«Man sollte die Party verlassen, wenn sie am schönsten ist»

Dr. Philip Schnedler doziert an der HSG nebenberuflich IPL. Während seines Studiums hier gründete er BrainsToVenture, assistierte Josef Ackermann und arbeitet heute bei Goldman Sachs im Investmentbanking. prisma hat sich mit ihm unterhalten.

Aufgewachsen ist Philip Schnedler in Bad Homburg, bevor er für das Studium nach St. Gallen zog. Austauschsemester führten ihn an seinen heutigen Arbeitsplatz, London, sowie an die University of Chicago. Während seiner Zeit an der HSG gründete er mit drei Kommilitonen gemeinsam die Internetplattform BrainsToVenture, die junge Start-ups mit Business Angels zusammenführt. Die Risikofreudigkeit, welche man für ein solches Unterfangen wie auch im Investmentbanking zweifels- ohne braucht, sei ihm schon früh durch seine Eltern vermittelt worden. Diese waren beide selbständig und zeigten, dass Risiko per se nichts Schlechtes ist, sondern notwendig, um etwas aufzubauen und zu gewinnen. Heute hat er in seinem Job bei Goldman Sachs mit Börsengängen, Kapitalerhöhungen und Wachstumsfinanzierungen zu tun. Investmentbanker bleibt für ihn ein Traumberuf – auch wenn diese Sparte in der jüngsten Vergangenheit eher für Verluste und Negativschlagzeilen bekannt war.

Worin liegt die Faszination des Investmentbankings?

Man kann bereits in jungen Jahren sehr viel bewegen, erhält früh Verantwortung, muss schnell Entscheidungen treffen und ein gutes Gespür für Aktien-, Bond- und Währungsmärkte haben. Dies erfordert aber auch vollen Einsatz und die Bereitschaft, sein Bestes zu geben. Dafür kann man sehr schnell Karriere machen, gerade wenn einem das Gebiet liegt und man sich dort wohlfühlt. Der Wettbewerb ist zwar extrem hart, aber das motiviert und spornt an.

Was sind die Voraussetzungen, um in der Bankenwelt erfolgreich zu sein?

Ganz klar Integrität. Dazu kommen starke analytische Fähigkeiten, logisches Denken und das richtige Gespür für Märkte. Gerade die Krise hat gezeigt, dass die Tugenden des ehrbaren Kaufmanns, insbesondere Bescheidenheit und Bodenhaftung, extrem wichtig und wertvoll sind.

Welche Auswirkungen hat die Finanzkrise auf Ihre Arbeitsumgebung?

Die Finanzindustrie steht aktuell deutlich stärker im Blickpunkt der Öffentlichkeit und der Medien. Das hilft dabei, den Dialog darüber zu führen, was Banken in einer Marktwirtschaft leisten sollen und vor allem auch können und wie wir mit systemrelevanten Risiken in unserer Wirtschaft umgehen wollen. Auf der anderen Seite wird die Lösung wichtiger, komplexer Fragen wie beispielsweise die Eigenkapitalunterlegung von Banken, oder die Ausgestaltung der Vergütungssysteme durch die öffentliche Diskussion nicht einfacher.

Was erwarten Sie für die Entwicklung der Finanzindustrie in den nächsten zehn Jahren?

Aus meiner Sicht werden der Staat und die Politik darauf hinwirken, dass Risiken im Bankensystem insgesamt verringert werden und das in erster Linie dadurch, dass die Eigenkapitalunterlegung von Banken angehoben wird. Dies wird ceteris paribus dazu führen, dass die Renditen im Bankgewerbe etwas zurückgehen werden. Insgesamt sehe ich die Zukunft der Finanzindustrie und des Investmentbankings allerdings positiv. Es wird immer Unternehmen geben, die Kapital benötigen: Investoren, die Kapital anlegen möchten und Investmentbanken, die als «Market Maker» eine effiziente Mittelallokation erleichtern. Durch die fortschreitende Globalisierung drängen zunehmend chinesische bzw. asiatische Unternehmen und Investoren auf den globalen Finanz- und Kapitalmarkt, was einen zusätzlichen Wachstumsschub bringt.

Wie kamen Sie und Ihre damaligen Mitstreiter auf die Idee, sich mit BrainsToVenture selbständig zu machen?

Während des Studiums war es schon immer mein Wunsch, etwas Eigenes aufzubauen – und neben einer guten Idee ist ein gutes Team fast noch wichtiger für den Erfolg. Als mich damals meine Kommilitonen Florian Schweitzer, Jan Bomholt und Hermann Arnold zum Ende meines Studiums gefragt haben, ob ich dabei sein möchte, habe ich direkt zugesagt. Wir haben dann zusammen den Business Plan geschrieben, Kapital von Venture Capital Lists akquiriert und direkt losgelegt. Im Rückblick war dies eine der herausforderndsten und intensivsten Zeiten, dafür aber umso lohnender. Was haben Sie daraus gelernt und was würden Sie heute anders machen? Wir würden wahrscheinlich noch früher auf die Profitabilität des Unternehmens schauen und es damit unabhängig von externen Finanzierungsgebern machen, um den Kreis externer Aktionäre nicht zu schnell wachsen zu lassen. Was motiviert Sie, an der Universität zu dozieren? Ich habe von der Ausbildung an der HSG sehr stark profitiert, und von daher freut es mich, heute Erfahrungen aus der Praxis und meiner bisherigen Karriere an die Studierenden weiterzugeben. Die HSG ist eine exzellente Universität mit hochtalentierten Studierenden, was einen als Dozenten fordert, aber man profitiert gleichzeitig auch vom Dialog mit den Studenten. Ich freue mich jedes Mal wieder, nach St. Gallen zu kommen, auch wenn das bedeutet, morgens um 6 Uhr zu nehmen den Flieger.

Welches war der wichtigste Rat, den Sie bekommen haben?

Ich habe glücklicherweise einige gute Ratschläge bekommen. Ein Ratschlag ist zurzeit aber besonders relevant: Antizyklisch zu denken und zu handeln, da es dem Menschen häufig schwer fällt, in Diskontinuitäten zu denken. Praktisch formuliert könnte man sagen: «Man sollte die Party verlassen, wenn sie am schönsten ist.»

Welche Träume und Pläne haben Sie für die Zukunft?

Ich versuche, jeden neuen Tag vernünftig und verantwortungsvoll zu nutzen. Anstatt zu sehr auf die Zukunft zu fokussieren, versuche ich mich auf das Heute zu konzentrieren. Opportunitäten und Chancen ergeben sich dann meist automatisch.


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