Ist das Internet-Business nachhaltig? – oikos Conference 2013

Internet-Business und ökonomische, soziale und ökologische Nachhaltigkeit – was hat das miteinander zu tun? Das werden sich wohl manche gefragt haben, als sie das diesjährige Thema der oikos Konferenz gesehen haben: «Future Model or Crisis Trigger?! – How sustainable can the web-based business be?» Am ersten Konferenz-Tag wusste man nicht so recht, ob man nun in einer konventionellen Internet-Start-Up-Beratung sitzt oder ob es irgendwie auch um mehr als nur nachhaltige Gewinne geht.

Der Tag begann mit einer Präsentation von Prof. Dietmar Grichnik, der als Professor für Entrepreneurship schon zahlreiche Start-ups begleitet und untersucht hat. Seine Ausführungen waren übersichtlich, doch wer schon einmal eine Vorlesung zu Innovationsmanagement besucht hat, lernte kaum etwas Neues. Es folgten eine Präsentation vom Chief Information Officer von Wikimedia Schweiz und Alexander Stoeckel von b-to-v, einer Venture Capital Firma. Die Vorträge waren interessant; der Bezug zur Nachhaltigkeit war aber unklar. Als einige Teilnehmer fragten, ob denn bei der Vergabe von Venture Capital auch soziale oder ökologische Kriterien eine Rolle spielen würden, war die Antwort von Stoeckel eindeutig: Ihn interessiere einzig, wie schnell das Start-Up profitabel sei bzw. zu einem guten Preise verkauft werden kann. Da fiel vielen der Teilnehmer im Saal erst einmal der Kinnlade runter.

Die Workshops am Nachmittag standen dann schon eher im Zeichen der drei Dimensionen der Nachhaltigkeit: Die Teilnehmer konnten ein Fair-Trade-Kaffee-Start-up kennenlernen, mit der Beratungsfirma Accenture über die Sharing Economy diskutieren, bei Moving Twice ein Spenden-App kennenlernen und mit Climate Partner Businessmöglichkeiten in Folge des Klimawandels ausdenken. Die Workshops kamen gut an, denn sie zeigten konkrete Beispiele von Start-Ups, deren Motivation nicht nur Geldverdienen ist, sondern die auch einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme leisten wollen. Zudem konnte in der Pause gleich der Fair-Trade-Kaffee des Start-Ups gekostet werden!

Motiviert durch die Erfahrungen in den Workshops kamen gegen Abend noch etwa 30 Leute an die öffentliche Podiumsdiskussion – fühlten sich aber im riesigen Audimax etwas verloren. Doch nicht nur räumlich, auch inhaltlich fühlte man sich in der Podiumsdiskussion etwas verloren. «Sustainable Entrepreneurship – A Paradox?» war das Thema. Doch es wurde gar nie diskutiert, worin denn dieses Paradox bestehen soll. Das lag wohl auch daran, dass die vier Unternehmer auf dem Podium mehr oder weniger offen zugaben, dass nachhaltig für sie vor allem heisst: ökonomisch nachhaltig. Als Teilnehmer fragten, ob denn Unternehmer nicht auch eine gesellschaftliche Verantwortung hätten und ihren Einfluss einsetzen könnten für die Bewältigung von sozialen und ökologischen Probleme, war der Konsens eindeutig: das kann ein nettes Nebenprodukt sein, mehr aber auch nicht. Und der Staat solle schon gar nicht versuchen, die Unternehmen irgendwie dazu zu bewegen, denn staatliche Regelungen seien sowieso nur Hindernisse.

Der zweite Tag startete nach einem belebenden Frühstück mit weiteren Workshops. Der Workshop der Post offenbarte anschaulich die Chancen, aber auch Gefahren, die die steigenden Bedeutung von Smartphones im Alltag mit sich bringen können. Es entwickelte sich interessante Gespräche; der Vortragende wich nicht auf Plattitüden aus, sondern erklärte sehr sachlich und ehrlich, die momentanen Möglichkeiten und Pläne der Post mit Smartphones die Mobilität der Menschen voranzutreiben, beziehungsweise zu erleichtern. Er gab sich jedoch auch selbstkritisch und erkannte die Schwierigkeiten der momentanen Entwicklung an: Big Data, sei eine Problematik, mit der man sehr vorsichtig umgehen müsse!

Die Abschlussveranstaltung war eine Panel Discussion über Venture Capital und Impact Investment mit Focus auf Süd-Amerika. Ein Zahlenspiel zeigte eindrücklich die Chancen, die mit web-based business einhergehen: In Brasilen haben knapp 50% der Menschen Zugang zu einem Bankaccount, aber auf 195 Millionen Einwohner kommen 260 Millionen Mobiltelephone. Besonders der Vortrag von Asier Ansorena sprühte nur so vor Willen, nachhaltig in der Gesellschaft etwas zu verändern.

Die Konferenz zeigte, dass Nachhaltigkeit in vielen Geschäftsbereichen keine Rolle spielt, offenbarte dabei aber auch ein ehrlichen Blick auf die Praxis. Die Workshops überzeugten durch die geringe Anzahl der Teilnehmer, was lebhafte Diskussionen zuliess.


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