Worte und Erklärungen sind zu wenig

Während in der Hauptstadt Ägyptens die ersten Verlierer des Arabischen Frühlings schon medienwirksam im Käfig dem Richter vorgeführt werden, beginnt im nord-östlich gelegenen Syrien die seit Monaten anhaltende Gewalt zu eskalieren. Die Auseinandersetzungen zwischen dem Regime und oppositionellen Demonstranten forderten bereits mehr als 1.400 Todesopfer. Seit Präsident Baschar al-Assad am Wochenende den Sturm auf die Stadt Hama anordnete und die Konflikte im Land sich zuspitzen, geriet auch die UN mehr und mehr unter Druck eindeutig Stellung zur Situation in Syrien zu beziehen. Nach zähen Verhandlungen gelang es dem Weltsicherheitsrat nun eine gemeinsame Erklärung zu verabschieden, die “weitreichende Verletzung der Menschenrechte und die Gewalt gegen Zivilisten” verurteilt. Eine Einigung über den Status dieses Papiers als UN-Resolution konnte nicht erzielt werden und den totalitären Machthabern drohen somit keine offiziellen Sanktionen.

Liebe Mitglieder des Weltsicherheitsrats, warum um alles in der Welt bedarf es “zäher Verhandlungen”, um sich darauf zu einigen, dass das Hinrichten der eigenen Bevölkerung und die Unterdrückung jeder regierungskritischen Äußerung zu verurteilen sind. Ein Staatsoberhaupt, das dem Menschenleben eines Mitbürgers kaum Bedeutung schenkt und diplomatische Beziehungen zur UN, zumindest aktuell, boykottiert, wird sich aus Furcht vor einer Erklärung, wie sie die UN auf den Weg gebracht hat, sicher kaum noch aus dem Haus trauen.
Es ist für mich nicht akzeptabel, dass die Veto-Mächte im Weltsicherheitsrat ein gemeinsames aggressiveres Vorgehen der Staatengemeinschaft so blockieren. Ich verlange von keinem Land, dass es sofort Kampfjets oder Bodentruppen nach Syrien aussendet, aber wirtschaftliche sowie politische Sanktionen anzudrohen und durchzusetzen sollte bei den unmöglich zu leugnenden Verhältnissen in Syrien wohl keiner zähen Verhandlungen bedürfen.

Bedenkt man die Dauer der in Syrien bestehenden Konflikte, die sich nun schon seit Monaten hinziehen, ist es zusätzlich traurig, erleben zu müssen, wie erst das Außer-Kontrolle-geraten der Gewalt und hunderte Tote die Anstrengungen der UN beschleunigten. Der seit zwei Monaten vorliegende Entwurf für eine Resolution musste sich stets dem Widerstand mehrere Länder, Russland an der Spitze, geschlagen geben.

Dass die in Syrien von vielen erhoffte Revolution nicht vom Ausland gesteuert werden kann, sondern ein Transformationsprozess von innen heraus erfolgen muss, ist klar. Und, dass der regierende Assad-Klan sich mit allen, noch so skrupellosen Mittel an die Staatsspitze klammern wird, ist ebenfalls keine Überraschung. Aber eine Führungsriege, die zu dieser Brutalität bereit ist, lediglich mit Worten abzustrafen, ist zu wenig. Zusehen, kann keine Alternative sein.

PS an Deutschland: Enthalten auch nicht!

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2 Comments

  • Eugen

    Sebastian hat ja explizit nicht eine militärische Intervention irgendeines Staates befürwortet, sondern wirtschaftliche oder politische Sanktionen durch eine UNSC-Resolution verlangt.
    Verwunderung und Empören über deren Ausbleiben hegt man aber nur, wenn man den UNSC als Vollstrecker gemeinsamer Werte einer Staatengemeinschaft ansieht, und nicht als das Konzert von Staaten mit sehr unterschiedlichen Werten und Interessen, das er in Wahrheit ist. Das Russland und China Vetomächte sind, verpflichtet die Staaten keinesfalls zu den geforderten hehren Massnahmen (die ich auch befürworte). Im Gegenteil, es entbindet sie von der Verpflichtung dazu. Und warum sollten sie Eigenschaften und Taten des syrischen Regimes bekämpfen, wo sie ihr eigenes Bestehen auf deren Prinzip etablieren?
    Die allgmeine Verwirrung wird an diesem Satz besonders deutlich:
    “Es ist für mich nicht akzeptabel, dass die Veto-Mächte im Weltsicherheitsrat ein gemeinsames aggressiveres Vorgehen der Staatengemeinschaft so blockieren”
    Entweder manche Vetomächte zählen also nicht zur Staatengemeinschaft, was den Begriff ad absurdum führt, oder, zählen sie doch dazu, ist diese Staatengemeinschaft über die wichtigsten und fundamentalsten Fragen internationaler Politik offenbar so uneins, dass der Begriff wiederum ad absurdum geführt ist.
    Das ist zwar keine schöne Einsicht, lassen sich in einer Studentenzeitschrift (oder jeglichen grossen Qualitätszeitung) daraufhin denn keine Appelle an die “lieben Mitglieder” des UNSC schreiben und Empörung über ihn allgemein kundtun, aber vielleicht eröffnet sie gedankliche Perspektiven, aus denen man über eine effektivere Beförderung westlicher Werte und Interessen – denn diese meinst du wohl – nachdenken kann.

    … oder wir schreiben einfach noch einen Brief an die lieben Herren Putin und Jintao.

  • Annegret Funke

    Das ist prinzipiell richtig, der letzte Absatz noch richtiger. Aber das letzte, was die Syrer wollen, ist zu einem zweiten Lybien (oder Irak, oder Afghanistan) zu werden. Dass es nun zum zweiten Mal in der Geschichte Hamas ein schreckliches Massaker gegeben hat, ist natürlich zu verurteilen – nur was könnte ein von der NATO geführter Einsatz dort helfen? Ich zweifle daran, dass China und Russland eine solche Argumentation führen, dennoch: Sobald die USA – auch im Mantel der UNO – in Syrien auftreten werden, würden die Zivilisten wahrscheinlich gefühlt an zwei, denn verstärkt an einer Front kämpfen. Und bei der Bilanz der humanitären Interventionen der UNO kann ein zweiter Blick und ein Zögern eigentlich nicht schaden…

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