Das musst du lesen!

Nachdem wir euch gestern Werke präsentiert haben, die einen ekeln, einen sogar hassen lassen, möchten wir euch heute Schätze und Schätzchen aus unseren Regal zeigen.

The Bell Jar von Sylvia Plath, Kritik von Manuela Frey

„The Bell Jar“ (dt. „die Glasglocke“) von Sylvia Plath, einer amerikanischen Lyrikerin und Schriftstellerin, ist eines von den Büchern, die mir während meiner Gymizeit von einem übereifrigen Englischlehrer gründlich vermiest wurden. Stundenlang über einer Seite brüten und Symbole und Bedeutungen suchen, welche die Autorin garantiert selbst nicht gefunden hätte – da erscheint jedes Buch irgendwie mühsam. Zwei Jahre später und völlig zwanglos liest sich Plaths einziger Roman allerdings viel besser. In der Form einer halb-autobiographischen Erzählung rekapituliert Plath als Protagonistin Esther Greenwood den Sommer 1953, in welchem sie ein Praktikum bei einem renommierten Magazin in New York absolviert und eigentlich „the time of her life“ haben sollte.

Stattdessen ist sie mit der Welt der 50er-Jahre, sich selbst und den Anforderungen ersterer an eine junge, talentierte Frau wie sie, völlig überfordert. Langsam aber sicher rutscht Esther in eine Depression, welche sie nach einem Suizidversuch in eine psychiatrische Klinik bringt. Dadurch, dass der Roman in der ersten Person aus Sicht von Esther Greenwood erzählt wird, kann man ihr Abrutschen in die Abgründe ihrer psychischen Erkrankung sehr eindrucksvoll nachvollziehen. Schon in den ersten Kapiteln tauchen Sätze auf, welche einem an der Glaubwürdigkeit von Esthers Version der Story zweifeln lassen. Deshalb regt einem der Roman von selbst zum Nachdenken an und zwingt einem, einfach nur weiterlesen zu wollen – der Zwang eines Englischlehrers ist dabei definitiv nicht nötig.

A Portrait of the Artist as a Young Man von James Joyce, Kritik von Raffael Hirt

Jeder kennt «Ulysses». Doch wer hat schon das Durchhaltevermögen, sich durch die 933 Seiten der Penguin-Modern-Classics-Ausgabe durchzukämpfen – zumal die letzten 63 aus einem inneren Monolog ohne Punkt und Komma bestehen? Trotzdem ist «Ulysses» das berühmteste und meistgelesene des irischen Autors James Joyce – aber nicht das beste. In «A Portrait of the Artist as a Young Man» kommt das Genie Joyce’ viel besser zum Ausdruck als in «Ulysses», das zu sehr aus Gedächtnisströmen und aufgeschriebenem Alltagsbrei besteht.

«Portrait» erzählt die Geschichte von Joyce‘ Alter Ego Stephen Dedalus, der im noch immer zum englischen Empire gehörenden Irland der Anfänge des 20. Jahrhunderts aufwächst. Das Buch beginnt mit der Aufzeichnung von Stephens kindlicher Sicht auf die Welt und den Kinderliedern, die ihm seine Eltern vorsingen, und expandiert von da aus zur Weltsicht des 20-jährigen Students, der – getrieben von dem Drang, seine Ansichten über die Ästhetik des Lebens in die Welt hinauszutragen – die Ketten der katholisch-englischen Doppelbesetzung Irlands abwirft und – wie sein Namensgeber der griechischen Mythologie – über’s Meer in’s Neue fliegt.

Es ist eine Geschichte über das Jungsein, über Hoffnung und Enttäuschung, geprägt von einer Leichtigkeit, die sich in Joyce‘ späterem Werk – «Ulysses», wo Stephen Dedalus als gebrochener Rückkehrer nach Dublin einen zweiten Auftritt hat, oder «Finnegans Wake» – nicht mehr findet. Fazit: lesenswert für alle, die Hochachtung vor der Sprache an sich und ihrer Zelebrierung haben.

Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär von Walter Moers, Kritik von Katrin Stutz

Käpt’n Blaubär kennt jeder. Jeder sollte das Buch „Die 13 1/3 Leben des Käpt’n Blaubärs“ kennen. Das Buch, welches für Jugendliche und erwachsene Leser taugt, beschreibt detailverliebt wie Herr der Ringe, aber um einiges lustiger und noch fantastischer die Lebensgeschichte des Protagonisten. So lautet auch der Untertitel des Buchs von Walter Moers: „Die halben Lebenserinnerungen eines Seebären, mit zahlreichen Illustrationen und unter Benutzung des Lexikons der erklärungsbedürftigen Wunder, Daseinsformen und Phänomene Zamoniens und Umgebung von Prof. Dr. Abdul Nachtigaller“.

Im Buch wird die erste Hälfte des Lebens vom Käpt’n erzählt – ein Blaubär hat nämlich 27 Leben. Blaubär befindet sich im fiktiven Land Zamonien wo er auf allerlei Kreaturen trifft und seine Geschichte immer wieder zu einem Abenteuer wird. Mit lexikonartigen Einschüben werden dem Leser die Begebenheiten zamonischer Geschichten und Geschöpfe erklärt. Mit liebevollen Zeichnungen versehen illustriert erfährt der Leser: ein Wolpertinger ist eine Mischung aus Wolf und Reh – angriffslustig und stark wie ein Wolf, doch grazil und beweglich wie ein Reh. Ob Blaubär von Zwergpiraten das Segeln erlernt, einem Tyrannowalfisch Rex entkommt, von einem Flugsaurier Deus ex machina gerettet wird: man wünscht es dem Bären, dass er abermals mit Mut und Glück durch das Abenteuer kommen möge. Es gibt nur zwei Bücher welche ich mehr als einmal gelesen habe und dieses ist eines davon.

______________________________________________

MEHR DAZU


Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

*

*

*