Dabei geht es in dem Artikel gar nicht primär um die Tea Party. Diese ist doch lediglich ein Beispiel dafür,
      wie Medien auch in einem “liberalen” Land massenhaft instrumentalisiert werden können, um eine
      einseitige Botschaft an den Bürger heranzutragen. Natürlich kann man hier entgegenhalten, dass
      es in einem Land wie den USA vielfältige Möglichkeiten der Informationsbeschaffung gibt. Trotzdem darf man
      dabei nicht die Realität aus den Augen verlieren: Die wichtigsten und grössten Medienanstalten in den USA sind
      nicht so gross geworden, weil die Menschen bei ihrer Recherche auf unterschiedliche Medien zurückgreifen, ganz
      im Gegenteil. Gerade dieser Umstand macht es umso wünschenswerter, dass die wenigen meinungsbeeinflussenden
      Medienanstalten fundierte und kritische journalistische Beiträge erstellen.
      Wünschenswert ist in diesem Kontext der richtige Ausdruck,
      schliesslich steht bei vielen nicht mehr die journalistische Arbeit im Vordergrund, sondern vielmehr die Quoten.
      Das wiederum führt zu der paradoxen Situation, dass aus einem liberalen System heraus, eine einseitige und verkümmerte
      Medienwelt hervorgehen kann.
      Und das wiederum, ist eine der Kernaussagen des Artikels.
      Deshalb finde ich es auch nicht verwerflich, dass sich die Autorin auf die wesentlichen Inhalte konzentriert und sich nicht mit unnötigen Ausführungen zu Liberalismus, Sozialismus oder auch zur Tea Party aufhält.

    • Melanie Frick

      Ich denke einseitige Propaganda ist heutzutage sehr wohl noch verbreitet, nicht nur in China. Klar ist die Situation in der Schweiz nicht so prekär und auch dein Argument mit den verschiedenen politischen Ausrichtungen der Schweizer Zeitungen leuchtet mir ein. Dies kann man aber nur begrenzt mit dem TV vergleichen. Vor allem die staatlich finanzierten Fernsehsender sollten dazu verpflichtet sein, möglichst objektiv zu berichten, da es sich um einen öffentlichen Dienst handelt und jeder, unabhängig von seiner politischen Ausrichtung Gebühren bezahlt. Was Fernsehsender wie FOX angeht, finde ich es beängstigend, dass Programme zu reinen Mobilisierungszwecken an Einschaltquoten gewinnen. Charles Hügli, hast du dir schon einmal eine solche Sendung kritisch angesehen?
      Und ja die Tea Party beschäftigt sich neben den Grenzen der Staatsverschuldung und den Nebenwirkungen eines staatlichen Geldmonopols auch mit der Abschaffung der Gesundheitsreform. DAS ist für mich konservativ. Konservatismus ist nicht Beibehaltung des Bisherigen. Konservatismus ist die strikte Verweigerung von Neuem. Eine Gesundheitsreform, wie sie bei uns üblich ist, ist in den USA schon längst hinfällig. Inwieweit der Staat seine Tätigkeit einschränken soll, darüber lässt sich streiten. Ich denke jedoch, dass radikale Lösungsvorschläge, wie z.B. die Abschaffung der US-Notenbank nicht ernst genommen werden können. Natürlich erscheint es sinnvoll, eine kleinere und effizientere Verwaltung anzustreben und es ist auch zu erwarten, dass bei Steuererhöhungen die Bürger am Anfang nicht erfreut sind, man muss aber immer darauf bedacht sein, nicht am falschen Ende zu sparen und darüber hinaus langfristig denken.
      Im Artikel ging es jedoch, wie Vladimir bereits erwähnte, weniger um die Tea Party als solches. Sie diente nur als Paradebeispiel dafür, wie auch in liberalisierten Ländern das Fernsehen als Instrument politischer Propaganda benutzt wird.

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