Alexander Graubner-Müller gibt spannende Einblicke zu Kreditech

Gastbeitrag von: Stephan Gemke, Chair for Entrepreneurship, www.startup.unisg.ch

Unternehmerisch aktiv zu sein, reizte ihn schon immer und als dann das Investmentbanking an Job-Attraktivität verlor, stand für Alexander Graubner-Müller fest: Ich gründe. Und der Erfolg gibt ihm Recht, leitet er doch als Co-Gründer und CTO von Kreditech eines von Deutschlands heissesten Start-ups.

2007, zur Blütezeit des Investmentbankings begann Alexander Graubner-Müller sein Studium an der Universität St. Gallen und war fasziniert vom sogenannten Financial Engineering. Hier sah er zunächst auch seine Zukunft und erweiterte entsprechend seine Programmierkenntnisse in Kursen an der ETH Zürich und arbeitete bei einem Fonds in Liechtenstein. Doch drei Jahre später, Alexander war nun Absolvent, litt das Investmentbanking weiterhin an den Folgen der Finanzkrise und Financial Engineering, das Buzzword der letzten Jahre, verlor an Glanz. Neu, hip und en vogue hingegen waren nun Start-ups. Bei Alexander, der sich mit seinem Freund Sebastian Diemer ohnehin regelmässig über diverse Geschäftsideen austauschte, entstand zusehends der Wunsch, seine Leidenschaft für Datenanalyse und Datenauswertung auf unternehmerische Art und Weise Ausdruck zu verleihen.

Einig waren sich die beiden Freunde darin, dass die Zukunft datengetrieben sein wird: Daten seien schliesslich wie Legosteine, nur dass, wenn sich alles zusammenfügt, eben keine Gebäude oder Raumschiffe entstehen, sondern Algorithmen und Prognosen: Prediction – that‘s what is it all about…

Mit ihrer ersten Idee Predictx.org, einem Wettmarktplatz für diverse Events und Ereignisse, gingen sie vier Wochen lang auf „Pitchtour“ durch Deutschland. Doch trotz dutzender Investorenpitches gab es nur eine Handvoll Interessensbekundungen von Investoren.
„Dass das damals mit dieser Idee nicht funktionierte, ist zwar schade, und auch den Investmentprozess hätten wir uns leichter vorgestellt, doch die Kaltakquise ist immer sehr schwierig, insbesondere als Uni-Absolvent ohne grosse Gründungs- und/oder Praxiserfahrung“, weiss Alexander Graubner-Müller zu berichten. Positiv sei jedoch, dass man unglaublich viel networken konnte und man so mit verschiedenen Investoren weiterhin in Kontakt blieb. Dadurch ergab sich zunächst die Möglichkeit, für Rocket Internet Groupon China aufzubauen. Eine Aufgabe, die im wahrsten Sinne des Wortes in die Kategorie „Sturm und Drang-Phase“ passte: „Von Beginn an haben wir Gas gegeben, 200 Leute eingestellt und gepusht und gespusht. Es ging drunter und drüber und genau das war das Gute daran, denn so erfuhren wir die wichtigen Do’s und Don’t’s wie man ein Start-up organisieren muss, damit  es möglichst schnell performt.“

Einige Monate später ging es dann zu Hanse Ventures, bzw. zu Gigalocal, einer Matchingapp für lokale Dienstleistungen. Was vielversprechend klang und auch heutzutage weiterhin Gegenstand vieler Gründungen ist, wurde aber leider nichts. Graubner-Müller führt hierzu an, dass auf dem damaligen Markt das Geschäftsmodell (noch) nicht funktionierte und man sich insgesamt nicht auf eine neue Strategie einigen konnte. Daher beschlossen Alexander und Sebastian, Gigalocal an ein Managementteam zu übergeben und Kreditech zu gründen, wo sie von Anfang an durch das Gigalocal aufgebaute Netzwerk an Business Angels zurückgreifen konnten.

Zum ersten Mal sah sich Alexander mit seinem Kompagnon Sebastian nun in der tatsächlichen Rolle als Ideengeber und Gründer. Und statt wieder mühsam von vorn zu beginnen, hatten sie mit Heiko Hubertz von Beginn an einen erfahrenen Business Angel an Bord. Über ihn kamen weitere Privatinvestoren hinzu und innerhalb weniger Monate waren die ersten Millionen geraist. Im März diesen Jahres kam noch der Global Founders Capital (mit EUR 3 Millionen) an Bord, und dass, obwohl Kreditech nach eigenen Aussagen zu Genüge finanziert sei.
„Doch die „Samwer-Brüder“ bringen ja nicht nur Geld, sondern vor allem eine Menge an Erfahrung mit, die für uns nur positiv“ sei, erläutert Graubner-Müller dieses Investment.
Und weiter: „Die Investoren liefern auch über das Kapital als Solches hinaus einen grossen Mehrwert. Sie haben uns zunächst ein Büro gegeben, konkrete Intros zu Follow-on-Investoren gemacht, wertvolles Feedback zur Strategie und Internationalisierung gegeben und sie unterstützen uns sehr im Recruiting.“

Ferner sieht er in seinem Team eines der grossen USPs von Kreditech, da alle mit Spass und Commitment dabei seien. Insbesondere bei den Programmierern sei das von Anfang an essentiell gewesen. Nichts überzeuge IT‘ler mehr, als eine neue Technologie, wo sie all ihre Fähigkeiten einbringen und erweitern könnten. Wenn man ihnen dann noch die Möglichkeit gäbe, ein Team zu leiten, hätte man so ziemlich alles, was das Programmierer-Herz höher schlagen schliesse. Solche Faktoren seien auch wichtiger, als das Gehalt. Das sei zwar nicht unwichtig, spiele häufig aber nur eine untergeordnete Rolle.

Der Kern liegt in der Technologie, die es erlaubt mit Hilfe einer Unmenge an Daten (8‘000 verschiedene Parameter) die Kreditwürdigkeit von Privatpersonen vorherzusagen. Mit dieser Technologie im Rücken, betreibt Kreditech eine Mikrokreditplattform, über die Privatpersonen sehr schnell und sehr unkompliziert kurzfristige Kredite (bis zu 30 Tage) in einer Bandbreite von zumeist EUR 100-1‘000 zzgl. 30% Zins erhalten können. Zielgruppen sind dabei nicht nur jene Schuldner, die von klassischen Banken keine Kredite mehr erhalten und auch bei Kreditkartenunternehmen keine Chance mehr hätten, sondern vor allem Freelancer und weiteren Personen mit unregelmässigen und niedrigen Einkünften, die die Kredite als Überbrückungen und Vorauszahlungen bräuchten. Aktiv ist Kreditech momentan nicht in Deutschland, jedoch in Polen, Tschechien, Spanien und Russland; vier weitere Märkte sollen dieses Jahr auf jeden Fall noch folgen. Mehrere Tausend Kredite in einem siebenstelligen Gesamtwert seien bereits vergeben worden.

Ab 2014 soll das Geschäftsmodell dann erweitert werden, indem man diese Datentechnologie den Banken zugänglich mache. „Scoring as a Service“ nennt Kreditech das und lässt es sich auf Pay-Per-Request-Basis bezahlen.

Technologisch sieht das Prozedere folgendermassen aus: Der Kreditnehmer stellt einen Kreditantrag und gibt dabei bereits 30 Angaben preis. Doch noch bevor er das Antragsformular ausfüllt – und erst recht währenddessen – sammelt Kreditech im Hintergrund weitere Informationen ein. Dank UMTS-, IP- und Browserdaten weiss Kreditech z.B. welchen PC der User benutzt und in welcher Stadt bzw. Region man sich aufhält. Zudem wird der Antragsprozess als Solches analysiert: Die Dauer und die Art und Weise des Ausfüllens gehören bspw. dazu.

Nicht alles von dieser Datensammlung geschieht ohne Wissen der User. So werden Facebook-Daten nur benutzt, wenn der User sein Einverständnis dazu gibt. Hinzu kommen noch externe Datenabrufe, bspw. vom Melde- und Handelsregister. Auch makroökonomische Daten zur jeweiligen Herkunftsregion des Kreditnehmers fliessen in die Bonitätsüberprüfung mit ein. Bis zu 35 externe Datenquellen werden insgesamt abgefragt. Und wenn man dann all diese Daten einmal hat, werden sie verdichtet, umso einerseits die Ausfallwahrscheinlichkeit abzuleiten, sowie andererseits zu prüfen, ob der Kreditbetrag überhaupt zu den finanziellen Umständen des Kreditnehmers passt.

„Kreditech wäre mit Sicherheit nicht so gut aus den Startlöchern gekommen, ohne unsere Vorerfahrungen mit Rocket Internet und Gigalocal“, gibt Graubner-Müller unumwunden zu. „Wir konnten hier sehr viel lernen sowie wertvolle Kontakte knüpfen, was unseren Start enorm erleichtert hat. Zudem ergänzen wir uns alle vom Team her ideal. Den Zuspruch, den wir sowohl investorenseitig, als auch kundenseitig erhalten, bestärkt uns zudem immer wieder in unserem Tun. Der Schritt in die Selbstständigkeit war absolut die richtige Entscheidung.“

Ihr gründet oder wollt gründen? Das HSG Gründer Lab und das Center for Entrepreneurship (CfE-HSG) sind eure Ansprechpartner. Hier findest du alle Informationen.


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