Abschlussarbeiten. Eine Tragödie

«Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor», meinte einst Goethes Faust. Wer zum Schluss seines Studiums die Abschlussarbeit schreiben möchte und sich durch alle dafür nötigen Merkblätter und Formulare gekämpft hat, dem geht es ähnlich: Thema einreichen; im Studiensekretariat während gefühlten sieben Minuten pro Woche abholen; bei auch nur einem geänderten Buchstaben im Titel die Unterschrift des Dozenten einholen; Arbeit online abgeben und trotzdem noch dreimal ausdrucken, unterschreiben, binden (mit Klebebindung!), anstehen oder einschreiben, und schliesslich drei Monate auf eine Antwort warten. Dieses Verfahren ist so unzeitgemäss, dass es tatsächlich aus Goethes Feder stammen könnte. Fast möchte man einen Pakt mit dem Teufel schliessen.

Besonders das dreifache Ausdrucken birgt Schikanierungspotenzial. Drei Exemplare drucken und binden zu lassen kostet gut und gerne 200 Franken – bei 1’653 graduierten Bachelors und Masters kostete uns das im vergangenen Jahr also etwa 300’000 Franken, ganz zu schweigen von den schätzungsweise 100’000 Seiten Papier und der vergeudeten Zeit. Dabei vergilben die Papierstapel irgendwo im Archiv, oder aber – und das berichten Augenzeugen – sie werden, ohne auch nur kurz aufgeschlagen zu werden, direkt entsorgt.

Warum von uns verlangt wird, wissenschaftlich auf der Höhe der Zeit zu sein und das Prozedere rund um die schriftlichen Arbeiten trotzdem hilflos veraltet ist, das bleibt eine Gretchenfrage.


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