Studiengebühren international – Wer zahlt wo wieviel?

Nachdem die geplante Studiengebührenerhöhung, welche vor zwei Wochen vom Kanton St.Gallen bekannt gegeben wurde, wieder im alltäglichen Lern- und Prüfungsstress untergegangen ist, wollen wir dennoch einmal sehen, wo sich die HSG und die Schweiz mit dieser Massnahme im internationalen Vergleich bewegen.

Zunächst bietet sich der Blick in den grossen, nördlichen Nachbarkanton an. In Deutschland existieren allgemeine Studiengebühren überhaupt erst seit 2007 und das aktuell auch nur in sieben von 16 Bundesländern.

In den meisten Fällen beträgt die Gebühr 500 Euro, welche sich allerdings durch Verwaltungsgebühren, den Beitrag zum Studentenwerk und die Kosten für das obligatorische Semesterticket um 100 bis 200 Euro erhöhen kann. Der Beitrag zur eigenen Ausbildung lag also in den letzten Jahren, trotz deutlicher Kursschwankungen, selten deutlich unter dem, was ausländische Studenten an der HSG bezahlen müssen.

Allerdings wird in Deutschland nicht nach der Herkunft eines Studenten diskriminiert. Egal ob man aus Berlin, Bern, Brüssel oder Bangkok kommt, man zahlt immer die gleiche Gebühr, die in dem jeweiligen Bundesland gilt. Eine höhere Gebühr für Studenten aus dem EU-Ausland wäre ohnehin nicht möglich, da sie gegen das Gleichbehandlungsgebot und damit gegen geltendes EU-Recht verstösst.

Allerdings hat sich auch eine höhere Studiengebühr für Studenten aus dem Nicht-EU-Ausland gegen den Widerstand aus dem eigenen Land nicht durchgesetzt, wie Lieselotte Krickau-Richter, Leiterin des Internationalen Zentrums der Universität Bonn, über das Pilotprojekt berichtet.

Zudem vertritt man an deutschen Unis im Gegensatz zum St.Galler Bildungsdirektor Stefan Kölliker die Meinung, dass sich bereits die Einführung der allgemeinen Studiengebühren negativ auf die Anzahl ausländischer Studenten ausgewirkt hat, wie der Erlanger Uni-Präsident Karl-Dieter Grüske erklärt.

In der Politik spielt man indes wie auch in St.Gallen, wieder vorsichtig mit dem Gedanken, die Studiengebühren zu erhöhen, allerdings nur “für vermögende Nicht-EU-Ausländer, die nicht aus Entwicklungsländern kommen” wie man aus den Kreisen von FDP und SPD hört.

Weitet man seinen Blick auf ganz Europa aus, erhält man ein sehr heterogenes Bild. In den osteuropäischen und skandinavischen Ländern existieren bis dato überhaupt keine Studiengebühren, während die Staaten in West- und Mitteleuropa doch fast alle in der ein oder anderen Art Beiträge zum Studium erheben.

Ganz besonders ins Auge sticht hier natürlich Grossbritannien. Nachdem die neue Regierung ihren harten Sparkurs durchgesetzt hat, betragen die Studiengebühren dort ab kommendem Herbst sogar noch deutlich mehr als die in der Grafik angegebenen durchschnittlichen 3’500 Euro. So verlangt die LSE für einen Bachelorstudiengang ab Herbst beispielsweise 3’290 Pfund (ca. 3’740 Euro) pro Jahr, mit dem Hinweis, dass die Gebühren für die kommenden Jahre noch nicht fest stehen.

Da England ebenfalls Mitglied der Europäischen Union ist, gilt diese Gebühr genauso für alle Studenten aus anderen EU-Mitgliedstaaten. In Bezug auf die Nicht-EU-Ausländer verfolgt man auf der Insel aber eine andere Politik als in Deutschland. Wer nicht aus der EU kommt zahlt für den gleichen Studiengang im ersten Jahr mehr als das Vierfache, nämlich 13’680 Pfund (ca. 15’550 Euro).

Schweizer Studenten dagegen zahlen die gleichen Gebühren wie Engländer und EU-Bürger, obwohl sie nicht in der EU sind, während ein englischer Student an der HSG in Zukunft auch den erhöhten Tarif für Ausländer berappen muss.

Blickt man nach Übersee, zeigt sich zum Beispiel in Australien Erstaunliches. Dort sind die Studiengebühren für Ausländer in einem ähnlichen Verhältnis höher wie in England (zwei- bis viermal so hoch), was damit begründet wird, dass die ausländischen Studenten bzw. ihre Familien in Australien keine Steuern zahlen. Dennoch verzeichnet das Land stetig steigende Zahlen ausländischer Studenten. Rund 200’000 davon studieren aktuell auf dem Kontinent, deutlich weniger als im viermal so grossen Deutschland. Natürlich florieren dadurch auch die Einnahmen: Im Jahr 2008 proftierten die Ausralier von umgerechnet 8,8 Milliarden Euro Einnahmen aus den Studiengebühren von ausländischen Schülern und Studenten, womit diese zur wichtigsten Einnahmequelle nach Kohle und Eisenerz werden. (mehr dazu)

Ist die Studiengebührenerhöhung an der HSG somit moderner und nachhaltiger als man denken mag? Müssen die westlichen Länder Bildung zunehmend als Ware betrachten, die es zu bewerben, zu vermarkten und lukrativ an den Studenten zu verkaufen gilt?

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3 Comments

  • Tobias P

    Da muss aber dringend einer Nachhilfe in “VWL: Positive Externe Efekte” nehmen…!

  • Carl Cornichon

    Bildung ist nicht eine Ware, sondern eine Dienstleistung, die oft (aber nicht immer) einen gewissen Wert hat. Die Anbieter sollen sich mit der Nachfrage nach ihrem Produkt und dem Werturteil ihrer Kunden auseinandersetzen, so wie der Rest der Welt. Dies soll über einen unverzerrten Preismechanismus erfolgen. Und es darf nicht möglich sein, dass sich die Kunden den wahren Kosten entziehen.

  • Nico

    Mit welchem Kurs wurden die Schweizer Studiengebühren immer in Euro umgerechnet?

    Und noch als kleine Info, in Hamburg ist in den Semestergebühren ein Ticket für alle öffentlichen Verkehrsmittel integriert

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