England brennt.

Was als Demo gegen Polizeigewalt in Tottenham begann, sich nach und nach in den Vierteln Londons ausbreitete, greift nun jähzornig in ganz England um sich. Während gestern in der Hauptstadt die Nacht verhältnismässig ruhig blieb (nicht zuletzt wegen dem Einsatz von 16000 Polizisten), wurde sich in Manchester und weiteren Städten Strassenschlachten mit der Polizei geliefert und Läden ausgeraubt. Allein in Manchester wurden gestern Nacht 108 Personen verhaftet. Doch nicht nur die Polizei ist im Dauereinsatz, auch Private versuchen sich zu helfen, organisieren Bürgerwehren und wollen die „rioters“ identifizieren.

Doch was treibt diese Massen an? Das radikale Sparpaket von 90 Milliarden Euro, das England dabei helfen soll, seine Schulden zu verringern, erhöht einerseits die Mehrwertsteuer, greift aber auch  massiv in die Sozialabgaben und in den Etat für soziale Projekte ein. Ein Sparen also an der falschen Stelle, dort, wo man eigentlich helfen müsste, um genau derartige Krawalle zu verhindern. Vielleicht. Doch rechtfertigt ein harter Sparkurs der Regierung blinde, sinnlose  Gewalt? Gewalt, die sich nicht gegen die Verursacher der Misere im eigentlichen Sinne richtet, sondern gegen Mitbürger, Mitmenschen, denen es unter Umständen nicht besser geht? Oder um es überspitzt zu sagen: Wie vielen dieser Chaoten wäre mit Tischtennis spielen im Jugendzentrum tatsächlich zu helfen?

Sich also moderne Robin Hoods aufzuführen, sich unrechtmässig und auf Kosten anderer Güter anzueignen, mit dem Gedanken, dass einem diese einfach so zustehen, ist lächerlich. Es zeigt, dass es den Krawallmachern längst nicht mehr darum geht, auf ihre Probleme aufmerksam zu machen, sondern nur noch darum, zu rauben und zu zerstören. Wie kann man es sich sonst erklären, dass ganze Häuserzeilen in Brand gesteckt werden und aus den Läden meist nur Luxusgüter wie Markenkleider und Flachbildfernseher entwendet werden? Die Schäden der Krawalle werden mittlerweilen auf 100 Millionen Pfund geschätzt, eine zusätzliche Belastung für die marode Staatskasse. Um es mit den Worten des Assistant Chief Constable Garry Shewan der Greater Manchester Police zu sagen: „These are pure and simple criminals running wild tonight. They have nothing to protest against. There has been no spark. This has been senseless on a scale I have never witnessed before in my career.”

Doch was unternimmt die Regierung gegen die Krawalle? Kritik aus der Bevölkerung, aber auch von der Polizei selbst, wird immer lauter. Man wisse nicht, wie man gegen die Aufständischen vorgehen soll, was der Plan sei. “What we really need now is for politicians to start giving us some really clear guidance on whether we’re going to police this gently-gently, or effectively.”, so der Generalsekretär der Metropolitan Police Federation Neil Crachtley. Er kritisiert weiter, dass es für die Polizisten unsinnig erscheine, die Unruhestifter zu verhaften, wenn sie bisweilen nach wenigen Stunden in Haft wieder auf freiem Fuss sind.

Heute kündigte Cameron, der bereits am Dienstag klar erklärte, dass es kein Pardon für die Täter geben werde, an, dass der britischen Polizei die Möglichkeit gegeben werde, Wasserwerfer einzusetzen. Zwar brachen Cameron und das englische Parlament seinen Sommerurlaub ab, eine Lösung, eine konkrete Strategie, um die Unruhen zu beenden, wurde aber bislang noch nicht präsentiert. Gerade jetzt wäre aber ein hartes Durchgreifen einerseits, andererseits auch eine Strategie zur Verhinderung solcher Aufstände auf lange Sicht, von Nöten. Diese langfristige Strategie kann aber nicht in einem haussmannschen Umbau liegen, sondern muss darauf abzielen, für die Auffangwilligen Resozialisierungsmassnahmen zu bieten, für die Unwilligen aber klare Folgen für ihr Tun zeigen. In Zeiten der Krise wird besonders ersteres schwierig umzusetzen sein, da Cameron doch gerade an dieser Stelle sparen wollte.

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