«Wir haben in der Regel viele ausgezeichnete Bewerbungen»

Um einen neuen ordentlichen Professor zu berufen, braucht es rund zwei Jahre Vorbereitung. Wie der Prozess abläuft und warum Professoren gerne an der HSG arbeiten.

Rund drei Jahre vor der Emeritierung eines ordentlichen Professors beginnen die Überlegungen und die Suche nach einem möglichen Nachfolger. In diesen Prozess sind unterschiedliche Akteure involviert: von der Universitätsleitung, allen voran der Rektor, über die Schools und Institute bis hin zu Studierendenvertretenden. Die Entscheidung trifft jedoch letztendlich der Senat. Eine Berufungskommission, bestehend aus Vertretenden der Universität, der Schools, des Mittelbaus, der Studierenden und der externen Fachvertretenden bereitet diese vor. Es gibt Fälle, in denen im ersten Anlauf kein passender Ersatz gefunden und vorübergehend eine Lehrstuhlvertretung eingesetzt wird.

Langjährige Suche

Einer der ersten Schritte auf der Suche nach neuen Professoren ist die Lehrstuhlplanungssitzung, die einmal im Jahr zwischen dem Rektor und jeder School stattfindet. Es wird diskutiert, ob das frei werdende Forschungsfeld in dieser Ausrichtung wiederbesetzt werden soll, oder ob ein neues Profil gesucht wird. In beiden Fällen wird in einem nächsten Schritt ein Profil für die Stelle ausgearbeitet, welches zur Strategie der Universität passen muss. Anschliessend wird die Freigabe des Lehrstuhls beim Universitätsrat beantragt. Dies geschieht idealerweise rund zwei Jahre vor dem Eintrittsdatum des neuen Professors.
Der eigentliche Berufungsprozess beginnt im Anschluss und dauert zwischen neun und 18 Monaten. Die entsprechende School schärft das Profil der Stelle. Es folgt eine Ausschreibung der Stelle, auf welche sich interessierte Wissenschaftler elektronisch bewerben. Sie werden von den Berufungskommissionsmitgliedern evaluiert. Aus dem Pool der Bewerbenden werden im Anschluss vier bis sechs Kandidierende ausgewählt, die zu einem Vortrag an die Universität St. Gallen eingeladen werden. Im Anschluss an den Vortrag erfolgt ein Gespräch mit der Berufungskommission, sowie informelle Treffen mit Studierenden, Mittelbau- und Schoolvertretenden. Die Berufungskommission schlägt den aus ihrer Sicht bestgeeignetsten Kandidaten der zuständigen School zur Wahl vor. Anschliessend muss der vorgeschlagene Kandidat von Senat und Universitätsrat gewählt sowie von der Kantonalregierung bestätigt werden.
Ist der neue Professor eingestellt, so steht die Integration im Zentrum. Beispielsweise an der School of Humanities and Social Sciences bekommen sie einen Mentor zugeteilt. Da die neuen Professoren in der Regel aus anderen Regionen der Schweiz oder dem Ausland hierherziehen, erhalten sie Welcome-Services wie Hilfestellungen bei der Suche nach Wohnraum, Kinderbetreuung, Schulen und einem Job für den Partner. Das Finden qualifizierter Professoren ist eines der zentralsten Anliegen jeder Universität. Deshalb ist eine hohe Anzahl Universitätsangehöriger mit grossem zeitlichen Engagement in diese Suche involviert und es stehen ausreichend finanzielle Mittel der Universität zur Verfügung. Nicht zuletzt wegen der Bedeutung dieser Entscheidungen hat die Universität in den letzten zwei Jahren die Faculty Services neu organisiert und ein neues Faculty Office eingerichtet, das unter anderem für die Berufungen zuständig ist.

HSG auch bei Juristen beliebt

Laut Monika Kurath, Direktorin für Forschung und Faculty der HSG, gehören die internationale Wahrnehmbarkeit, die ausgezeichneten Rankingergebnisse und die Praxisnähe zu den wichtigsten Stärken der HSG. Herausforderungen bei der Berufung herausragender Dozierender liegen in der intensiven Konkurrenz um die besten Wissenschaftler unter den Universitäten. Auch bei der Suche nach Dozierenden in den Rechts- und Humanwissenschaften gebe es kaum Schwierigkeiten, erklärt Kurath. «Rechtsprofessoren werden hauptsächlich im Schweizer Markt rekrutiert. Trotz seiner Überschaubarkeit ist auch hier die Bewerbungslage in der Regel sehr gut», erläutert die Direktorin.
Die Abwerbung von Professoren sowohl hin als auch weg von der HSG scheint kein grosses Thema zu sein. Die gute Ausstattung, die Freiheit in der Forschung und Lehre sowie die wertschätzende Atmosphäre in der Professorenschaft sind wichtige Faktoren, die die Professoren an der Universität halten sollen.

Jede Frau ein Gewinn

Auf Ihre grössten Erfolge und Misserfolge bei der Suche nach neuen Professoren angesprochen, erwähnt Kurath den Erfolg bei der Gewinnung von Professoren für den an der HSG neu etablierten Bereich der Informatik. Hier hat sich eine Reihe ausgezeichneter Informatiker mit der Motivation beworben, einen neuen Fachbereich mitaufzubauen. Neben der Anwerbung herausragender Informatiker verbucht Kurath derzeit auch jede Frau, die als Professorin verpflichtet werden kann, als einen Gewinn. «Professorinnen funktionieren als Rollenmodelle insbesondere für Studentinnen und können sie motivieren, ebenfalls eine Führungsposition anzustreben», sagt Kurath. Dem Rektorat sei die stärkere Vertretung von Frauen an der HSG derzeit ein grosses Anliegen.
Misserfolge ortet Kurath in den Fällen, in denen eine Stelle nicht besetzt werden kann: «Noch schlimmer sind aber Fehlbesetzungen. Solche können zu einem Reputationsschaden führen und sollten mit allen Mitteln vermieden werden.»
Im Falle einer Nichtbesetzung eines Lehrstuhls kann die Vakanz mit einer Vertretungsprofessur überbrückt werden, bis ein ordentlicher Professor berufen werden kann. Dabei handelt es sich in der Regel um Nachwuchswissenschaftler, die gerne solche Vertretungen übernehmen, da sich dies positiv auf ihren Lebenslauf auswirkt, erläutert Kurath.

Kontinuierliche Qualitätssicherung

Die Reputation ist das Kapital einer Universität. Deshalb sind Akkreditierungen und Rankingergebnisse besonders wichtig für Universitäten. Das ist auch an der HSG nicht anders. Die Professoren gelten als die wichtigste Ressource einer Universität. An der HSG werden sie für jeweils acht Jahre gewählt. Für die Wiederwahl wird ihre Eignung in Lehre und Forschung überprüft. Eine Nichtwiederwahl ist äusserst selten, Kurath kann sich an keinen Fall erinnern. Hier müssten schon signifikante Verfehlungen in Forschung und Lehre nachweisbar sein.
Die Anforderungen an die Professoren sind hoch, im Gegenzug bietet die HSG aber auch grosse Vorteile. Die Freiheiten, die Interdisziplinarität und die internationale Bekanntheit sind die häufigsten Bewerbungsgründe. Das Berufungsverfahren ist professionell aufgestellt und es fliessen substanzielle Ressourcen in die Suche nach neuen Professoren.
Derzeit laufen an der HSG rund 20 Berufungsverfahren. Gesucht werden beispielsweise Professoren für Strafrecht, Öffentliches Recht, International Economics, Technologiestudien, Soziologie, Alternative Investments and Private Markets, Nachhaltigkeitsmanagement, Marketing, Strategisches Management und Informatik. Wie immer ist die Bewerberlage hervorragend.


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