Der Mann hinter den schlauen Karten

Alle kennen die farbigen Karten und Ordner, viele motzen über die Fehler und verwendet hat sie doch schon fast jeder einmal. Uniseminar-Mitgründer Tim Ruffner erzählt uns, warum das Unternehmer-Sein «scheisse» ist und trotzdem Spass macht.

UniseminarFeiertGeburtstag2_onlineTim, Uniseminar wird zehnjährig! Erzähl uns mal, wie Uniseminar eigentlich entstanden ist.

Ich kam damals gerade als «verchillter» Junge an die Uni für mein erstes Semester, wobei ich zuvor zwei Jahre Snowboardlehrer in Laax war. Vor den ersten Prüfungen begann dann auch für mich der Stress. Es gab noch kaum Zusammenfassungen, keine Online-Community zum Teilen und vor allem keinerlei Lösungen zu alten Prüfungen. Meine Freunde und ich fanden es obermühsam, alle Freunde zu fragen, wer welche Lösungen hatte, um dann alles zusammenzutragen. Wir wollten das Lernen für uns und unsere Freunde vereinfachen. Zuerst fragten wir zwei Freunde von der ETH, ob sie für uns einen Theorieteil für Mathe I erstellen konnten. Gleichzeitig begannen wir mit dem Erarbeiten von Lösungen alter Prüfungen. Dann schrieben wir ein Seminar für 120 Franken auf einer einfachen Homepage aus und erhielten innert zwei Tagen über 300 Anmeldungen.

Wie ging es dann weiter?

Mit dem Geld aus den Anmeldungen konnten wir gerade die ersten Ordner (die waren damals noch in A4-Format und trugen den namen HSGseminar) produzieren. Der Preis betrug damals stolze 75 Franken. Die Unterlagen waren mit unseren handgeschriebenen Lösungen natürlich voller Fehler, aber im Seminar halfen wir dann mit Tipp-Ex, diese zu korrigieren. Im zweiten Semester folgte dann Mathe II, im dritten VWL I, dann Rechnungslegung und Makro. Etwa drei Jahre später exportierten wir unsere Idee an andere Schweizer Unis und nach Deutschland. Heute sind wir an gut 25 Unis vertreten (auch in Deutschland, Italien, Niederlande) und zählen über 25’000 Kun- den bei circa 800 Produkten. Ich sage immer, wir machen «massgeschneiderte Hemden» zum Lernen: jedes Produkt ist ein Unikat und perfekt auf Uni und Professor abgestimmt.

Es scheint also nicht so schwer, Entrepreneur zu werden, oder doch?

Mein Grossvater und mein Vater waren schon Unternehmer, vielleicht lag es im Blut. Aber ganz ehrlich: Ich habe das gar nicht so geplant. Meine Freunde und ich, wir sind da irgendwie einfach reingerutscht. Wir hatten auf jeden Fall keine Ahnung von Tuten und Blasen. Wir wussten nicht mal, dass man einen Namen schützen kann. Aber das erfuhren wir ja, als die Uni uns empfahl, nicht als HSGseminar aufzutreten. Und dann hatten wir Glück, den richtigen Nerv getroffen zu haben. Mir scheint es einfach wichtig, dass ein Student nicht fünf Jahre versucht, Wissen im Hörsaal aufzusaugen. Die bessere Methode ist immer noch, hinauszugehen, selber Hand anzulegen und sein eigenes Ding zu machen. Mit Uniseminar hat man sogar noch mehr Zeit dafür.

Hast du nach zehn Jahren im Business Zeit, dich ein bisschen zurückzulehnen und das Privatleben zu geniessen?

Das Privatleben eines Unternehmers ist relativ scheisse. Ich bin nicht braun gebrannt und hatte in den letzten drei Jahren nur drei Wochen Urlaub. Es ist enorm anstrengend und mit viel Verantwortung verbunden, eine Firma zu führen. Immerhin beschäftige ich vier Mitarbeiter in Zürich, fünfzehn in der Tochterfirma in Berlin, und fliege deshalb alle ein bis zwei Wochen hin und her. Für die Beziehung mit meiner Freundin ist das gewiss nicht einfach. Das sollte man sich auf jeden Fall bewusst sein, wenn man Unternehmer werden möchte.

Was ist dann schön daran, eine Firma zu haben?

Es ist doch das Beste, wenn du dein Ding durchziehen kannst. Ich geniesse es jeden Tag, mein Team zu führen – auch wenn es manchmal schwierig ist. Zudem macht es mir Spass, mich mit digitalem Lernen und Webdesign zu beschäftigen. Da machen wir im Team schon Sachen, die ich als Rocket Science bezeichnen würde. Und schlussendlich machen mich die Kunden glücklich. Die melden sich zwar meistens nur, wenn sie etwas nicht gut finden. Auch das ist wichtig und dafür sind wir immer dankbar. Dann gibt es aber auch jene, die sich für die Dienstleistung bedanken oder ein Design sackstark finden und uns das mitteilen.

Was kann man von dir in den nächsten fünf oder zehn Jahren erwarten?

Bei den Ordnern und Karten wollen wir die Qualität sicher erhalten und die Produkte weiterentwickeln. Unsere Vision geht aber noch weiter: Wir konzentrieren uns auf digitales und mobiles Lernen. Mit simpli.ch haben wir eine App für einfaches Lernen der Fahrschultheorie entwickelt und bald folgt eine komplett neu aufgebaute App. Wir haben daran quasi ausgetestet, wie wir das Lernen für unterwegs gestalten können und wollen das in ein bis zwei Monaten auf die bestehenden Uniseminar-Lernapps adaptieren. Generell werden wir uns in diesem Bereich weiterentwickeln und von physischem hin zu digitalem Inhalt gehen. Ebenfalls bauen wir unsere Jobplattform talendo stetig aus und sind in Gesprächen mit weiteren Partnern.

Es hagelt Kritik, dass ihr sehr viel Geld für ab- geschriebene Unterlagen kassiert, die dann noch Fehler enthalten. Was sagst du dazu?

Klar ist es unser Ziel, möglichst keine Fehler in den Unterlagen abzudrucken. Und gerade von den HSGlern bekommen wir immer wieder Kritik, es hätte wieder Fehler in den Unterlagen. Sie finden das dann «mega übel» und «voll scheisse». Aber seien wir ehrlich: Lies mal 800 Seiten eines Theorieskripts, deine Bachelorarbeit oder irgendeine Gruppenarbeit durch und du findest immer wieder Fehler. Über hundert Editoren sitzen vor Semesterbeginn stundenlang an der Überarbeitung der Ordner und im Gros leisten sie hervorragende Arbeit. Wir sollten vielleicht unsere Augenringe ins Internet stellen, um zu zeigen, dass wir wirklich mit Herzblut daran sind. Unsere Preise finden wir immer noch angepasst, denn neben den überschaubaren Produktionskosten müssen wir schliesslich die Arbeit hochqualifizierter Editoren und aller Leute hinter Uniseminar entlohnen.

Wie beschreibst du euer Verhältnis zur Uni? Gibt es regelmässig Stress? Wie ist der rechtliche Aspekt? Klagen?

Nachdem wir uns nicht mehr HSGseminar nannten, genossen wir eigentlich immer ein gutes Verhältnis zur HSG, welches von gegenseitigem Respekt lebt. Lediglich 2007/08 führten wir einige Diskussionen mit einem VWL-Professor, der mit der Veröffentlichung einzelner Aufgaben nicht einverstanden war. Wir liessen uns rechtlich beraten und fanden schliesslich eine Lösung. Generell sind Prüfungen aber nicht urheberrechtlich geschützt und das Vorlösen von Aufgaben gilt als unser eigenes Werk; ebenso der Theorieteil. Wir glauben, man muss die Regeln der HSG einfach befolgen. Bei anderen Unis arbeiten wir oft mit Professoren und Doktoranden zusammen und erhalten so auch Unterlagen.


3 Comments

  • Karla Burti

    Wenn über 100 Editoren (WTF?!!!??) an der Überarbeitung der Unterlagen sitzen und diese ach so hochqualifiziert sind, wieso zum Teufel sind dann immer noch so viele Fehler in den Unterlagen???

  • Toni

    Vielleicht sollte man auch mal erwähnen, dass sich Herr Ruffner Emailadressen aus OLAT zusammenklaut und die Leute dann illegalerweise anschreibt. Oder dass die Emailadressen von Uniseminar für talendo-Werbung missbraucht werden. Oder dass er Geld von Studenten für die Karten und Ordner verlangt UND dann noch Geld von Firmen nimmt, damit sie in den Unterlagen präsent sind…

  • Franz

    “Bei den Ordnern und Karten wollen wir die Wualität sicher ERHALTEN.”

    Das heisst ihr gebt zu, dass sie nur so vor Fehlern strotzen und wollt die Qualität nur erhalten, nicht verbessern?

    Da sieht man mal wieder, dass dieses Geschäft reine Abzocke von Studenten und reine Geldmacherei mit der Prüfungsangst von Studenten ist.

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