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Alexander Wolfensberger

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Leiter «Digital»
  • Ego und Sport – ein perfect Match?

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    Steroiden-vollgepumpt, selbstverliebt, seelenlos! Oder doch nicht? Wir begaben uns auf die Suche nach verschiedenen Unisporttrainern, um herauszufinden, ob das Klischee vom grossen Sportler-Ego zutrifft.

    Alle sagen, Sport sei gesund, sorge für ein gutes Körpergefühl und sichere guten Schlaf. Doch was passiert auf psychischer Ebene? Was geht in einem vor, wenn man Sport macht? Und wie wirkt man auf andere? Sport wirke sich sehr individuell auf den Einzelnen aus, würden viele meinen, und trotzdem fanden wir viele Gemeinsamkeiten in den Aussagen der Befragten. Uns interessiert vor allem, wie sich Sportler selbst wahrnehmen und welchen Einfluss auf ihr Ego sie aufgrund der sportlichen Tätigkeit bei sich selbst beobachten.

    Training frisst Zeit

    Wer eine Sportart intensiv ausübt, muss dementsprechend häufig trainieren. Zusätzlich zum Studium regelmässig Sport zu treiben, erfordert viel Disziplin, einen strikten Zeitplan und klare Prioritätensetzung. Training frisst Zeit. Sicherlich kommt es vor, dass man mal mehr und mal weniger zu tun hat, nicht immer ist es stressig. Doch wenn nicht Studieren oder Arbeiten auf der Tagesplanung stehen, dann kommen Freunde und Familie, die spontan etwas mit einem unternehmen möchten. Man wird zu einem Nachtessen eingeladen oder alle anderen gehen in den Ausgang, nur man selbst nicht. Denn als Sportler hat man auch an den ominösen Mittwochabenden Training, genauso wie an fast allen anderen Tagen. Und am Morgen sollte man kurz laufen gehen, die Ausdauer kommt nicht von alleine. Sportler leben für ihre Sportart, ohne Disziplin und Ehrgeiz geht es nicht.

    Mächtig und energiegeladen

    «Kraftsport, vor allem wenn man ihn schon eine Weile ausübt, macht selbstsicher, diszipliniert und zielorientiert. All dies wirkt sich auch im Alltag positiv aus.» Stanislav, Unisporttrainer Fitnesstraining

    Manche würden diese Einstellung als asozial und egoistisch beschreiben, wahrscheinlich aus Unverständnis und Enttäuschung. Soziale Kontakte sind anscheinend nicht so wichtig wie das Training, nie hat der Sportverrückte Zeit. Und doch trainiert man Tag für Tag weiter, das Gefühl Sport gemacht zu haben macht süchtig, Hormonen sei Dank. Adrenalin und Cortisol schenken genügend Power, sie geben einem diesen Kick während des Trainings, man fühlt sich mächtig und energiegeladen. Endorphin und Dopamin sorgen für ein Glücksgefühl während und vor allem nach dem Training. Man liebt das Gefühl der körperlichen Erschöpfung und der seelischen Freiheit. Nichts und niemand kann einem mehr was anhaben.
    Diejenigen, denen man wirklich wichtig ist, werden diese Leidenschaft verstehen und im besten Fall sogar teilen. Das Letzte, was man mit einem vollgepackten Stundenplan brauchen kann, sind stundenlange Predigten vom sozialen Umfeld.

    Durch dick und dünn

    «Es macht so viel Spass und
    gleichzeitig kann ich trainieren.
    Mein Körper wird gefordert,
    ich fühle mich fit. Doch es
    ist nicht nur körperlich, auch
    seelisch. Immer wenn ich Zumba
    unterrichte, bin ich wahnsinnig
    glücklich.» Edu,
    Unisporttrainerin Zumba

    Jede Art und Weise seinen Körper zu bewegen macht glücklich, jede Sportart verändert einen im Geist. Einzelsportarten machen stärker als Person, man wird disziplinierter, entwickelt Kampfgeist und lernt sich von einer neuen Seite kennen. Wenn man – so wie die Befragten – Unisporttrainer ist, steht man oft vor Leuten, wodurch man selbstsicherer wird. Als Teamsportler lernt man mit Konkurrenz umzugehen, findet seine Position in einer Gruppe und lernt sich durchzusetzen. Teamkollegen können zu Freunden fürs Leben werden, man geht zusammen durch dick und dünn und lernt, Probleme zusammen zu bewältigen. All dies sind Qualitäten, die einen nicht nur im Sport, sondern auch im alltäglichen Leben auszeichnen und weiterbringen.
    Wenn man am Sporttreiben ist, hat man Zeit, sich voll auf sich selbst zu konzentrieren, die Aussenwelt abzuschalten und in jedem einzelnen Moment zu leben, ohne sich 1000 andere Gedanken machen zu müssen. Manchmal verschläft man vielleicht am Morgen, vergisst das Mittagessen zu Hause und quält sich anschliessend noch durch diese ellenlange Mathevorlesung, die man einfach nicht versteht. Doch dann geht man zum Sport und kann all diese Probleme für einen Moment hinter sich lassen.

    Egoisten in einem Team

    Natürlich stellt sich dann noch die Frage, ob Teamsportler weniger egoistisch sind als Einzelsportler. Nein, war die vorherrschende Antwort unter den Befragten, denn man arbeitet als Teamsportler genauso an sich selbst wie jeder Einzelsportler. Zwar hat man noch ein Team um sich, das einen aufbauen kann, wenn es mal nicht so läuft, jedoch ist das gesamte Team nur so stark wie das schwächste Glied. Man hat demnach nicht nur sich selbst gegenüber eine Verpflichtung, sondern dem ganzen Team gegenüber. Das motiviert zu noch härterer Arbeit. Jeder Sportler muss eine gewisse Portion Egoismus mitbringen, denn ohne Egoismus erreicht man seine Ziele nicht. Schlussendlich treibt man immer noch für sich Sport, weil es einem Spass macht und einem ein gutes Gefühl gibt.

    Übung macht den Meister

    Je länger und intensiver man eine Sportart ausübt, desto mehr kristallisieren sich die positiven Eigenschaften vom Sporttreiben heraus. Diese sind natürlich auch von der Sportart abhängig. Bei Kampfsportarten braucht es etwas länger, bis man ein Niveau erreicht hat, auf dem es wirklich Spass macht und man etwas beherrscht. Bei Badminton hingegen hat man auch als Anfänger in jedem Training Spiel und Spass. Niederlagen und schwierige Phasen gehören aber zu jedem Sport dazu. Genau diese Situationen machen einen stärker, ganz nach dem Motto: «What doesn’t kill you makes you stronger.» Daraus formen sich Stärken und ein gesundes Ego. Erfolgsmomente sind nur die Krönung des Ganzen, die Belohnung für die harte Arbeit und eine Motivationsquelle für kommende Tiefpunkte.

    Positivere Selbstwahrnehmung

    «Man sagt ja gesunder Geist,
    gesunder Körper. Wer Sport
    macht, ist viel ausgeglichener
    und das überträgt sich automatisch
    auf den Alltag.» Marcandrea, Unisporttrainer
    Flag Football

    Sieht man Ego als Selbstverliebtheit an, dann hat das sicher nichts mit Sport zu tun und darf auch nicht damit in Verbindung gebracht werden. Es handelt sich dabei um eine Charaktereigenschaft, nicht um eine Nebenwirkung von Sport. Ist mit Ego die Vernachlässigung anderer Personen und Tätigkeiten gemeint, so muss man bemerken, dass Profisport dies natürlich mit sich bringt. Jedoch ist dies nicht nur im Sport so, sondern bei jeder Art von Hobby, die man auf höherem Niveau ausführt.
    Interpretiert man Ego als Zeit, die man für sich nimmt, um sich etwas Gutes zu tun, oder als positivere Selbstwahrnehmung, dann sind sich alle Sportler und Sportlerinnen einig: Sport bringt ein grösseres Ego mit sich.

  • Vom Bettlerhorn zum Nationalsymbol

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    Das Alphorn steht wie kein anderes Instrument für die Schweizer Kultur. Viele haben es schon gesehen, aber nur die wenigsten wissen genaueres darüber. Ein Versuch, ein Blasinstrument in seiner Gänze zu porträtieren.

    Sucht man auf Google Bilder mit dem Begriff «typisch Schweiz», findet man neben Aufnahmen von Bergen und Kühen auch schnell ein Bild eines Alphornspielers. Es gibt wenige Instrumente, die so stark mit einem Land assoziiert werden, wie dieses. Immer wieder sieht man in Trachten gekleidete Frauen und Männer, die in ein bis zu vier Meter langes Holzrohr blasen. Bei manch einem Schweizer steigt in solchen Momenten (schon fast) ein Gefühl der Landesliebe empor. So schrieb Alfred L. Gassmann im Jahre 1938 in sein «Alphornbüechli»: «Wenn du, stämmiger Alphornbläser, mit deinem altehrwürdigen Schweizer Naturinstrument einherschreitest, bist du das alte, echte, verkörperte Berg-schweizertum.»
    Seitdem sind schon mehr als 70 Jahre verstrichen, doch das Alphorn als Nationalsymbol ist geblieben. Heute kommt ein Grossteil der Schweizer Bevölkerung eher in einem touristischen Zusammenhang mit dem Alphorn in Berührung. Wenn es hingegen um die Geschichte dieses Instruments, dessen Herstellung oder die heutige Verbreitung in der Schweiz geht, wissen die Meisten nur wenig.
    Die frühste schriftliche Erwähnung eines Alphornes in der Schweiz findet sich in den Rechnungsbücher des Klosters von St. Urban. Im Jahr 1527 vermerkte man «zwei Batzen an einen Walliser mit Alphorn». Wo und wann das Alphorn entstanden ist, lässt sich heute nicht mit Gewissheit sagen.

    Fall und Aufstieg des Alphorns

    Das Anblasen von Röhreninstrumenten ist so alt wie die Menschheit selbst. Archäologische Funde zeigen, dass bereits Steinzeitmenschen hohle Tierknochen als Signalpfeifen verwendeten. Australische Höhlenzeichnungen, die ein geschätztes Alter von fast 100 000 Jahren haben, zeigen Didgeridoos. Auch die Gallier mussten ein Horn zur Informationsübermittlung gekannt haben. So war der römische Kaiser Cäsar beeindruckt, wie schnell die Gallier Kriegstermine oder kurze Meldungen in einem grossen Gebiet verbreiten konnten.
    In der Schweiz wurde das Alphorn im Mittelalter vornehmlich von der Land- und Bergbevölkerung als Signalinstrument verwendet. Hirten riefen beispielsweise ihre Kühe von der Weide in den Stall, wenn es Zeit fürs Melken war. In späteren Epochen wurde es im Krieg eingesetzt. Im Bauernkrieg von 1652 sammelten sich die Entlebucher Bergbauern unter den Klängen des Alphornes, um sich für den Krieg zu rüsten.
    Während des 18. Jahrhunderts geriet das Alphorn in Vergessenheit und wurde nur noch von verarmten Hirten in den Städten gespielt. Von der Stadtbevölkerung als «Bettlerhorn» verspottet, dauerte es bis ins  frühe 20. Jahrhundert, ehe es sich wieder in der Gesellschaft etablieren konnte und es zu dem wurde, was man heute unter «dem» Alphorn versteht.

    Mach es zu deinem Projekt

    Wer sich nun ein Alphorn kaufen möchte, kann in der Schweiz unter gut 30 namhaften Instrumentenbauern auswählen. Will man sein Instrument lieber selber bauen, gibt es auch dafür eine Möglichkeit.
    Im nördlichen Weinland des Kantons Zürich findet sich die Werkstatt von Matthias Wetter. Seit 1977 stellt Wetter Hackbretter, Gitarren und andere Instrumente her und bietet  auch regelmässig Kurse an, in denen Laien unter seiner Führung ein eigenes Alphorn bauen können. «Selbst baue ich keine Alphörner, das wäre mir zu langweilig. Immer wieder mit anderen Menschen zu arbeiten, genau das ist das Spannende an der Sache!», begründet Wetter, warum er solche Kurse anbietet.
    Betritt man die Werkstatt, nimmt man einen wohligen Duft nach Holz wahr. Es liegt eine gelassene, wenn auch konzentrierte Stimmung in der Luft. Überall sind grosse Maschinen zur Bearbeitung von Holz verteilt und an den Wänden hängen halbfertige Geigen und andere Instrumente.
    Das klassische Alphorn wird aus altem Fichtenholz hergestellt, das langsam gewachsen ist und fein aneinander liegende Jahresringe besitzt. Wetter hingegen verwendet Arvenholz. «Es ist sehr angenehm zu bearbeiten und hat gleichzeitig einen guten Duft. Das Holz hat eine andere Klangfarbe als Fichtenholz. Der Ton ist viel weicher und wärmer.»
    Meistens besteht das Alphorn aus vier Teilen: einem Unterteil, genannt «Becher», einem Mittelrohr und einem Handrohr. Auf Letzteres wird zum Spielen noch ein Mundstück gesetzt.
    Die Herstellung beginnt damit, dass alle Teile maschinell zugeschnitten werden. Anschliessend fräst oder drechselt eine Maschine die spätere Form aus dem Holz. Jedes Teilstück besteht aus zwei Hälften, die später zusammengeleimt werden.  «Früher hat man Bäume verwendet, die im Hang gewachsen sind. Die Stämme wurden längs halbiert, ausgehöhlt und wieder zusammengeleimt», erläutert Wetter und zeigt auf einen entsprechend geformten Baumstamm, der gleich neben dem Eingang der Werkstatt liegt.

    Aufwickeln des Pedigrohrs.

    Von grob zu fein

    Liegen alle Teile in ihrer groben Form vor, beginnt der aufwändigste Arbeitsschritt: das Schleifen. Anfangs wird überschüssiges Material abgeschliffen, bis nach und nach die finale Form des Alphorns sichtbar wird. Mit immer feiner werdendem Schleifpapier bearbeiten die Kursteilnehmer ihr zukünftiges Musikinstrument. Fortwährend wird geschliffen, gepustet und danach die bearbeitete Stelle begutachtet. «Es ist schon faszinierend, wie es entsteht. Anfangs sind wir mit groben Maschinen hinter das Holz. Als gelernter Schreiner hatte ich teils das Gefühl, auf dem Bau arbeite man feiner als hier», kommentiert ein Teilnehmer den Fortschritt der Gruppe.
    Liegt die finale Form vor, wird auf den Becher noch ein aus Nussbaum- oder Kirschholz gedrechselter Ring aufgesetzt. Auch entlang des Schafts werden mehrere Holzringe aufgezogen. Jedes Teilstück wird nachfolgend mit dem sogenannten «Pedigrohr», einem aus dem Stamm der Rattanpalme gewonnenen Streifen, umwickelt. Nachdem die Verbindungsstücke noch mit einem Metallrohr sowie Dichtungsringen verstärkt sind und ein kleines Füsschen am Becherunterteil angeleimt ist, wird in einem letzten Schritt ein klarer Spritzlack zur Versiegelung auf das Holz aufgetragen.

    Alphorngemeinschaft im Wettbewerb

    «Seit ich vor 40 Jahren angefangen habe, Kurse für Laien zu geben, haben etwa 500 bis 600 Alphörner diese Werkstatt verlassen», schätzt Wetter. Trotz dieser überschaubaren Zahl an Alphörnern darf man nicht meinen, die Alphorngemeinschaft in der Schweiz sei klein.
    Schon 1910 wurde der eidgenössische Jodlerverband gegründet. Dieser Dachverband besteht heute aus fünf Unterverbänden und repräsentiert die schweizerische Folklore in seiner Gesamtheit. In einem Turnus von drei Jahren wird auch das eidgenössische Jodlerfest organisiert – sozusagen die Olympischen Spiele der Folklore.
    Neben vieler Hobby-Alphornisten, gibt es auch professionelle Spieler. Einer von ihnen ist Samuel Kunz. «Mit 40 habe ich erkannt, dass es noch ein Leben vor dem Tod gibt und fing wieder an Posaunenunterricht zu nehmen.» Heute ist er ein professioneller Alphornspieler, der schon in mehreren Teilen der Welt die Schweiz repräsentieren durfte.
    Im Laufe der Zeit setzte sich Kunz das Ziel einmal an einem eidgenössischen Jodlerfest teilzunehmen. «Um sich für das Eidgenössische zu qualifizieren, muss man an Wettbewerben der Unterverbände teilnehmen. An diesen traditionellen Veranstaltungen spielt man Lieder und erhält von der Jury eine Note von 1 bis 4.»
    «Da bin ich dann aber auf die Welt gekommen, was man alles beherrschen muss für ein Eidgenössisches. Wer richtig traditionell spielen will, muss viel mehr können, als einfach schön metrisch zu spielen. Da kann man kein Metronom danebenstellen. Wer so spielt, fällt gleich durch. Es braucht gute Technik, aber auch sehr viel Gefühl. Man muss beides miteinander verbinden. Wenn man diese Musik nicht fühlt, klingt es furchtbar!

    Samuel Kunz in seiner Tracht und mit einem seiner drei Alphörner.

    Konzerte und Innovationen

    Heute erhält Kunz nicht nur Anfragen aus der Schweiz. «Aus Deutschland und Österreich hin und wieder, selten auch aus Japan. Da gibt es einige Schweizer, die eine Alphorngruppe aufgebaut haben. In Kanada gibt es auch einen Schweizerverein. Das wird dann ein zukünftiges Projekt, dort eine kleine Tournee zu organisieren.»
    «Meine Kunden lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Viele haben noch einige Tage vor einem grossen Anlass die Idee, sie könnten doch einen Alphornspieler engagieren. Bei dieser Gruppe geht es nur um den Gag. Die zweite Gruppe von Kunden möchte die Schweizer Kultur zeigen und vermitteln. Denen ist auch sehr gute Qualität wichtig und sie sind auch bereit für so etwas Geld in die Hand zu nehmen.»
    Vor einigen Jahren hatte Kunz einige Auftritte in Hong Kong. «Meine Tochter verbrachte ein Austauschsemester dort und lernte per Zufall den Schweizer Botschafter kennen. Als wir sie besuchten, organisierte der lokale Schweizerverein gleich vier Konzerte.»
    Im Gespräch mit Kunz bekommt man schnell das Gefühl, nur noch an einem eidgenössischem Jodlerfest könne man die richtige und ursprüngliche Schweiz entdecken. Aber auch in einer von Tradition geprägten Gemeinschaft wie der Alphornszene, lässt sich der Fortschritt nicht aufhalten. «Die Weiterentwicklung des Alphornes ist in den letzten 20 Jahren extrem voran getrieben worden.», erklärt Kunz. So bietet ein Instrumentenbauer aus Yverdon ein Alphorn aus Carbon an. «Meine Frau hat mir eins zum Geburtstag geschenkt. Zusammengeklappt ist es etwa 40 cm lang und hat ein Gewicht von 1.3 Kilogramm.»
    Es werden nicht nur neue Werkstoffe verwendet, auch die grundsätzliche Form wird zum Teil überarbeitet. Namhafte Alphornisten wie Balthasar Streiff haben ein Saxophon-geformtes Alphorn entwickelt – das Alpofon.

    Balthasar Streiff mit seinem selbst entwickelten Alpofon.

    Das konstruierte Nationalsymbol

    Trotz aller Innovation und langen Traditionen darf man nicht vergessen, dass das Alphorn, wie wir es heute als Nationalsymbol kennen, ein Konstrukt ist. Realität und Mythos liegen weit auseinander. «Eigentlich wurde das Alphorn zu einem nationalen Symbol gemacht. Als man im 19. Jahrhundert nach Alphornspielern gesucht hat, hat man gar keine mehr gefunden. Aus diesem Grund hat man die ganzen Verbände gegründet und damit das Jodeln und Alphornspielen institutionalisiert. So richtig gegriffen hat das Ganze aber erst im 20. Jahrhundert», erzählt Streiff. «Die meisten Kompositionen, die man heute spielt, sind erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden. Diese Stücke sind nicht in diesem Sinne traditionell, wie wir uns das vorstellen, wenn wir von Tradition reden»
    Für Kunz jedoch ist es ein Nationalsymbol: «Die Schweiz definiert sich über die Alpen und das Alphorn gehört definitiv in die Alpen und darum ist es auch ein Nationalsymbol.»
    Egal ob es nun wirklich «typisch Schweiz» ist oder nicht: Solange es Menschen gibt, die das Alphorn  herstellen und spielen, wird es in der Köpfen der Menschen ein Nationalsymbol bleiben

  • Einfach das Ende der Welt – «Juste la fin du monde»

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    Einem Filmkenner sollte der Name «Xavier Dolan» etwas sagen. Für alle anderen hat sich der KinoVerein der HSG seinen neuesten Film zu Gemüte geführt. Eine kurze Review.

    — For English version see below. —

    Für seinen sechsten Film hat das sogenannte «kanadische Wunderkind» Xavier Dolan einen goldenen Cast engagiert, um das gleichnamige französische Theaterstück von Jean-Luc Lagarce auf den Kinoleinwand zu bringen. Die Dialoge des Stückes sind mit starken Andeutungen und Stillen gekennzeichnet, die von den Schauspielern und der Filmregie perfekt ausgeführt werden.

    Die Literaturverfilmung inszeniert die Heimkehr von Louis, einem 34-jährige Schriftsteller, nach zwölf Jahren Abwesenheit. Louis, gespielt von Gaspard Ulliel, kehrt zu seiner Familie zurück, um ihnen eine schwere und traurige Nachricht zu verkündigen: Er ist schwer krank und wird bald sterben. Doch kann er wirklich nach einer so langen Abwesenheit seiner Familie eine solche Nachricht überbringen? Als Zuschauer bemerkt man schnell, dass die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern von Kommunikationsschwierigkeiten und begrenztem Verständnis geprägt sind. Obwohl Kritiker geteilter Meinung über die Literaturverfilmung sind, beweist Dolan mit «Juste la fin du monde», dass er die wunderbare Fähigkeit besitzt, starke Emotionen und tiefe Gefühle in seinen Werken auszudrücken.

    Man könnte fast behaupten, dass er mit sechs gedrehten Filme auf seinem Konto, zum «Maestro» der emotionalen Filmregie geworden ist. Mit fünf Nominierungen auf dem Cannes Filmfestival und dem Erhalt des Preises der Jury für «Einfach das Ende der Welt», beweist der kanadische Regisseur, dass er einer der aufstrebenden Namen der modernen Kinowelt ist.

    KinoVerein - Filmabend
    Am Dienstag den 25. Oktober lädt der KinoVerein zu seiner letzten Vorführung vor dem Break. Gezeigt wird der 2014 erschienenen Films «Mommy» von Xavier Dolan.

    Weitere Infos findest du hier.

    It’s only the End of the World “Juste la fin du monde”

    For his sixth movie, Canadian «wunderkind» Xavier Dolan recruited a golden cast in order to bring the play by French Jean-Luc Lagarce to the big screen. The dialogue of the play is punctuated with strong insinuations and silences that the actors and director execute to perfection.

    The film adaptation stages the return of Louis, a 34-year-old writer, after a twelve years absence. Louis, interpreted by Gaspard Ulliel, returns home to make a sad announcement: he is seriously ill and will die soon. Will he really be able to bring such a sad message to his family after such a long absence? What’s more, once can quickly come to understand that the relations between the family members are characterized by both difficulties in communication and limited comprehension.

    Although film critics are divided on the idea of literary adaptations to the big screen, Dolan proves that he has a wonderful ability to translate strong emotions and deep feelings through his work «»It’s only the End of the World”. One could say that with six movies and counting, Dolan is a “maestro” in the emotional film genre. With five nominations at the Cannes film festival and the jury prize for «»Juste la fin du monde”, the Canadian director is making a name for himself in modern cinema.

    KinoVerein - Movie Night

    On october 25 the KinvoVerein invites you to its last movie night before the break. The movie «Mommy» by Xavier Dolan will be shown.

    For further information go here.

  • Willy, Willy, go home

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    Das Gerücht über die unendlichen Mengen der Neueintretenden an der Uni SG scheint zu einem Saison-Hit zu werden. Von Erstsemestrigen, die im Audimax am Boden sitzen und von überbelasteten PC-Labors hat man eine grössere Angst als vor dem nächsten Vordiplom. Wie steht es mit den tatsächlichen Studierendenzahlen in den letzten Jahren?

    Getreu nach dem Motto #ThrowbackThursday verschlägt es uns heute in das Jahr 1996. Dieser Artikel erschien im Heft Nummer 241. Auch wenn seitdem schon fast 20 Jahre vergangen sind, haben sich die Probleme der Studenten scheinbar nur marginal verändert. Viel Spass beim Lesen!

    Falls die diesjährigen Zahlen der Studienanfänge im weitesten Sinne etwas mit dem letztjährigen Uni-Test des Nachrichtenmagazins Facts zu tun haben sollen, kann sich die ETH Zürich auf einen noch nie erlebten Boom der Techniker, Agronomen, Wirtschaftsinformatiker und anderer Amateure der Topberufe freuen. Letzten Herbst zur besten Schweizer Universität erkoren, durfte die HSG in diesem Oktober die meisten neuen Studierenden in seiner Geschichte begrüssen. Während die Anzahl der Erstsemestrigen in den letzten Jahren stabil blieb, sogar eher abnahm, sieht die Situation diesmal völlig anders aus. (Siehe Grafik).

    Das Maximum

    Die obere Grenze, welche von der Universität personell und räumlich bewältigt werden kann, liegt bei ungefähr 4’000 Immatrikulierten. Letztes Jahr waren 4018 Personen eingeschrieben; die diesjährigen Zahlen sind noch nicht bekannt, werden aber in den nächsten Wochen ermittelt. Auf jeden Fall fällt allen die jetzige “Überbevölkerung” auf. Wo man letztes Jahr noch gemütlich seine Testatarbeit schreiben oder ein wenig rumsurfen konnte, wird man heute von einem ungeduldigen und beschuldigenden Blick zum raschen Schluss aufgefordert – vorausgesetzt man konnte sich überhaupt einen Computerarbeitsplatz erobern. Dass dies nicht nur mit der steigenden Anzahl der Studierenden, sondern auch mit den immer neuen Anwendungen und Bedürfnissen zusammenhängt, darf man nicht übersehen. Beispielsweise sorgt die elektronische Einschreibung für die Themen der VWL-Seminararbeiten auch ohne übermässig viele Willige für ein Gedränge. Doch mancher wünschte sich, – unter Umständen auch etwas laut – dass die Erstsemestrigen besser im LotusNotes-Gebrauch instruiert worden wären, um ihre Einschreibungen auch etwas schneller erledigen zu können.

    Wer und woher denn?

    Die Zusammensetzung der immatrikulierten Studierenden ändert sich nicht bedeutend. Zu verzeichnen ist ein leicht, aber immerhin kontinuierlich wachsender Frauenanteil an der Unibevölkerung. Während dieser vor zehn Jahren noch 13,15% bei 3200 Studierenden betrug (8,9 auf Doktorandenstufe), sind es letztes Jahr ganze 20,7% von 4018 gewesen (auf Doktorandenstufe erstmals über 17%). Diese Zahlen haben keinen Einfluss darauf, dass sowohl die weiblichen als auch die männlichen Erstsemestrigen in einigen Vorlesungen mit dem Logenplatz am Audimax-Boden Vorliebe nehmen müssen. Dies bedeutet natürlich die Neudefinition einer gutbesuchten Vorlesung. Die vollen hintersten Reihen sind heute kein ausreichendes Indiz mehr – solange nicht Einige die Vorlesung frühzeitig verlassen, weil ihnen die Beine vom unbequemen Sitzen eingeschlafen sind, kann von keinem Erfolg gesprochen werden. Das brennende Thema der diesjährigen Neuanfänge kann noch nicht endgültig besprochen werden, da die Einschreibefrist erst vor Kurzem abgelaufen ist und noch keine Daten vorliegen. Herr Tinner von der HSG-Pressestelle meint aber, dass die Zahl mehr als 800 beträgt, wobei sich zu den Erstsemestrigen eine Menge von Quereinsteigern und Austauschstudenten gesellt. Wie in den letzten Jahren auch, sind ausser den Schweizern die Vertreter der Nachbarländer am häufigsten anzutreffen. Vertreten sind aber Studierende aus 55 Nationen.

    Zahlen aus den Quellen der Pressestelle

    Von den insgesamt 4018 Studierenden befanden sich gut 35% in der Grundstufe, gut 39% in der Lizantiatsstufe und etwas mehr als 25% waren als Doktorierende immatrikuliert. Von den 1584 Studierenden der Lizentiatsstufe haben rund 71 % den wirtschaftswissenschaftlichen Lehrgang (inklusive Informations- und Technologiemanagement) gewählt, davon belegten 84% die betriebswissenschaftliche Studienrichtung. Rund 16,5% waren auf dem Wege zum juristischen Abschluss; die Lehrgänge Wirtschaftspädagogik und Staatswissenschaften waren mit 3,5% bzw. 4,5% vertreten.

  • Misserfolg als Beweis für Mut

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    Auch wenn er durch einen Unfall beide Arme verloren hat, kam ihm eines nicht abhanden – sein Lebenswille. Ein Interview mit Louis Derungs, einem von zwölf Referenten des vergangenen TEDx Events.

    War das deine erste Präsentation?

    Ja, das war eigentlich das erste Mal überhaupt, dass ich vor mehr als zwei bis drei Personen gesprochen habe. Bis jetzt habe ich hauptsächlich mit Freunden darüber geredet oder mit den Menschen, die ich im Spital kennengelernt habe.

    Was möchtest du erreichen, wenn du dich und deine Geschichte präsentierst?

    Ich denke, es ist sehr schade, dass vielen oft nicht klar ist, wie viel Potential in ihnen steckt. Ich habe Menschen kennengelernt, die traurig und unglücklich sind aus den verschiedensten Gründen. Ich dachte immer, wenn sie nur ein bisschen ihre Einstellung ändern, könnten sie diese Negativität in etwas Grösseres und Besseres umwandeln. Dieser Umstand macht mich traurig. Ich möchte den Leuten klarmachen, dass jede Erfahrung hilf- und lehrreich ist und dass man alles erreichen kann.

    Also ist es alles eine Frage von Motivation und Einstellung?

    Ja genau. Innerhalb der letzten anderthalb Jahren habe ich angefangen eine Methode zu entwickeln. In meinem Vortrag habe ich drei kleine Techniken und Tipps vorgestellt, die ich jeden Tag verwende um mich selbst zu motivieren. Ich versuche auch ein Buch zu schreiben, in dem man alle meine Tricks nachlesen kann, aber das ist noch ein langer Weg. Mein grösstes Ziel ist es, meine Methoden und meine Idee möglichst weit zu verbreiten.

    Behandeln dich die Leute heute anders?

    Ja klar und das nicht nur beim ersten Mal. Auch wenn mir die meisten anders entgegenkommen, versuche ich einfach so zu bleiben, wie ich bin. Oft bedauern die Menschen mich und meine Situation und sobald sie mich besser kennenlernen, verwandelt sich dieses Mitleid in Freude. Genau an diesem Moment, versuche ich dann jeweils anzuknüpfen.

    Hat sich deine Art, wie du auf Menschen zugehst, seit deinem Unfall verändert?

    Der Unfall und die anschliessende Zeit im Krankenhaus, gaben mir viel Zeit um nachzudenken. Das hat sich vielleicht verändert. Ich reflektiere heute viel. Ich fragte mich oft, was ich machen möchte und was ich erreichen will. Meine Persönlichkeit ist hingegen gleichgeblieben.

    Musstest du beweisen, dass du immer noch fähig bist an einer Universität zu studieren?

    Es gab viele Hürden zu überwinden auch aus versicherungstechnischen Gründen. Viele Anpassungen mussten vorgenommen und bezahlt werden. Also ja, ich musste beweisen, dass ich immer noch fähig bin. Auch als ich noch im Krankenhaus lag, habe ich mein Studium fortgeführt und auch abgeschlossen. Dafür musste ich viele Tests bestehen und das tat ich alles aus dem Krankhaus.

    Während deiner Präsentation hast du erklärt, dass Misserfolg in Europa eine strikt negative Konnotation besitzt. Wie lässt sich das deiner Meinung nach ändern?

    Als erstes müssen wir anerkennen, dass Misserfolg auch ein Beweis für Mut ist. Man versucht etwas zu erreichen und selbst wenn jemand scheitert, sollten wir darin Stärke sehen und nicht nur Schwäche. Auch wenn einem etwas nicht gelingt und man am Boden liegt, ist man danach immer noch am Leben, also warum nicht wieder aufstehen und es weiter versuchen.

    Thomas Eddison sagt einmal: ,,Ich bin nicht gescheitert. Ich kenne nun einfach 10’000 Wege wie es nicht funktioniert.’’ Entspricht das deinem Credo?

    Eigentlich schon, denn auch ich habe 10’000 Wege entdeckt wie es nicht geht, aber gleichzeitig kenne ich nun 10’000 Wege, die mir sagen, wie ich nicht mehr scheitere. Jedes Mal wenn ich scheitere, erhöhe ich die Chance, dass ich Erfolg habe. Es klingt banal, aber man muss das zuerst realisieren.

    Gibt es Momente, in denen du einfach davonrennen willst?

    Ja, mindestens einmal am Tag. Meine Leben ist wie eine Achterbahn. Ich erhalte nie eine gute Nachricht, ohne auch eine schlechte zu bekommen. Ich bin immer noch hier und versuche das Beste aus meiner Situation zu machen. Keine miese Laune wird mich davon abbringen es wieder und wieder zu versuchen. Wenn ich einen schlechten Tag habe, sage ich zu mir selbst, dass dieses Gefühl von kurzzeitiger Dauer ist. Anschliessend stehe ich wieder auf und mache weiter.

  • Podiumsdiskussion: Fünf Elefanten und ein Moderator

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    Der Wahlkampf tobt und die Parteien schenken sich nichts. Vimentis lud zur Elefantenrunde in der Aula ein.

    Gestern Abend, Donnerstag, lud Vimentis zur grossen Elefantenrunde mit fünf Vertretern der Parteien SP, CVP, BDP, FDP und SVP ein. Grosser Andrang herrschte vor der Aula der Universität St. Gallen und schon nach kurzer Zeit war kein freier Platz mehr zu finden, dies bei einem totalen Fassungsvermögen von insgesamt 700 Personen. Vor Beginn mussten aufgrund der vollen Aula sogar diverse Leute wieder weggeschickt werden. Diese liessen sich jedoch nicht so einfach vertreiben, sondern folgten von aussen durch die geöffneten Fenster gebannt der Podiumsdiskussion. Es sei logisch, wenn Elefanten kämen, dass man diese sehen wolle, begrüsst Urs Wiedmer, ehemaliger «Arena»-Moderator und jetziger Bundeshauskorrespondent bei SRF, die zahlreich erschienenen Studierenden und weiteren Zuschauer.

    Während einer kurzen Vorstellungsrunde, in der platitudenhaft die Positionen der einzelnen Parteifunktionäre dargelegt wurden, eröffneten Martin Landolt, Nationalrat und Parteipräsident der BDP, und Christophe Darbellay, Nationalrat und Parteipräsident der CVP, dem Publikum ihre gemeinsamen Jagderlebnisse. Dabei sei es auch einmal vorgekommen, dass sich die beiden Politiker ein Doppelbett teilen mussten, erzählt Christophe Darbellay lachend.

    Das erste Thema, welchem sich die Volksvertreter widmeten, war das momentan aktuellste – Migration. Toni Brunner, Nationalrat und Parteipräsident der SVP, meint, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht unschuldig an der momentanen Situation sei. Mit ihren ausgestreckten Armen habe sie die Flüchtlinge geradezu aufgefordert nach Europa zu kommen und deshalb seien wir momentan auch mit diesem Chaos im Asylwesen konfrontiert. Es werden alle aufgenommen und es werde nicht mehr zwischen Wirtschaftsflüchtlingen und Flüchtlingen unterschieden. «Das Dublin-Abkommen ist gescheitert.» Nationalrätin und Vizepräsidentin der SP, Barbara Gysi, entgegnet darauf, dass in der Welt Krieg herrsche und wir aus ethischen, wie auch aus moralischen Gründen dazu verpflichtet seien Hilfe zu leisten. «Es ist keine europäische Ministerin, die ihre Arme ausstreckt und sagt kommt hier her, sondern es ist die Not in einem vom Krieg gebeutelten Nahen Osten.» Abschliessend äusserte sich Martin Landolt folgendermassen zur Thematik: Die Migranten seien auch nur Menschen, welche auf der Suche nach einem neuen Leben seien und man dürfe den Ausdruck «Wirtschaftsflüchtling» nicht zum Schimpfwort machen.

    “Wirtschaftsstandort Schweiz»

    Christian Wasserfallen, Nationalrat und Vizepräsident der FDP, räumte ein, dass der starke Franken in der Export-Industrie im Moment das grösste Problem sei. In der Schweiz hätten 97.5 Prozent der Unternehmen 50 oder weniger Angestellte und vor allem diese international tätigen KMUs seien von der Aufwertung des Franken betroffen. «Wir müssen dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen in der Schweiz gut bleiben», sagt Christoph Darbellay. Vor allem der bilaterale Weg sei zu verankern. Wenn man die Zuwanderung senken wolle, ohne dass die Wirtschaft darunter leide, müsse man mehr inländische Arbeitskräfte generieren, so Martin Landolt. «Hierbei gibt es vor allem ein zentrales Potential – die Frauen.»

    Das letzte, von den Zuschauern gewählte, Thema war Bildung. In vielen Branchen habe man heutzutage einen Lehrstellenüberschuss, jedoch müsse man «die Gleichartigkeit aber Andersartigkeit der Berufslehre und des Studiums aufrecht erhalten», so Christian Wasserfallen. Toni Brunner fuhr fort, dass das duale Bildungssystem in der Schweiz schon richtig sei. Schlussendlich kam er auch auf die Maturitätsquote zu sprechen und unterstrich, dass man die Maturitätsquoten nicht auf «Teufel komm raus» erhöhen müsse.

    Nach rund 90 Minuten waren die Zuschauer an der Reihe. Eine Zuschauerfrage, an Christian Wasserfallen gerichtet, stach besonders heraus. «Wie sollte der Bundesrat in Anbetracht der aktuellen Prognosen in der nächsten Legislaturperiode zusammengesetzt werden?» Die Antwort darauf, kurz und bündig: «Der Bundesrat wird die Zusammensetzung haben, zwei, zwei, zwei und eins. Die drei wählerstärksten Parteien werden je zwei Sitze bekommen und die viertstärkste Partei einen.»

  • ,,Wir müssen konsequent dafür sorgen, dass wir nicht dem Druck nachgeben, uns nur auf den Luxus zu konzentrieren.‘‘

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    Nick Hayek, CEO der Swatch Group und Verwaltungsratsmitglied, war gestern Abend zu Gast an der Universität St. Gallen, um über die Situation der schweizerischen Uhrenindustrie zu referieren. Der ehemalige HSG-Student vermochte mit Humor und Branchenwissen die zahlreichen Studenten im Audimax für 90 Minuten zu unterhalten. prisma liess es sich nicht nehmen und war vor Ort.

    Stickige Luft herrschte vor dem Audimax. Der Andrang war gross und daher sammelten sich die Studierenden ebenso gespannt wie ungeduldig vor den Türen des Hörsaals. Da die Türen verschlossen und Herr Hayek Gerüchten zufolge verspätet war, blieb den Wartenden nichts anderes übrig, als sich in Geduld zu üben. Schliesslich öffneten sich die Eingänge und die Jagd nach freien Plätzen war eröffnet. Mit einer halben Stunde Verspätung betrat der unkonventionell erscheinende CEO die Bühne und sah sich einem komplett vollen Audimax gegenüber. Mit einer Jeans, einem grauen T-Shirt, nichtzugeknöpftem Hemd darüber und zwei Uhren – an jedem Handgelenk eine – präsentierte sich Nick Hayek vor dem Publikum und entsprach so gar nicht dem typischen Aussehen eines Konzernchefs.

    Die Swatch Group umfasst heute 37 Tochtergesellschaften mit circa 36`000 Mitarbeitenden. Eine Besonderheit ist, laut Hayek, dass alle Komponenten für eine Uhr in der Schweiz produziert werden. Vom Zifferblatt zur Goldschraube werden in rund 155 Fabriken in der Schweiz alle Einzelteile hergestellt – dies auch für Dritte. In seinem Vortrag legte Herr Hayek einen Fokus auf die Mikromechanik und Mikroelektronik, was Sensoren, Chips und Batterien umfasst. Das Thema Smartwatch und Apple sei in aller Munde und darum wollte er den Zuschauern veranschaulichen, welche Stärken die Swatch Group in diesem Bereich verfüge. ,,Wir machen kleine Produkte fürs Handgelenk.‘‘ Da die meisten Dinge heute klein sein müssen, dürfen sie auch nur wenig Energie verbrauchen. Themen wie Energiemanagement und Effizienz werden noch wichtiger. Als Beispiel wurde die mechanische Uhr gebracht. Ihr ist es möglich während vier Tagen ohne neue Energie zu funktionieren.

    Herr Hayek führte die ‘renata batterie AG’ und die ‘EM Microelectronic-Marin AG’ als führende Unternehmen der Swatch Group im Bereich der Mikrotechnik auf. Auch wenn viele Analysten stets der Ansicht waren, man solle diese kleine Sparte der Holding verkaufen, blieb der Konzernchef auf seinem Kurs und beteuerte die strategische Wichtigkeit dieser Firmen. Als Beispiel nannte er eine Zusammenarbeit mit der ETH. Es wurde ein neuer Werkstoff entwickelt, genannt Manadium, der es ermöglicht auf der Katodenseite einer Batterie 100 bis 150% mehr Leistung zu erzeugen. Momentan würde eine Produktionslinie in Basel erstellt um Autobatterien herstellen zu können, die zukünftig 50 – 100% mehr Leistung erzielen als heutige Batterien. ,,Und das können wir nur dank dem Know-How in der Schweiz.‘‘ Egal ob in einer Bankkarte, der kabellosen Computermaus oder dem iPhone 6, man finde in vielen Produkten Sensoren die von der EM Microelectronic-Marin AG kommen, weil der Energieverbrauch und die daraus resultierende Leistung einmalig tief bzw. hoch sei. Auch wenn immer alle vom Silicon Valley sprechen, dürfe man die Schweiz nicht vergessen. ,,Das Know-How für smarte Technologien ist in der Schweiz!‘‘, betonte Nick Hayek in seiner Präsentation.

    Was denn die grösste Gefahr für die Uhrenindustrie in der Schweiz sei, ertönte es aus einer Reihe des Hörsaales. Man dürfe sich nicht nur um das Luxussegment kümmern, betonte Herr Hayek. Ohne Innovation und nur mit Hochpreisen würde es bedenklich. Der CEO sprach von einem Penthouse-Komplex. Ein Penthouse ohne eine schönes und grosse Gebäude darunter funktioniere nicht und sei nicht interessant für Andere. ,,Ausser der Swatch Group geht niemand ins unterste Segment.‘‘ Von allen exportieren Uhren, sind rund 23 Prozent des Werts, jedoch 75% der Stückzahlen der Swatch Group zuzuschreiben. ,,Es ist gefährlich wenn einer Industrie ihre Basis und ihr Volumen verliert.‘‘ Man dürfe nie vergessen, dass die Industrie die Wertschöpfung bringe. Nur wenn etwas vom kleinsten Teil bis zum fertigen Endprodukt im eigenen Land hergestellt würde, bringe dies Wertschöpfung. Das wiederum brauche Arbeitskräfte, Fabriken, Logistik, Strassen und schliesslich Schulen und Ausbildung. Service allein, wie Banken und Versicherungen erzeuge nur wenig Wertschöpfung.

    Auf die Frage, warum man sich nun die ,,Smart Touche Zero One‘‘ – die erst kürzlich präsentierte, hauseigenen Smartwatch – kaufen solle, antwortete Nick Hayek gekonnt ,,wir verkaufen zuerst die Emotion, dann die Uhr.‘‘ Die Welt funktioniere nicht nach Nutzen, vielmehr seien der Look und der emotionale Wert wichtig, erläutert der Konzernchef. Da diese Uhr nur 135 Franken kostet, eine Jahr funktioniert ohne sie aufzuladen und man die Batterie selber wechseln kann, muss man Swatch schon zugestehen, dass man von einem sinnvollen Produkt sprechen kann. Mit vielen Sensoren, wie Schrittzähler oder der Messung des Kalorienverbrauchs wird auch wieder das Know-How der Microtechnik ersichtlich. ,,Wir wollen dabei bleiben, dass wir zuerst schöne Uhren machen. Wenn jemand eine Uhr mit einer Funktion will, dann haben wird sie. Wie verkaufen sie aber nicht über die Funktion, wir verkaufen sie über die Emotion.‘‘

    Eine der letzten Fragen befasste sich mit der Zukunft der Swatch Group. Wo denn die Swatch Group in zehn Jahren stehe, fragte ein Zuschauer. Man hoffe auf möglichst viele Marken und, dass viel in den Werkplatz Schweiz investiert würde, entgegnete der CEO. Vor allem die Mittelklasse sei sehr wichtig. Als Beispiel wurde China genannt. Die Mittelklasse betrage dort rund 300 bis 500 Millionen Menschen und man müsse sich nur vorstellen, wenn man ein Prozent dieser Masse erreichen könnte… Aus dieser Kaufkraft resultiere ein unglaublich grosses Volumen. Die grössten Wachstumstreiber der Group seien Swatch, Tissot, Hamilton und Longines, die alle ein zweistelliges Wachstums vorwiesen. Auch in Krisenzeiten kaufen sich die Menschen Geschenke um die Situation besser zu gestalten und dann dürften diese eben nicht zu teuer sein. ,,Wir müssen konsequent dafür sorgen, dass wir nicht dem Druck nachgeben, der immer wieder existiert, uns nur auf den Luxus zu konzentrieren.‘‘

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