Held sein ist was für Langweiler

Wo es keine Bösewichte gibt, da braucht man auch keine Helden. Ein Helden-Epos wird demnach nur mit dem richtigen Gegenspieler zum Kassenschlager. prisma gibt eine Einführung ins ABC der Leinwand-Halunken.

In jedem von uns steckt ein wenig Bosheit. Der absolute Gutmensch existiert nicht. Wer hat denn noch nie daran gedacht, einmal wie Der Pate mit seinen Gegenübern kurzen Prozess zu machen, oder seine Widersacher im Stile eines Tony Montana einfach aus dem Weg zu räumen. Da für uns Normalbürger die damit einhergehenden Konsequenzen jedoch oftmals ein nicht zu unterschätzendes Hindernis ausmachen, bleibt zum Ausleben solcher Fantasien nur der Gang ins Kino oder in die Videothek. Bösewichte machen es den Helden schwer und für uns das Filmerlebnis sehenswert. Was macht also einen echten Schurken aus?

Die Vielfalt kennt keine Grenzen

In den grossen Studios der Industrie tummeln sich die unterschiedlichsten Arten von Bösewichten. Klassischerweise handelt es sich um einen stereotypen, klischeehaften oder gar überzeichneten Vertreter dieser Gattung: dunkle Kleidung, entstelltes Gesicht, Zigarette im Mundwinkel, stets ein fieses Grinsen aufgesetzt, nach Weltherrschaft oder anderen moralisch nicht vertretbaren Zielen strebend und mit leichtem bis ausgeprägtem Hang zur Psychopathie. Die Herren Hannibal Lecter oder der dunkle Zauberer Lord Voldemort verkörpern dieses Bild besonders eindrucksvoll. Den Schöpfern solcher Rollen mangelt es selten an Fantasie und da meist schon vor Beginn des Films feststeht, dass die Realität nur eine untergeordnete Rolle spielt, beschwert sich der Zuschauer meist nicht über fragwürdige Fähigkeiten der Bösewichte, zumal den gegenüberstehenden Helden meist ebenfalls übernatürliche Kräfte zugesprochen werden. Wo eine böse Gestalt nicht böse genug oder für den Helden nicht herausfordernd genug ist, kommen ganze Gruppen von Bösewichten zum Einsatz (Goodfellas, Kill Bill) und für den Fall, dass selbst dies nicht genügt, wird vom geschulten Regisseur gleich eine komplette Einheit in ein negatives Licht gerückt. So geschehen mit den Maschinen in der Matrix-Trilogie, oder den brandstiftenden Menschen, die Bambi zum Halbwaisen machen.

Besonders spannend ist auch die Betrachtung nicht-fiktiver Charaktere im grossen Sumpf der Bösewichte. Schliesslich stellen diese keine Fantasieprodukte dar, sondern sind das Ergebnis einer Umwelt, in der auch wir leben. Der skrupellose KZ-Vorsteher Amon Göth aus dem mehrfach ausgezeichneten Drama «Schindlers Liste» lebte wirklich einmal und dem Horrorfilm «Texas Chainsaw Massacre» hängt das hartnäckige Gerücht an, auf einer wahren Begebenheit zu basieren. Hier offenbart sich dem Betrachter, wie grauenvoll echte Bösewichte sein können und wie wichtig es ist, dass solche Persönlichkeiten primär auf der Leinwand ihr Zuhause finden.

Künstlerische Begabung und Ehrlichkeit machen den Unterschied

Vor diesem Hintergrund ist es umso erstaunlicher, dass nicht selten der Bösewicht eines Films genauso gefeiert wird wie der Held. Zum Einen mag dies an der schauspielerischen Darstellung des jeweiligen Mimen liegen – ein Heath Ledger in Hochform verhalf der Beliebtheit des Jokers zu ungeahnten Höhen. Malcolm McDowell verkörperte den im Takt von «Singin’ in the Rain» meuchelnden Alex deLarge in «A Clockwork Orange» so überzeugend, dass die Toten Hosen der Rolle sogar ein ganzes Album widmeten. Der andere Grund, warum wir Bösewichte mögen, ist ihre einzigartige Ehrlichkeit. Sie halten sich an keine Regeln oder moralische Konventionen, sind niemandem unterworfen ausser vielleicht dem Imperator und sie verfolgen stets nur ihre eigenen Interessen. Einen Hehl machen sie daraus nie: «Bösewicht sein» ist einfach der grössere Spass.


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