Träume, Schäume und die Wissenschaft

Sind unsere Träume noch Privatsphäre oder werden wir bald zur Zielscheibe internationaler Datensammler?

Menschen, Häuser, Flugzeuge, ganze Städte aus dem Nichts entstehen lassen, diese nach Belieben verändern, um sie dann im Bruchteil von wenigen Sekunden wieder zu Staub zerfallen zu lassen. Züge, die ihr Gleisbett verlassen und eine Abkürzung direkt über die Strassen einer Innenstadt nehmen. Klingt fantastisch, aber während wir schlafen, besser gesagt, während wir träumen, schaffen wir uns unsere ganz eigene Realität.

Diesen Umstand macht sich auch der erst kürzlich erschienene Sommerblockbuster «Inception» zunutze. So genannte Extractors versuchen, während dem gut zweistündigen Film an die geheimen Informationen ihrer Zielpersonen zu gelangen, indem sie mithilfe von Träumen deren Unterbewusstsein anzapfen.

Was im Film so leicht anmutet – sowohl Extractors als auch Zielperson werden lediglich am Arm verkabelt – gestaltet sich in der Realität weitaus schwieriger. Das beginnt schon bei der Qualität des Geträumten: Experten sind sich bereits hier uneinig, ob die Auswertung von Träumen überhaupt Aufschluss über den Gemütszustand des Träumenden geben kann. Dass man in diesem Fall gar nicht erst daran denken muss, irgendwelche komplizierten Geheiminformationen aus dem Träumenden herauszupressen, liegt auf der Hand.

Im Traum werden wir alle noch einmal zum Kind

Es existiert aber auch die gegenteilige Meinung, die besagt, dass das Träumen wichtige regulative und psychologische Funktionen übernimmt. Wir leisten in unseren Träumen Gedächtnisarbeit, was manchmal aber auch dazu führt, dass wir im Traum geistig zum Kind werden. Meist setzt sich unser Traum nämlich aus kindlichen emotionalen Erinnerungen zusammen, die tief in unserem Unterbewusstsein schlummern und wiedererwachen, sobald wir uns schlafen legen. Zu den Erinnerungen aus Kindertagen gesellen sich zusätzlich noch aktuelle psychologische und physiologische Reize, die aktiv in den Traum eingebunden werden. Bestes Beispiel dafür sind Gedächtnistricks wie das kurze Durchlesen von Lernkarten vor dem Schlafengehen, was dazu führt, dass das soeben Gelernte leichter in das Gedächtnis übergeht. Auf ähnliche Art und Weise funktioniert aber auch der Trick, bei dem die Hand des Schlafenden in lauwarmes bzw. warmes Wasser getaucht wird. Der Reiz, den das Wasser erzeugt, wird dabei ebenfalls auf kreative Weise Teil unseres Traumgeschehens.

Normalerweise sorgen an dieser Stelle bestimmte Nervenstränge in unserem Gehirn dafür, dass das Geträumte auch lediglich ein Traum bleibt und wir ihn nicht in reale Körperbewegungen umsetzen. In Versuchen mit Katzen wurden diese Nervenstränge gezielt durchtrennt, was diese veranlasste, im Schlaf auf Mäusejagd zu gehen bzw. andere arttypische Verhaltensmuster an den Tag zu legen. Dies deutet zumindest ansatzweise darauf hin, dass auch der Mensch Erlerntes im Traum wiederholt, um das Gelernte auf Dauer zu festigen.

Wir wissen, dass wir Träumen – aber nicht wann

Grundsätzlich könnte dieser Effekt also auch wichtige Geheiminformationen umfassen, was letzten Endes wieder die Frage nach der Nutzbarkeit von Träumen zur gezielten Gewinnung von Informationen aufwirft. Die Wissenschaft steht hierbei vor einem bisher ungelösten Problem: Zwar können die Gehirnaktivitäten der Träumenden während der unterschiedlichen Schlafphasen aufgezeichnet werden, der Prozess des Träumens selbst kann aber auch nach fast 50 Jahren Forschung nicht zeitlich zugeordnet werden. Dies erlaubt es Wissenschaftlern bis heute nicht, gezielte und verwertbare Informationen aus Träumen zu gewinnen.Also alles Humbug, was in «Inception» gezeigt wird? Nach dem aktuellen Stand der Forschung zu urteilen: Ja. Vieles deutet darauf hin, dass das auch lange Zeit so bleiben wird, was nicht schlecht ist. Schliesslich gibt es auch bei vollem Bewusstsein bereits genug Möglichkeiten, uns zu manipulieren oder uns wichtige Informationen zu entlocken.


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