Für Reiseonkels und Vielfliegerinnen: Reisen mit Gebrauchsanweisung

Sommerzeit ist Reisezeit. Wer irgendwann im Laufe des Monats die Sommerprüfungen für dieses Semester endgültig hinter sich gebracht hat, kann sich eigentlich entspannt zurücklehnen und für einige Wochen mal gar nichts tun. Doch wer will das schon? Wenn man sich ab der zweiten Semesterhälfte in Hörsaal, Mensa und Co umhört, wird klar, dass der Durchschnitts-HSG’ler den Sommer schon längst durchgeplant hat: Heisser Strandurlaub, Praktikum im Ausland, „Summer in the City“, Abenteuerurlaub und Rucksack-Trekking an den exotischsten Plätzen dieser Erde – es gibt nichts, was es nicht gibt. Und bereits im August brechen dann die Ersten wieder von Neuem auf, um ihr Austauschsemester anzutreten.

Für alle, die sich auf ihr Ziel in der Fremde auf die etwas andere Art vorbereiten möchten, empfiehlt sich die Serie „Lesen & Reisen: Gebrauchsanweisung für …“ des Münchner Piper-Verlags. Unter dem Motto „Wohin Sie auch reisen, mit diesen Büchern sind Sie schon dort“ vermitteln die meist rund 200-seitigen Büchlein einen kurzweiligen Einblick in fremde Länder, Sitten und Bräuche. Den Autoren, in der Regel Auslandskorrespondenten, Auswanderer oder zum Teil auch Einheimische, geht es dabei weniger darum, politisch korrekt und übertrieben sachlich eine tiefgründige Analyse eines Kulturkreises abzuliefern. Vielmehr handelt es sich tatsächlich um nützliche Gebrauchsanweisungen, welche stets mit einem Augenzwinkern, viel Witz und Liebe zum Detail, sowie zu dem jeweiligen Land und seinen Leuten geschrieben sind. Das heisst auch, dass alle diejenigen, die einen Reiseführer dazu nutzen, um beim Sightseeing alle Sehenswürdigkeiten und Attraktionen schnellstmöglich abhaken zu können, mit dieser Reihe schlecht bedient sind: Kein einziger Band versucht krampfhaft, sich durch besonders ausgefallene Reisetipps, Hinweise auf „super-trendy“ Clubs oder auch Empfehlungen für „ökologisch korrektes Dining und Shopping“ am Reiseziel (der letzte Schrei etwa in den beliebten Kurz-Reiseführern à la Marco Polo, Merian oder Dumont um die 18 CHF, auch wenn dabei natürlich der Coolness-Faktor nie zu kurz kommen darf) besonders hervorzutun. Stattdessen vermitteln die Autoren generelle Impressionen von „ihren“ Ländern, Regionen oder Städten sowie deren Bewohnern, weisen nur sehr vereinzelt auf besonders Sehenswertes hin und warnen vor den Tücken des Alltags. Das Ganze kommt weder ermüdend-belehrend noch gewollt schick und modern im knappen Telegrammstil (und mit hippen „City-Ansichten“) daher, sondern spritzig-amüsant und in kurzen Kapiteln im bildbefreiten Fliesstext. Und weil in so vielen Klischees ja doch ein wahrer Kern steckt, werden auch diese genüsslich zitiert, mit eigenen Erfahrungen untermauert oder entkräftet, bedient oder verworfen. So ergibt sich zwar nicht zwangsweise eine reine Ansammlung klassischer Stereotypen, doch die traditionellen Bilder der einzelnen Nationen finden sich doch an der einen oder anderen Stelle recht deutlich wieder.

Sofern der Leser daran seine Freude hat, sich nicht an harmlosen Überzeichnungen stört und den Humor der Autoren teilen kann, ist die Piper-Serie sicherlich eine der unterhaltsamsten Varianten, sich mental auf eine Reise ins Ausland einzustellen. Wobei, was heisst schon „Ausland“? Längst hat der Verlag die Reihe ausgedehnt und so finden sich neben Gebrauchsanweisungen wie denen für Spanien, England, Moskau oder Istanbul längst auch solche für die Eifel, Schwaben, das Ruhrgebiet und sogar für das Münchner Oktoberfest. Für Deutsche, die an der Mentalität ihrer eigenen Landsleute verzweifeln, gewissermassen. An dieser Stelle auch der Tipp für alle neuen „Ausländer“, die sich ab Herbst an der HSG und in St. Gallen erstmals im schweizerischen Alltagsleben zurechtfinden müssen (sowie an alle, die damit auch nach mehreren Semestern eventuell noch Probleme haben): Auch die „Gebrauchsanweisung für die Schweiz“ des Schweizer Journalisten Thomas Küng ist eine mehr als würdige Vertreterin dieser Serie und absolut empfehlenswert.

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1 Comment

  • Fabian Fechner

    Ich kann die “Gebrauchsanweisung für London” von Sportjournalist(!) Ronald Reng auch wärmstens empfehlen!!! Ich lebe zwar jetzt noch nicht dort und kann das Geschriebene nocht nicht mit der Realität abgleichen, aber ich wurde beim Lesen sehr gut und humorvoll unterhalten und fühle mich jetzt bestens vorbereitet!

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