Peitsche

Willkommen am Nordpol

Ein Luftzug umspielt meine Beine, mein Atem gefriert leicht und manchmal habe ich das Gefühl, einen Kaiserpinguin zwischen den Bücherregalen verschwinden zu sehen. Ich befinde mich in der Bibliothek und kann mich nicht konzentrieren. Dies wiederum macht meine gesamten Bemühungen, früh aufzustehen um einen guten Platz zu ergattern zu einem zynischen Unterfangen. Aufgrund der anhaltenden Tiefsttemperaturen beginne ich langsam zu glauben, dass es sich um einen gezielten Versuch handelt, die Anzahl der Bibliotheksbesucher künstlich zu reduzieren, um auf diese Weise der Platzknappheit zu begegnen. Diese Hypothese ist durchaus ernst zu nehmen, zumal die Platzknappheit vor kurzem erst zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen zwei Assessment- Studierenden geführt hat.

Dass man die Temperatur in den Korridoren und den Foyers nicht so hoch halten muss ist gut nachvollziehbar: Die Leute sind in diesen Räumen grundsätzlich in Bewegung. Dies trifft für die Bibliotheksräumlichkeiten nicht zu: Die Studierenden sitzen über einen längeren Zeitraum unbewegt an einem Platz und versuchen, sich zu konzentrieren. Die meisten können keine kältebedingten permanenten Konzentrationsabstriche in Kauf nehme. Also: Wer auch immer auf die glorreiche Idee gekommen ist, auf diese Weise die Heizkosten zu reduzieren, soll sich bitte eine Woche lang den ganzen Tag in die Bibliothek setzen und versuchen, zu arbeiten. Ich habe auch nichts gegen Massnahmen, die darauf abzielen, unsere Umwelt zu retten. Aber gerade in solchen Situationen gewinnen Überlegungen zu relativem Grenznutzen und -kosten für mich an Sympathie.


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