Life Among the Mancs

Ein Austauschsemester im Vereinigten Königreich. In der Heimat von James Bond, Real Ale, des besten Fussballclubs aller Zeiten, der Queen, von Pete Doherty, der Flatrateparty, des grössten Unicampus Europas, der lebendigsten Studentenstadt der Welt und des klassischen Backsteingebäudes. Tobias Kucera berichtet aus Manchester.

Die University of Manchester liegt im Herzen der City. Sie ist die grösste Universität im Vereinigten Königreich. Insgesamt studieren hier rund 35’000 Post- und Undergraduates. Davon sind über 5’000 Internationale. Als eher die kleinen Dimensionen gewohnter Schweizer wird man von dieser Grösse in den ersten Tagen gnadenlos überwältigt. Und ehe man sich erholt hat, findet man sich selber in einem der vielen Studentenheime der Uni wieder. Insgesamt leben knapp 10’000 Studenten auf dem Campus. Und noch mal so viele wohnen in der Stadt ausserhalb des Campus. Dies bedeutet vor allem zweierlei: viel Party und wenig Schlaf. Insbesondere die «Freshersweek», die Startwoche, hatte es in sich. Kaum vorstellbar, dass man seinen Kopf danach noch zum Denken benutzen soll. Wer es dennoch schafft, ist des Studentenlebens ein für allemal würdig. Von dieser Art des Assessments kann sich St. Gallen mal eine Scheibe abschneiden.

Flatlife

Die Studentenheime bestehen aus Wohnungen, in denen acht bis neuen Studenten Küche, Bad und Wohnzimmer teilen. Die Zimmer sind ein wenig kleiner als man sich eine durchschnittliche Gefängniszelle vorstellt. Mein Bett ist kleiner als mein Pult, das etwa die Hälfte der begehbaren Fläche meines Zimmers einnimmt. Ich denke schon darüber nach, mein Liliputanerbett bei meiner Abreise mitzunehmen. In meinem Rucksack. Als Souvenir. Was ich aber bestimmt nicht mitnehmen werde, ist unsere Küche. Ich teile sie mit acht «Freshers» und sie ist der beste Beweis dafür, dass Kommunismus nicht funktioniert. Ich hätte niemals gedacht, dass man Marx und Engels mit einer Küche widerlegen kann. Die Herren haben offensichtlich nie in einer britischen WG gelebt.

Bohnen auf Toast und Haggis

Das Essen ist grauenhaft! Ich musste mir nach der ersten Woche eine Gesichtslotion kaufen, damit ich nicht bald wie ein Streuselkuchen aussah. Auf so fettiges und öliges Essen sollte man besser vorbereitet sein. Die Engländer sind Fritösen-Fans. Alles wird ins heisse Fett getaucht. Und etwas anderes als Pommes als Beilage gibt es grundsätzlich nicht. Immerhin kann man in manchen Pubs zwischen normalen «straight» Pommes oder «curlie» Ringelpommes wählen. Glücklicherweise besitze ich keine Waage, sie würde mich in tiefe Depressionen stürzen. Und meine Flatmates, allesamt Engländer, scheint es nicht zu stören, was die tägliche Portion Bohnen auf Toast zum Frühstück mit ihrer Verdauung anstellt. Auf den regelmässigen Trips quer durchs Königreich begegnet man auch ganz exotischen Gerichten, wie dem schottischen «Haggis». Obwohl es dazu verschiedene Rezepte gibt, handelt es sich meist um gefüllte Schafsinnereien mit Pfefferminzsauce. Kein Wunder war Braveheart ständig schlecht gelaunt. Bei dem Frass.

The City

Immerhin gibt es von meiner Wohnung aus nur fünf Minuten die Strasse runter eine «Curry Mile». Manchesters Fressmeile, wo man zu jeder Tages- und Nachtzeit eine (nicht-englische) Mahlzeit bekommt. Das City Centre selbst ist gespickt mit kleinen italienischen Restaurants, wo man für relativ wenig Geld eine leckere Calzone essen kann. Eine gute Sache, bevor es dann weiter in die unzähligen Bars und Clubs geht. Das Nightlife ist komplett auf Studenten ausgerichtet, und bietet etwas für jeden Geschmack. Ob House, Reggae, Jazz, Salsa, Indie … oder Comedy. Für alles gibt es einen Club, der mehr bietet als ganz St. Gallen zusammengenommen. Und wenn man mal genug hat vom City Life, dann bietet sich ein Ausflug ins nahe York oder Liverpool an. Oder doch lieber etwas weiter nach Edinburgh oder Dublin? Kein Problem, der Flugplatz ist gleich nebenan – die Preise für einen Flug bewegen sich bei gewissen Billigfliegern momentan um die 0-5 pence, Taxen inklusive. Und was Manchester für Fussballbegeisterte bietet, muss wohl nicht lange erklärt werden. Wer den besten Club der Welt (das ist City!) sehen möchte, bekommt dank günstigen Studentenpreisen einen Topp-Platz. Wer ein Spiel des zweitbesten Club (United) besuchen möchte, muss schon etwas mehr hinblättern, wird dann aber mit der einzigartigen Atmosphäre des «Old Trafford» belohnt. Wer «Fever Pitch» gelesen hat, weiss, wovon ich rede. Cheers!


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