Peitsche: Die Einhörner der HSG

Es gibt sie noch – die Einhörner unter uns. Die Spezies ist zu Beginn des Semesters schwierig auszumachen: Die Einhörner weisen keine distinkten äusserlichen Merkmale auf. Hinweise ergeben sich nur durch vermehrte Abwesenheit bei ausseruniversitären Aktivitäten, insbesondere bei einer nahenden Klausurphase ist das Monoceros kaum mehr auffindbar. Erst um die Prüfungszeit geben sie sich zu erkennen: Es sind die Fabelwesen unter den Kommilitonen, die noch am Tag vor der Prüfung versichern, nichts gelernt, nichts zusammengefasst, ja noch nicht einmal eine Zeile des Buches gelesen zu haben, die Einhörner, welche zur Klausur antraben, als sei es der Gang zur Schlachtbank. Dieselben Fabeltiere, die nach den Prüfungen orientierungslos umherirren und jedem, der es hören will, versichern, dass das die misslungenste Prüfung bis dato war. Doch wie von Zauberei regnet es einige Wochen später himmlische Noten – bei einer Fünf wird noch wortlos geschnaubt, bei einer Sechs hat sich das Einhorn wieder selbst überrascht – «Ich dachte wirklich, das gibt eine Ungenügende.» Und wir durchschnittlichen Trampelpferdchen stehen zerknirscht im Kreis und reiben uns fassungslos den Feenstaub aus den Augen.

Doch in manchen Fällen werden die Fabelwesen enttarnt: Wenn plötzlich eine vierzigseitige Zusammenfassung zu Boden flattert, wenn man sie anrempelt und sie, noch nicht auf den Hufen stehend, auf eine panische Frage reflexartig mit erhobenem Zeigefinger ein akribisch genaues Zitat aus den Unterlagen anführen. Darum an dieser Stelle an alle HSG-Einhörner da draussen: Nehmt endlich euer Horn ab, gebt euch als kleine Arbeitsponys zu erkennen und versucht eure Mitstudenten nicht mehr in die Irre zu führen – dann findet ihr vielleicht auch ein paar Artgenossen.


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