Faserland

Gedanke um Gedanke durch ganz Deutschland

Früher war alles besser. Diesen ewig redundanten Satz lässt einen oft nur noch genervt die Augen verdrehen, wenn man ihn von seinem Gegenüber in einer Diskussion über Musik, Film oder Literatur zu hören kriegt. Dabei gibt es doch so viele Exponenten, die ein Beweis gegen diese These sind. Der Schweizer Schriftsteller Christian Kracht ist mit Sicherheit einer davon. Neben der oft beinahe unerträglich banalen Standardprosa vieler kontemporärer Literaten beweist Kracht, dass es noch Hoffnung für die Gegenwartsliteratur gibt. Dabei stach besonders sein Debütroman «Faserland» mit einer ungewöhnlichen Sprache und Erzählstruktur hervor. Stilistisch lässt er sich wohl am ehesten mit den angelsächsischen «stream of consciousness» oder mit Arthur Schnitzlers «Leutnant Gustl» gleichsetzen.

Der Roman erzählt dabei von einer Reise eines namenlosen Protagonisten Ende zwanzig von Sylt durch ganz Deutschland bis nach Zürich. Besonders dabei ist, dass Kracht seinen Hauptdarsteller jeden noch so unwichtigen Gedanken ausformulieren lässt, was den Interpretationsspielraum zwischen den Zeilen ungemein weit öffnet. Nach und nach erhält man Einblicke in eine Generation, die nur schwer fassbar ist und sich zwischen Drogenexzessen, materiellem Reichtum und drohender Bedeutungslosigkeit aufzulösen droht. Zwischen verstörenden und eindrucksvollen Schilderungen beginnt der Leser zu verstehen und Schlüsse zu ziehen.

Faserland ist damit für jeden Angehörigen der wohlstandsverwahrlosten Generation Y, der dieses Standardwerk der deutschen Popliteratur noch nicht gelesen hat, eine Kulturlücke, die es dringend zu füllen gilt.

Faserland

Christian Kracht
160 Seiten
11.90 Franken


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