Generation Y, auffällig unauffällig oder unverbesserliche Gutmenschen?

Die Meinungen zur Generation Y, auch Millennial Generation genannt, driften auseinander. Einerseits wird diese Generation als faul, narzisstisch und sprunghaft beschrieben, anderseits heisst es, es sei die Generation jener, die ein Zeichen setzen und diese Welt verbessern möchten.

Stephanie Rüegger ist der Meinung, dass Millennials sehr wohl verwöhnt sind,
doch diese Sorglosigkeit zur Weltverbesserung nutzen.

Geboren zwischen 1980 und dem Jahre 2000, geboren mit der Schuld, als Kind der Generation Y, als Nichtstuer abgestempelt und von Erwartungen freigestellt. Millennials: Ein Ausdruck, der sich vor allem auf die Jugend westlicher suburbaner Orte bezieht und unserem Luxusleben gerecht wird – so heisst es zumindest, denn die meisten von uns brauchten nicht stundenlang zu Fuss zur Schule zu gehen, mussten ihren Eltern nicht im Stall helfen, und nahmen es als selbstverständlich hin, auch als Mädchen ein Recht auf Bildung zu haben. Es ist somit wohl wahr, dass wir die Generation sind, die verwöhnter und luxuriöser aufgewachsen ist als jede andere zuvor, doch dies macht uns nicht zu faulen Narzissten, im Gegenteil: Wir wuchsen so sorglos auf, dass wir Zeit hatten, uns mit anderen Themen als der Existenzangst zu beschäftigen. Unsere Grosseltern investierten viel Zeit in die Ernährung der Familie, unsere Eltern führten diesen Brauch weiter. Mit unserer Generation endet diese Tradition. Wir müssen uns um nichts kümmern, müssen uns keine Sorgen machen, dürfen einfach leben, und genau daher kommt unsere Überzeugung, unser Glauben an eine veränderte Welt. Und weil wir so viel Zeit haben, so viel reisen durften und die Technik uns zur Seite steht, sind wir die Generation, die Idee säen und eine bessere Welt heranwachsen lassen kann.

Warum wir eben nicht narzisstisch sind

Wir leben in einer Welt, die konstant in Bewegung bleibt. In einer Zeit, in der man weder weiss, welcher Arbeit man später nachgehen will, noch ob dieser Job überhaupt schon existiert, oder noch existieren wird. In einer Zeit, in der sich alles ständig ändert, in der nichts mehr bleibt, wie es mal war, alles aufgewühlt ist – was gäbe es in dieser Generation dann besseres zu tun, als an sich selbst zu arbeiten, sich selbst zu verbessern und diese Zeit zu nutzen? Viele von uns wollten einmal Grosses erreichen, wollten die Welt von Grunde auf erneuern, verbessern, viele wurden älter und haben realisiert, dass dies nur in kleinen Schritten möglich ist, also warum nicht bei sich selbst beginnen? Narzissmus ist nicht der Ausdruck, mit dem unsere Generation beschrieben werden sollte. Viel eher sind wir durch Selbsterkennung, Selbstfindung und Selbstbewusstsein zu definieren. Wir sind nicht die verlorene Generation, sind keine Nichtstuer, im Gegenteil, wir beginnen dort, wo wir am meisten verändern können, und das ist bei uns selbst.

Nicht dem Leben mehr Tage, sondern dem Tag mehr Leben geben

Statistisch gesehen möchte unsere Generation viel weniger arbeiten, als all die Generationen vor uns. Uns ist Reichtum allein nicht mehr ausreichend und das Weiterführen eines Familienbetriebs auch nicht immer notwendig. Wir sind die erste Generation, die alles hat, nichts mehr muss, vieles kann und noch mehr darf. Wir sind auch die Generation, die von Anfang an auf das Berufsleben vorbereitet wird, jedoch mit grosser Wahrscheinlichkeit die Zeit miterleben wird, in der Menschen von Maschinen abgelöst werden. Also was wäre besser geeignet, als genau jetzt zu verstehen, dass Arbeit und Konsum nicht das Ziel unseres Lebens sein kann und dass wir uns am Ende des Tages die wertvollsten Güter dieser Erde nicht mit Geld, sondern mit Zeit erringen?

Alessandro Massaro glaubt, dass die Millenials zu schäbigen Kopien voneinander mutieren. Ohne Leistung erbringen zu wollen, streben sie die gesetzten Ziele an, wobei sie vielmals gar keine haben. In apathischer Weise blicken sie dem unwiderruflichen Ende entgegen.

Bereits Sokrates beklagte sich über die Ausschweifungen der Jugend, über deren unendlichen Drang nach Luxus und ihren Ungehorsam gegenüber den älteren Mitgliedern der Gesellschaft. Bei den Millennials, wie die Generation Y auch genannt wird, zeichnet sich gemäss Studien ein ungewöhnlicher Trend ab. Der «Neokonventionalismus» hat viele der jungen Menschen befallen. Im Gegensatz zu Sokrates’ Beschreibung schleichen wir uns geschickt, gar lautlos an den tosenden Gezeiten des Lebens vorbei. Bescheiden, angepasst sollen wir sein. «Auffällig unauffällig» lautet die Devise. Mit unseren Eltern sind wir befreundet, teilweise sind sie sogar unsere Vorbilder. Kein Wunder, denn sie mussten noch für vieles mehr kämpfen, als dies bei uns der Fall ist.
Die Ausbildung soll stimmen, der Beruf die notwendige, finanzielle Stütze liefern. Ein stumpfes, perspektivloses, unreflektiertes Dahinsiechen bis hin zur Rente. Gleichzeitig sind wir faul und völlig von uns selber eingenommen. Ohne wirklich Leistung erbringen zu wollen, möchten wir unsere Ziele erreichen, wenn wir denn welche haben.

Diener der Allgemeinheit

Kurz vor dem unwiderruflichen Ende unserer Existenz wollen wir in überschaubarem Wohlstand friedlich im Kreise der Familie den letzten Atemzug tätigen. Wobei ein überschaubarer Wohlstand selbstverständlich nicht im Sinne des typischen HSG-Studenten gilt. Träume und Visionen gibt es in einer solchen Welt nicht. Es gilt, keine Fehltritte zu machen – bloss nicht. Vom Leben hat der einfache Mensch nicht viel zu erwarten. Wir befinden uns in einer freiwillig gewählten Knechtschaft. Der Allgemeinheit haben wir uns unterjocht, versuchen in einer Welt zu funktionieren, in welcher anders zu sein nicht mehr drin liegt. Früher wurde Individualität noch grossgeschrieben, heute ist es nicht mehr schändlich, zum Mainstream zu gehören.

Mit den Sozialen Medien zur kollektiven Betäubung

Jeder möchte immer und überall reinpassen, was schlichtweg nicht möglich ist. Dadurch wird das Alleinsein – das Gefühl, nie dazu zu gehören – zu unserem grössten Feind und damit unserer grössten Angst. «Der moderne Mensch will von jedem akzeptiert werden», sagte Psychologe Erich Fromm. In dieser Welt der fehlenden Individualität vernetzen wir uns zunehmend auf den sozialen Medien, ohne welche wir eine unabwendbare Isolation befürchten. Dort ziehen wir uns fast schon zwanghaft idyllische Ferienbilder, traumhafte Hochzeitsbilder, verliebte Pärchen, offenherzige Singles und einen Kommentar dümmer als der andere rein. Wir bewundern Personen wie Kim Kardashian, deren grösste Errungenschaft im Leben ein fettes Hinterteil ist. Wir messen unsere Bedeutung an der Anzahl unserer Followers, an der Anzahl Likes, die wir erhalten. Von unseren Eltern wurde uns zwar eingeredet, dass wir etwas Besonderes wären. Die Hoffnung den eigenen ganz persönlichen und grossartigen Traum leben zu können, schwindet geschwind dahin, da wir schnell merken, dass niemand wirklich etwas Besonderes ist. Gleichzeitig sind wir die «digital natives». In der digitalen Welt fühlen wir uns heimisch und geborgen. Wir wuchsen bereits mit Computer und Handy auf. Kein Geheimnis ist es, dass mit Smartphones und Computern zwischenmenschlicher Kontakt zur Seltenheit wird. Wir bleiben online, ständig auf der Suche nach dem Traum der eigenen Verwirklichung, den wir schon lange verloren haben. Noch ist es nicht zu spät; uns stehen so viel mehr Möglichkeiten zur Verfügung, als der Generation vor uns. Lasst uns wieder zum ursprünglichen Original unseres Selbst zurückkehren, anstatt als schäbige Kopie voneinander durch die Weltgeschichte zu wandeln.


Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

*

*

*