Author Archives: Toby Tailor

  • Von verlassenen Dörfern und brennenden Wäldern

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    Nachdem ich bereits zahlreiche Prüfungen ablegt hatte, besuchten mich drei HSG-Kollegen, mit welchen ich beschloss, St. Petersburg für einige Tage zu verlassen. Unser Zielort war eine Siedlung nahe des kleinen Dorfes Velikaya Guba (Великая Губа, ca. 1000 Einwohner), wo wir uns ein Häuschen direkt am See mieteten. Für die pro Weg ca. 700 km lange Reise nahmen wir uns einen VW Polo, welchen ich für die ‚normalen’ Strassen und Hauptachsen in Russland zweifelsfrei empfehlen kann. Die Strassen zu solch abgelegenen Orten wie unsere Ziel-Siedlung sind jedoch in sehr schlechtem Zustand, sodass man sich dafür besser ein etwas billigeres und geländetauglicheres Auto sucht —unsere Felgen waren am Ende der Reise ziemlich verbeult!

    Seltsamerweise begegneten wir auf unserer Fahrt immer wieder brennenden Wäldern und Feldern, die scheinbar absichtlich angezündet, aber dennoch völlig unbeaufsichtigt waren und deren Rauch einem teilweise völlig die Sicht auf die Strasse vernebelten.

    Auf die Idee, gerade in diese Region zu fahren, brachte uns das Dorf Pegrema, welches schon vor Jahrzehnten verlassen wurde. Nach einer erholsamen Nacht in unserem Häuschen machten wir uns denn auch auf, uns dieses Dorf anzuschauen. Da wir auf dem Weg nach Pegrema jedoch auf ein anderes Dorf mit dem Namen Vjogoruksy (Вёгоруксы) trafen und die Strasse nach Pegrema kaum mehr vorhanden war, blieben wir in Vjogoruksy. Dieses Dorf schien noch nicht seit allzu langem verlassen zu sein, denn viele Häuser und die kleine Holzkirche standen noch.

    Falls ihr etwas Bestimmtes über meinen Aufenthalt oder Russland allgemein wissen wollt, hinterlasst einen Kommentar!

  • Sochi und Maslenitsa

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    Seit meinem ersten Eintrag sind nun einige Wochen, Erlebnisse und Vorlesungen vergangen, welche ich hier nun nochmals mit euch durchgehen möchte. Auch habe ich den grössten Teil des Bürokratie-Hürdenlaufs hinter mich gebracht, weshalb ich mich nun auf die spannenderen Dinge meines Aufenthalts konzentrieren kann: Events, Freunde und natürlich auch das Studium.

    Aus dem Alltag in Питер

    Da das Studentenvisum zunächst nicht für das ganze Semester ausgestellt wurde, musste ich dies noch verlängern. Dies war nicht weiter schwierig, jedoch musste ich dafür nochmals einen HIV-Test machen, welcher hier im Spital durchgeführt wird. Begrüsst wird man dort mit Sätzen wie: „Jetzt wird euch dann gleich das Blut abgenommen, da vergeht euch das Lachen schon noch!“ Nach der Blutabnahme wurden wir, für den kleinen Stich wohl an der Grenze des Nötigen, in zahlreiche Lagen Verband dick eingewickelt. Wider der Prophezeiung blieb uns dann auch das Lachen erhalten.

    Wenn man mit Bus, Taxi oder Marschrutka (Sammeltaxi/Kleinbus) unterwegs ist, vergeht einem das Lachen dennoch hin und wieder. Denn Handy am Steuer ist hier normal – natürlich auch für Busfahrer. Taxis fahren hier oft so schnell, wie es der Verkehr erlaubt: bei freier Strasse wird auch mal mit 110 km/h durch die Innenstadt gedonnert. Dass dabei weder Nackenstütze noch Gurte vorhanden sind, kann passieren. Deshalb, und auch weil günstiger und oft schneller, ist die Metro sehr beliebt. Deren Stationen, besonders im und ums Zentrum herum, sind sehr ansprechend gebaut und mit Schnörkeln, Malereien und Mosaiken verziert, was die Metro von St. Petersburg einzigartig macht. Auch ist sie eine der tiefsten Metros der Welt, die tiefste Station Admiralteyskaya befindet sich gar in 86 m Tiefe — entsprechend steht man auch ziemlich lange auf der Rolltreppe.

    Wie bereits beschrieben, ist hier einiges anders als im „Westen“. Deshalb hört man hier oftmals den Spruch: „die einen lieben’s, die andern hassen’s“. Meiner Erfahrung nach stimmt dies auch: viele der Austauschstudenten würden nicht wieder kommen, andere, wobei eher wenige, würden am liebsten bleiben. Wer sich also überlegt, hier einen Austausch zu machen, tut gut daran, das Land zuerst einmal als Tourist zu erkunden und herauszufinden, ob es das ist, was man wirklich will. Für mich war es auf jeden Fall die richtige Entscheidung!

    Studium

    Bisher hatte ich vier verschiedene Vorlesungen, welche aufgrund des im ersten Blogeintrag beschriebenen Blocksystems nun bereits abgeschlossen sind. Da alle Studenten einen etwas anderen fachlichen Hintergrund haben, werden die Themen nicht sehr tief, dafür eher breit besprochen. Auch wird auf den Praxisbezug viel Wert gelegt, was ich als Ergänzung zum stark auf die Theorie konzentrierten VWL-Studium an der HSG schätze.

    Neben dem Studium gibt es zwar zu lernen und zu tun, der Aufwand ist jedoch bei den meisten Fächern geringer als an der HSG. Da man sich an der HSG auch eine gewisse Leistungsbereitschaft und Effizienz aneignen musste, die viele andere Austauschstudenten nicht mitbringen, kann man hier mit vergleichsweise wenig Aufwand Professoren und Mitstudenten gut beeindrucken (schön, einmal zu sehen, dass sich der hohe Aufwand in St. Gallen auch wirklich lohnt!).

    Gewöhnungsbedürftig ist die Art und Weise, wie hier gelehrt wird: das Handy hat stets Vorrang und teilweise lesen die Dozenten lediglich die Folien ab. Die Sache mit dem Handy kann vor allem dann verwirren, wenn man eine notenrelevante Präsentation hält und der Professor dauernd auf dem nicht lautlos gestellten Gerät rumtippt. Dies tun sie aber nicht aus Desinteresse, es ist einfach normal.

    Fazit Studium bisher: Interessante, nützliche und auch anspruchsvolle Themen, an der Didaktik kann aber teilweise noch gearbeitet werden.

    Du bist ebenfalls gerade im Austausch und möchtest uns deine Erfahrungen mitteilen? Schreib uns an online@prisma-hsg.ch – wir würden uns freuen!

  • St. Petersburg – Wunderschön und hoch kompliziert

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    Nachdem ich mein Visum, nach dem umständlichen Prozedere gerade noch rechtzeitig, erhalten hatte, machte ich mich am 3. Februar auf zu meinem Exchange-Semester in St. Petersburg. Da ich nicht das erste mal in Russland bin, landete ich bereits mit der richtigen Einstellung: langes Anstehen beim Zoll, grimmige Beamte und defekte Koffer. Diesmal dauerte das Anstehen beim Zoll jedoch nur rekordverdächtige 90 Minuten und mein Koffer kam schon gar nicht an. Einige Formulare, Unterschriften und Stempel später fuhr ich mit dem Taxi zur Uni – der Saint Petersburg State University of Economics and Finance, kurz „FINEC“. Auch da erwartete mich bereits eine demotivierte Dame mit einem Stapel von Formularen. Dies hinter mich gebracht, durfte ich endlich mein Zimmer beziehen, welches sich gleich auf dem Campus befindet.

    Die ersten Tage verbringt man hier mit weiteren Hürden der Bürokratie. Da ich jedoch noch keine Vorlesungen zu besuchen hatte, konnte ich’s locker angehen; auch die wertvolle Unterstützung seitens des Exchange Office vereinfacht vieles wesentlich.

    Das „Dorm“, in dem sich mein Zimmer befindet, wurde gerade neu umgebaut und erst ein halbes Jahr vor meiner Ankunft eröffnet. Entsprechend ist das Zimmer, mit eigenem Badezimmer, gut und modern eingerichtet, weshalb es sich ganz angenehm darin leben lässt. Zumindest, solange alles funktioniert, was auch nach der Total-Renovierung nicht selbstverständlich ist: Erst zweimal habe ich in den vergangenen drei Wochen angenehm warm geduscht und die Heizung im Badezimmer funktionierte heute zum ersten Mal. Glücklicherweise ist die Heizung im Wohn-/Schlafzimmer zuverlässiger und fiel bisher nur für zwei Tage aus.

    Das „International Semester“ am FINEC bietet zahlreiche Kurse zu verschiedenen Themen an, hauptsächlich in Englisch, vereinzelt auch in Deutsch. Die Vorlesungen werden dabei meist Wochenweise in Blöcken durchgeführt; dieses System kann zu sehr intensiven Wochen führen (letzte Woche hatte ich beispielsweise 56 Stunden Vorlesung), jedoch hat man umgekehrt auch sehr lockere Wochen, die man gut für Ausflüge nutzen kann.

    Die Vorlesungen waren bisher ganz interessant und trotz der 56-Stunden-Woche hielt sich der Workload in Grenzen – also ganz ideal, wie ich das sehe.

    Die kulturelle Hauptstadt Russlands hat ziemlich alles zu bieten, was man sich in der Freizeit wünschen würde. Beeindruckend sind insbesondere die orthodoxen Kirchen sowie die Gebäude aus der Zeit Peter des Grossen und Katharina II. Viele davon sind heute Museen, die Kulturelles und verschiedenste Arten von Kunst zu bieten haben. Das berühmteste Museum, auch eines der grössten der Welt, ist das Hermitage Museum – wollte man jedes Exponat nur 30 Sekunden lang betrachten, bräuchte man dafür mehr als 5 Jahre. Aber auch wenn man diese Zeit nicht aufwenden kann, lohnt sich ein Besuch!

    Du bist ebenfalls gerade im Austausch und möchtest uns deine Erfahrungen mitteilen? Schreib uns an online@prisma-hsg.ch – wir würden uns freuen!