Der 11. September 2001. Zwei Flugzeuge krachen in die Türme des World Trade Center. Über 2‘800 Tote. Die Fernsehbilder der Anschläge gingen um die Welt, prägten sich in unseren Köpfen ein. Menschen, die springen. Zuschauer, die weinen. Schutt und Asche. Wir wissen noch heute, wo wir uns zu diesem Zeitpunkt befanden.
In der Folge marschierten amerikanische Truppen in Afghanistan ein. Neun Jahre später sind sie weiterhin dort stationiert. Kürzlich hat ein internationales Institut eine Umfrage in den afghanischen Provinzen Helmand und Kandahar durchgeführt: 92 Prozent der Einwohner wissen nichts von 9/11. Die Hälfte von ihnen denkt, die Amerikaner hätten die Absicht, ihr Land dauerhaft zu besetzen und den Islam zu zerstören.
Dieser erschreckende Gegensatz zeigt auf, wie bedeutend (Fernseh-) Bilder für das Verständnis sind, das wir von der Welt haben. «Die Wirklichkeit, von der wir sprechen können, ist nie die Wirklichkeit an sich», schreibt Werner Heisenberg. Wir nehmen lediglich einen subjektiven Ausschnitt der Realität wahr. Dabei spielen Bilder eine zentrale Rolle. Sie definieren unsere Wirklichkeit: Keine Bilder, kein Ereignis.
Diese Definitionsmacht kann missbraucht werden. Während seiner Präsidentschaft sorgte George W. Bush dafür, dass die Särge mit den toten Soldaten, die reihenweise aus dem Irak heimgebracht wurden, nicht ins Fernsehen kamen. Zudem hielt sich Bush von Bestattungsfeierlichkeiten fern, um in den Nachrichten nicht mit den amerikanischen Opfern des Krieges in Verbindung gebracht zu werden. Für Millionen TV-Zuschauer haben sie nie existiert… Fernzusehen bedeutet noch nicht, weit zu blicken.
Topmotiviert und sehr konzentriert starten wir unseren Praxistest um akzeptable 9 Uhr mittwochs in der Früh. Ein angemessenes Frühstück bestehend aus Fastfood, Chips, Pombären und fakultativem Billig-Dosenbier stehen bereit. Die intuitive Zapperei führt uns auf den Sender unserer ersten Wahl: RTL2.
RTL2 scheint tatsächlich die richtige Entscheidung gewesen zu sein, denn wir haben gerade noch rechtzeitig zu «Frauentausch» eingeschaltet: Rosi, die brave und aufopfernde Hausfrau, tauscht mit Bernd, dem schwulen Hellseher, für eine Woche das Eheleben. Bernds Ehemann Michael ist Zoofachverkäufer und bunkert 120 Kobras im Keller. Was für ein Zufall, dass ausgerechnet Rosi panische Angst vor Schlangen hat. Wer will denn da noch behaupten, RTL2 würde die Kandidatenwahl an obskuren Personen ausrichten und zugunsten von auftretenden Konflikten treffen? Doch nachdem das scheinbar obligatorische Ausflippen und die Heulattacken beidseits vorbei sind, präsentiert sich ein Bild der Harmonie: Rosi traut sich endlich in den Keller und nimmt es mit den 120 Kobras auf, während Hellseher Bernd ihrer Familie einerseits aufzeigt, wie wichtig doch die Mama ist, und andererseits in seinen Karten ein baldiges Ende der Beziehung prophezeit. Wie schade. Leider bricht er an dieser Stelle seine Zukunftsvorhersage ab; er müsse Kräfte schonen.
Voller Bedauern holen wir uns dann eben die Zukunft auf einem anderen Sender: Mike Shiva ist gerade dabei, der verzweifelten Rebi mit ihren Liebesproblemen weiterzuhelfen: Ihr Arzt hat sie neulich nach der Untersuchung noch angefasst und sie fragt sich nun, was denn daraus noch werden könne – das sei nämlich schon ein ganz Lieber, dieser Arzt. Während Mike die Karten sprechen lässt, fallen uns die zwei verschiedenen Gläser auf seinem Tisch auf. Das Wasserglas wird nicht angerührt, das andere mit der dunklen Flüssigkeit leert sich hingegen immer mehr. Die zunehmende Qualität der Beratung lässt uns zum Schluss kommen, dass der Inhalt wohl Whiskey-Cola sein muss. Unalkoholisiert ertragen wir diese Beratung auch nicht und schalten um auf RTL. Dort kommt gerade «Unsere erste gemeinsame Wohnung», diese wunderbar stumpfe Sendung, in der unheimlich verliebte Pärchen oder asoziale Patchworkfamilien in die ersten gemeinsamen vier Wände ziehen. Besondere Vorkommnisse: In jeder Folge wird irgendeine Wand der Wohnung orange gestrichen, besonders bei dem Wohnzimmer scheint es voll die Trendfarbe zu sein. Einzig der leicht annormale Sohn Alex (10) wünscht sein Zimmer in rosa gestrichen. Dabei hätte das Orange doch so schön zu seinen Haaren gepasst. Wir haben fürs Erste genug und kochen Pasta.
Am frühen Nachmittag bestaunen wir unsere Herzdame mit der sauberen Aussprache: Katja Burkard präsentiert alles, was keiner wissen wollte, bei «Punkt 12».
Ein bisschen über Drittklass-Sternchen gelästert, dann der grosse Punkt-12-Test: Haargel, Pomade und Wachs werden in einem ewig langen Beitrag miteinander verglichen. Die Gelfrisur schmiert aber im Test total ab – überrascht? Dann doch lieber Alexander Hold. Wir wundern uns doch sehr, denn es geht nur um einen Versicherungsbetrug – wo bleiben die obligatorischen Prostituierten als Zeugen und warum wurde keiner ermordet? Zu unserer vollsten Zufriedenheit spitzt sich die Sache dann aber doch zu, denn es stellt sich heraus, dass die Betrügerin auch noch ihren Mann im Garten verscharrt hat. Dieser hatte sie vor kurzem verlassen, wie sie die ganze Zeit behauptet, und, da er das Pflanzen eines Apfelbaumes nicht vollendet hatte, ein grosses Loch im Garten hinterlassen. Zu unserer grossen Enttäuschung hat sie ihn aber doch nicht umgebracht, sondern nur seinen natürlichen Tod vertuschen und eben das Loch im Garten auffüllen wollen. Schade.
Anschliessend kommt Britt mit ihrem Topthema «Seelenstrip – heute sag ich dir alles!» Justin gesteht der Mandy wirklich seine Liebe und sie hat ihn auch wirklich mit seiner Schwester betrogen und das Kind könnte auch zehn Väter haben. Bei der bestechenden Logik und vor allem Rhetorik der Streitparteien kommen wir nicht mehr mit, aber das Publikum ist begeistert und der überaus zuverlässige Lügendetektor als Ultima Ratio deckt mal wieder alles auf.
Einen Sender weiter reisst uns der Satz «Das ist das Tollste seit der Erfindung der Gänseblume» aus den Tagträumen. Wir befinden uns bei HSE 24, wo gerade die neue Schlankstützkollektion für Frauen mit Problemzonen präsentiert wird. «Auch ein tolles Geschenk für die Festtage: Weihnachten wird nie wieder das gleiche sein», heisst es von Seiten der Moderatorin. Ja, das befürchten wir ebenfalls. Auch auf den anderen Kanälen läuft gerade Werbung: Katy Perry hält ihr Gesicht in die Kamera: «Wer braucht schon Pickel? Du nicht!», und auch «Avril Lavigne lässt nicht zu, dass Pickel sie fertig machen». Na dann.
Bevor wir noch tiefer in die asoziale Fernsehlandschaft abdriften, suchen wir etwas Kulturelles. Wir werden dankbar fündig: eine Dokumentation über die Quitte, die gerade ihre Renaissance in der Gourmetgastronomie erlebt. Sie passt zu Schwein und sonstigen starken Geschmäcken. Wenigstens mal was gelernt heute. Danach endlich die Erlösung seitens des ORF: Wir geniessen die Doppelfolge «Scrubs» als einen ganz besonderen Leckerbissen. Dr. Cox mal wieder in Höchstform.
Um 19 Uhr kommen wir nicht umhin, «X-Diaries» einzuschalten. Die adipöse und grenzdebile Jenny (17) aus Erfurt in Ostdeutschland lässt sich auf Ibiza von einem notgeilen Clubbesitzer (41) befummeln und fotografieren, doch in einer dramatischen Szene, gedreht mit wackelnder Handkamera, schreitet glücklicherweise Vater Klaus ein. Denn: «so Nacktfotos» gehen schliesslich mal gar nicht. Als Wiedergutmachung darf Jenny sich aber, wieder zuhause, ein echtes Fotoshooting gönnen, mit Studio und allem Drum und Dran. Da freut sich das dicke Mädchen aber.
Die Kräfte schwinden. Die Diskussionen darüber, ob man einen Film schaut oder lieber die Supernanny, enden in einem Hin-und-Her-Zappkrieg, der schliesslich auf Peter Zwegat, den ketterauchenden Schuldnerberater, hinausläuft. Mittels verschiedenfarbiger Sparschweinen, die er mehrmals über den Tisch wandern lässt, verbildlicht er die verschiedenen Schuldner des Klienten. Jetzt haben sogar wir begriffen, dass sein Klient echt krass viele Schulden hat!
Nach den etlichen gespielten und gescripteten Sendereihen lassen wir den Rest des Abends intellektuell-geschichtlich mit Kevin Costners «Thirteen Days» ausklingen und sind uns einig: Den Fernseher am Ende abzuschalten, war die klügste Entscheidung des Tages.
Bei Design Thinking geht es um die Entwicklung von Innovationen. Die Methode wurde vor ca. 40 Jahren in Stanford entwickelt und hat seither in vielen internationalen Unternehmen Einzug gehalten. Die Studenten arbeiten in Teams über zwei Semester an Projekten mit bekannten Partnerfirmen, für die sie innovative Produkte oder Dienstleistungen entwickeln. Die Innovationsentwicklung ist ein iterativer Prozess, bei dem im Laufe der zwei Semester mehrere Prototypen gebaut werden. Als Projektpartner sind dieses Jahr Audi, Ball, Gauselmann, Haufe Lexware, Swisscom, Telekom Austria sowie das UBS Card-Center dabei.
Stanford veranstaltet diesen Kurs jährlich für rund 200 Studenten der renommiertesten Universitäten aus aller Welt. Die HSG ist dabei eine der wenigen Universitäten ohne technischen oder naturwissenschaftlichen Fokus. Das Zusammentreffen mit internationalen Studenten aus anderen Disziplinen ermöglicht den HSG-Teilnehmern eine besondere Perspektive.
Die erste Stanford-Reise fand dieses Jahr im Oktober statt. Während zehn Tagen erhielten die Studenten nicht nur eine fundierte methodische Ausbildung, sondern trafen auch erstmals die Studenten der Partneruniversitäten. Die erste Phase des Projekts, welche das diesjährige Team kürzlich abgeschlossen hat, nannte sich «Paper-Bike-Phase» und war hauptsächlich dem Teambuilding gewidmet. Aufgabe war es, einen fahrbaren Untersatz aus Papiermaterial zu bauen, mit dem Ziel, anschliessend damit eine Wasserballonschlacht in Stanford zu bestreiten.
Um eine angenehme und inspirierende Arbeitsatmosphäre zu schaffen, wird diesem Kurs ein eigener Arbeits- und Aufenthaltsraum am Institut für Wirtschaftsinformatik zur Verfügung gestellt. Dieser Raum ist nicht nur ein Arbeitsumfeld, sondern vielmehr eine Umgebung, die ermutigen soll, voneinander und in der Community zu lernen.
Da der Kurs stark anwendungsorientiert ist, stellt er eine optimale Ergänzung zur theoretischen Ausbildung dar. Die aussergewöhnliche Teamerfahrung, die intensive Projektarbeit sowie die Budgetverantwortung bieten ausgezeichnete Grundlagen für die Zeit nach dem Studium. Zudem ermöglicht der Kurs wertvolle Kontakte in Stanford und mit den Partnerunternehmen zu knüpfen. Vor allem aber macht das Projekt viel Spass und erweitert den Horizont.
Der Kurs Design Thinking ist im IMT-Master integriert und wird vom Institut für Wirtschaftsinformatik in Kooperation mit dem Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement durchgeführt. Los geht es jedes Jahr im Herbstsemester. Die Kurszuteilung erfolgt über ein Bewerbungsverfahren, welches die Persönlichkeit, die Fähigkeiten und die früheren Erfahrungen der Bewerber berücksichtigt.
Für mehr Einblickebesucht unsere Website. (http://www.designthinking.iwi.unisg.ch)
Roger Köppel, sind Sie mit sich im Reinen?Zur PersonRoger Köppel, 45, ist Chefredaktor und Verleger des Wochenmagazins «Die Weltwoche». Er startete seine Karriere als Sport- und Kulturjournalist bei der «Neuen Zürcher Zeitung» und wurde später unter anderem Chefredaktor der deutschen Tageszeitung «Die Welt». Köppel tritt regelmässig in politischen Fernsehsendungen auf, zum Beispiel in der «Arena» des Schweizer Fernsehens oder bei «Hart aber fair» in der ARD.
Sicher. Wieso fragen Sie?
Sie idealisieren die ländlichen Bewohner der Urschweiz und kritisieren die elitären Intellektuellen aus den Städten. Dabei sind Sie selber Teil dieser urbanen Elite.Das ist kein Widerspruch. Gerade wir Städter tendieren dazu, den Beitrag der Landbevölkerung zur Entwicklung der Schweizer Demokratie zu unterschätzen. Unsere freiheitliche Kultur ist ein Derivat der Berge und deren Bewohner. Die Schweiz verdankt der ländlichen Bevölkerung viel.
Sie stilisieren das hoch, als wäre…Dieser Freiheitsgedanke ist ja die Pointe der Schweizer Geschichte! Und der kommt bei uns vor allem aus einer ländlichen Bergler-Kultur. Wer hat die Soldaten abgestellt, die gegen die fremden Armeen gekämpft haben? Wer hat die Österreicher in die Flucht geschlagen? Das waren sicher nicht ein paar Intellektuelle aus Zürich. Der Beitrag der Bauern ist enorm.
Aber Sie sind ja nicht gerade der Inbegriff eines Bauern.Darum geht es nicht. Ich entstamme einem intellektuellen Milieu, das gerne auf die Bauern herabschaut. Es ist kein Wunder, dass die meisten Journalisten eine geradezu pathologische Abneigung auf das haben, was auch nur im Entferntesten nach SVP riecht. Ich wehre mich gegen diese Diffamierung des Bäuerlichen. Man muss die SVP nicht sympathisch finden, aber man sollte sich die Mühe machen zu verstehen, welche Rolle das bäuerliche Element in unserer Geschichte bis heute spielt. Also ich bin hundert Prozent mit mir im Reinen.
Trotzdem hat man den Eindruck, dass Sie um jeden Preis die Kontroverse suchen. Wieso dieser unbedingte Drang?Journalisten müssen Gegensteuer geben, kritisch bleiben. Wenn alle über Obama jubeln, dann muss doch eine Zeitung die Schwachpunkte aufzeigen. Es ist nicht gut, wenn alle das Gleiche denken und schreiben. Wir haben faktisch ein linkslastiges Meinungskartell in den Medien. Das ist gefährlich. Wir brauchen Meinungsvielfalt statt Meinungseinfalt. Davon leben Demokratien. Die Weltwoche verkörpert das. Wir waren die ersten, die zu Obama geschrieben haben: Was er macht, ist im Grunde banaler Sozialismus.
Sie treten oft im deutschen Fernsehen auf, beispielsweise bei «Hart aber fair» oder «Anne Will». Inzwischen werden Sie in Deutschland fast als Repräsentant der Schweiz wahrgenommen. Ist das nicht problematisch?Das ist doch von Vorteil: Endlich ein vernünftiger Schweizer im deutschen Fernsehen, der sich nicht immer für die Schweiz entschuldigt, sondern den Leuten erklärt um was es geht. Ich nehme die Diskussion mit jedem Schweizer auf, der mir erzählen will, dass an der Haltung, die ich verkörpere, etwas auszusetzen ist.
Es ist eben nicht die Haltung aller Schweizer.Natürlich nicht. Aber ich versuche ja auch nicht, einfach ein paar private Meinungen loszuwerden. Sondern es geht zum Beispiel darum, den Deutschen zu erklären, was die Schweiz ist. Dass Föderalismus, direkte Demokratie und Neutralität wichtige Säulen unseres Wohlstands sind. Die Schweiz ist ein vernünftiges Land. Unser Standpunkt ist auch über die Landesgrenzen hinaus interessant.
Aber…Mich erstaunt, dass es immer noch Leute gibt, die den Schweizer Sonderfall bekämpfen. Das halte ich für verantwortungslos. Man zerstört die Grundlagen unseres Wohlstandes, wenn man der Meinung ist, man könne den Reichen immer mehr Geld wegnehmen oder man müsse die Macht der Bürger von der Urne nach Brüssel verlegen. In meiner publizistischen Tätigkeit ist für mich der zukünftige Wohlstand unseres Landes der Massstab, an dem ich die Politik messe.
Sie haben in Zürich unter anderem Volkswirtschaft studiert. Hat es Sie nie an die HSG gezogen?Es hat sich einfach nicht so ergeben. Ich hätte an und für sich gerne in St. Gallen studiert. Dafür bin ich jetzt ab und zu als Dozent bei den MBA-Absolventen tätig. Da kann ich ein bisschen HSG-Luft schnuppern. Ich finde es hoch interessant.
Inzwischen hat es in St. Gallen viele ausländische Studenten. Braucht es Zugangsbeschränkungen?Ich bin prinzipiell ein Gegner all dieser starren Quotenregelungen, die unbesehen der Leistung rein quantitativ funktionieren. Ich kenne die spezifischen Massnahmen an der HSG nicht und kann sie nicht kommentieren. Aber grundsätzlich ist eine Hochschule wie ein Spitzenfussballverein: Die hat ein Interesse daran, die besten Leute aus der ganzen Welt anzuziehen – und hoffentlich können am Schluss ein paar Schweizer mithalten.
Also keine Quoten, dafür Selektionsmassnahmen?Ja, strikt aufgrund der Leistung. Man soll einfach die Besten nehmen. Ich stelle allerdings fest, dass das Bologna-System, also die blinde Öffnung, das Niveau eher senkt als fördert. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie naive politische Vorstellungen am Ende der Sache schaden.
Wie sieht es mit finanziellen Anreizen aus, zum Beispiel einer Erhöhung der Studiengebühren für ausländische Studenten?Ich finde generell, dass die Studiengebühren zu tief sind. Wenn man über Studienfinanzierung spricht, bin ich ein klarer Befürworter einer Privatisierung der Hochschulausbildung. Die Universitäten würden nicht mehr staatlich finanziert und die Studiengebühren massiv teurer. Mit der Folge, dass die Studenten schon viel früher gezwungen wären, unternehmerisch zu denken, sich Kredite zu beschaffen, Studienrichtungen zu wählen, die ihnen eine Rückzahlung erlauben.
Das wäre……eine Revolution für die Schweiz. Aber eine, über die es sich nachzudenken lohnt.
Waren Sie denn als Student politisch engagiert?Nein, ich war ein explizit unpolitischer Student. Mich hat das irritiert, diese ganze linke Studentenpolitik. Ich habe mich nicht besonders für Politik interessiert, weder im Gymnasium noch an der Uni. Mich faszinierten immer Geschichte und Kultur.
Das ist etwas merkwürdig. Heute sind Sie ja omnipräsent in der politischen Medienlandschaft.Ja, das ist wahr. Aber das kommt einfach mit der Aufgabe. Sie werden mit wichtigen politischen Fragen und Einschätzungen konfrontiert. Da können Sie sich nicht verstecken. Sie müssen zum Beispiel beurteilen: Ist Christoph Blocher wirklich ein dämonischer Populist, der Antichrist? Oder ist er ein hochintelligenter, verdienstvoller, liberalkonservativer Politiker, der dem Land wertvolle Impulse gegeben hat? Da müssen Sie mit bestem Wissen und Gewissen entscheiden.
Sind Sie dann nicht eher Politiker als Journalist?Jeder Journalist ist auch ein bisschen Politiker! Da haben Sie aber auch eine Verantwortung, genau Rechenschaft darüber abzulegen, welche Grundwerte ihren Beurteilungen und Interpretationen zugrunde liegen. Ich würde es so formulieren: Ich beobachte und beurteile die Politik, durch meine Tätigkeit übe ich vielleicht politischen Einfluss aus, aber ich bin nicht Politiker.
Sie reden von Grundwerten, über die sich jeder selbst im Klaren sein muss. Gibt es nicht auch einen unantastbaren Kern aus humanistischen Werten, gegen die zum Beispiel ein Minarett-Verbot verstösst?Wenn Sie jetzt sagen: Ein Minarett-Verbot verstösst doch gegen Grundrechte? Die Frage kann man sich schon stellen. Aber man könnte auch fragen: Verstösst das Verbot, über etwas wie ein Minarett abzustimmen, nicht wiederum gegen das Grundrecht eines Volkes, demokratische Abstimmungen durchzuführen? Das ändert nichts daran, dass die Initiative im Widerspruch zur Religionsfreiheit und zum Diskriminierungsverbot steht. Das sagen Sie. Na gut, jetzt haben die Schweizer das angenommen, gegen alle Ratschläge und Belehrungen, gegen die Mehrheit der Zeitungen, gegen die erdrückende Mehrheit der Politiker. Was sagt uns das? Dass die Leute die humanitären Werte mit den Füssen treten und man ihnen das jetzt verbieten müsste? Oder dass die Elite die Sensibilitäten der Leute völlig falsch eingeschätzt hat und dass die Leute hier eben eine andere Güterabwägung machen? Aber wenn Sie meinen, der eine habe den Humanismus auf seiner Seite, dann ist der andere sozusagen die Barbarei und …
Das habe ich nicht gemeint.Ich sage nur: Demokratie bedeutet Mehrheit vor Wahrheit. Ich glaube den Leuten nicht, die eine angebliche Wahrheit für sich gepachtet haben. Ich glaube an das Mehrheitsprinzip!
Sollte das Volk über alles abstimmen können?Absolut. Über alles.
Keine Grenzen?Es stellt sich einfach die Frage: Sind Sie wirklich ein Demokrat oder nicht? Vertrauen Sie darauf, dass die Menschen vernünftig sind? Dass sie befähigt sind, einen Entscheid zu treffen? Vertrauen Sie darauf, dass…
Da haben Sie aber ein sehr optimistisches Menschenbild.Ich bin nicht der Meinung, dass alle Menschen gut sind. Natürlich ist der Mensch in der Lage Böses zu tun. Nun glaube ich aber, dass je grösser die Zahl der Leute ist, die sich am demokratischen Prozess beteiligen, desto geringer ist die Gefahr, dass wirklich etwas Schlimmes passiert.
Das Volk kann sich irren…Natürlich können sich die Bürger irren! Aber auch Politiker, Parlamentarier und internationale Gerichtshöfe können sich irren. Und je kleiner die Zahl der Leute ist und je grösser die Macht dieser kleinen Zahl, desto verheerender können solche Irrtümer sein. Ich nehme das härteste Beispiel des 20. Jahrhunderts, Adolf Hitler. Wenn Sie mal schauen, wie Hitler an die Macht gekommen ist: Da hat ein ganz kleiner Kreis im Regierungsapparat entschieden, ihn zum Reichskanzler zu machen. Es gab weder eine Volks- noch eine Parlamentsmehrheit für Hitler zum Zeitpunkt seiner Installierung. Alle grossen politischen Katastrophen sind unter Ausbremsung, nicht unter Wahrung demokratischer Prinzipien zustande gekommen.
Würden Sie auch zwingende Völkerrechtsbestimmungen zur Disposition stellen?Ja. Selbst das, weil ich der Meinung bin, dass auch die ganz wesentlichen Dinge von den Leuten demokratisch beglaubigt würden. Man muss sie ja nicht dazu zwingen. Zum Beispiel das Folterverbot, das würden die Schweizer nie demokratisch abschaffen.
Die Schweiz ist in letzter Zeit mehrmals mit dem Völkerrecht in Konflikt geraten. Wie beurteilen Sie diese Spannungen?Es gibt natürlich Versuche von innen und aussen, der Schweiz andere Rechtsvorstellungen aufzunötigen. Als Journalist stehe ich dem skeptisch gegenüber. Ich habe den Eindruck, dass bei uns der Gesetzgebungsprozess viel demokratischer und transparenter abläuft als in diesen internationalen Gremien, wo ein paar Beamte eine Bestimmung erlassen. Das heisst dann nachher Völkerrecht! Aber man muss sich nicht die Illusion machen, dass die Völker zu diesem Recht irgendetwas gesagt hätten.
Völkerrecht wird doch nicht von irgendwelchen Bürokraten erlassen! Die Schweiz ist ja nur an Verträge gebunden, die sie selber unterschrieben hat und die in einem demokratischen Prozess ratifiziert wurden.Jeden Vertrag, den man unterschrieben hat, kann man auch wieder kündigen. Ich spreche hier nicht vom fundamentalen Völkerrecht. Aber es gibt auch eine expansivere Form von Menschenrechtsdefinitionen. Es gibt Leute, die sagen, dass es ein Menschenrecht auf Arbeit gebe. Also würde jeder Staat, der es nicht schafft, allen einen Job zu verschaffen, schon gegen die Menschenrechte verstossen. Wann kommt das Menschenrecht auf einen Flachbildschirm? Spass beiseite: Hinter diesem Gegensatz zwischen Völkerrecht und Landesrecht steckt der politisch konstruierte Versuch, die Eidgenossenschaft als Rechtsgemeinschaft zu diskreditieren, die direkte Demokratie einzuschränken. Die Elite möchte den Einfluss der Bürger in der Schweiz zurückdrängen.
Aber im Falle der Minarette haben Sie selber gesagt, es handle sich lediglich um ein Symbol. Haben die Bürger da nicht einfach Symptombekämpfung betrieben?Kann sein, aber die Leute haben entschieden. Also müssen Sie die Leute ernst nehmen. Es gibt Wertkonflikte, und ich kenne keinen besseren Weg diese auszutragen, als über eingeübte direktdemokratische Verfahren.
An diesem Verfahren konnten Muslime ohne Schweizer Staatsbürgerschaft gar nicht teilnehmen.Ich verstehe den Ärger der Muslime, wenn man ihnen verbietet, ein Minarett zu bauen. Aber es gibt offenbar ein Misstrauen der Leute. Das sollten die in der Schweiz lebenden Muslime als Einladung empfinden, sich besser darzustellen, sich besser zu integrieren. Die Jesuiten mussten über hundert Jahre warten, bis sie in der Schweiz nicht mehr verboten waren! Ein Letztes noch zu den Minaretten: Die Schweiz war eine Art Avantgarde in der Islamdiskussion. Heute ist in Teilen Europas bereits die Burka verboten. Das wurde aber top down verordnet. Und was ist in der Schweiz passiert? Wir haben plötzlich eine differenzierte Diskussion zwischen unterschiedlichen muslimischen Gruppierungen. In anderen Ländern stehen sie oft am Rand der Gesellschaft. Bei uns werden die Muslime durch die direkte Demokratie in eine Diskussion einbezogen, die wiederum einen Vertrauensbildungsprozess bewirkt.
Also hat die Initiative zumindest einen Dialog ermöglicht?Ja. Und es verunmöglicht diese extreme Entfremdung zwischen unten und oben, zwischen Volk und Elite, die sich beispielsweise in der EU verschärft, aber auch in den USA aufbricht, wo sich jetzt eine Tea Party gegen die abgehobene Elite stellt. Ich habe damals gestaunt über die EU-Verfassung. Das deutsche Parlament hat sie mit einem Nordkorea-Resultat von etwa 98% angenommen, das war in Frankreich und Holland ähnlich. Dann gab es in diesen zwei Ländern eine Volksabstimmung: Eine starke Mehrheit war dagegen. Das sind doch alarmierende Entfremdungsprozesse, wenn man davon ausgeht, dass Demokratie eigentlich Volksherrschaft heisst. In Europa haben wir zum Teil keine Demokratie mehr! Es heisst zwar noch Demokratie. Aber es ist Demokratie ohne Demos, ohne Volk. Es ist reine Kratie, also Herrschaft.
Ich habe nicht den Eindruck, dass die Situation in der EU derart drastisch ist.Doch, und da können noch ganz unangenehme Dinge passieren. Ein Ausdruck dieser mangelnden Demokratie ist, was sich in Frankreich abspielt: Plötzlich gibt es da eine Art diffuse Abwehrstimmung gegen die Roma. Auf der einen Seite die europäische Grenz-öffnungsphilosophie: Es müssen alle kommen können! Doch jetzt merkt man, dass es gar nicht geht. Und was jetzt? Plötzlich lässt Präsident Sarkozy die unerwünschten Ausländer deportieren, rausschmeissen. Die Schweiz wurde kritisiert wegen einem Schäfchenplakat. Aber was da in Frankreich abgeht, das wäre bei uns gar nicht möglich. Und diese Länder urteilen dann über die direkte Demokratie der Schweiz.
Aber ist die EU denn keine geeignete Option, um die wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen dieses Jahrhunderts zu meistern?Nein. Die EU ist eine Fehlkonstruktion. Die Symptome werden sichtbar. Der Euro muss künstlich am Leben gehalten werden. Die Schuldenwirtschaft geht ins Unermessliche. Da steht die Schweiz im Vergleich viel besser da. Die EU kultiviert den politischen Grössenwahn, indem sie sich anmasst, globale Probleme besser lösen zu können. Ich glaube, das Gegenteil ist richtig: Grossraumorganisationen scheitern. Das zeigte sich während der Finanzkrise auch in der Wirtschaft drastisch. Small is beautiful! Mehr direkte Demokratie ist das Gebot der Stunde. Die Schweiz liegt da voll im Trend.
Ich kann das nicht so beurteilen. Damals gab es noch die 68er-Nostalgie, die war schon zu spüren an der Uni. Es gab all diese Gruppen und sie wollten mich auch immer dabei haben. Ich fand es unerträglich, diese Sitzungen, diese Wichtigtuerei… Grauenhaft! Ich gehe davon aus, dass diese Rituale endgültig vorbei sind an der Uni. Sind die heutigen Studenten noch politisch?
Eher wenig.Das ist vernünftig. Man muss sich ja nicht zu stark mit der Politik beschäftigen, sondern lieber mit der Arbeit.
Teilen Sie die Ansicht von Ökonomen wie Friedrich von Hayek, dass Finanzkrisen unter anderem durch staatliche Eingriffe verursacht werden?Ja. Ich bin zwar kein theoretischer Ökonom, da haben Sie Experten an der Uni St. Gallen. Aber die letzte Finanzkrise hat gezeigt: An der Wurzel standen politische Fehlanreize: Zu billiges Geld, ein politisch gewollter Immobilienboom. Es sollten sich auch Leute ein Haus kaufen können, die sich niemals ein Haus leisten konnten. Es gab falsche staatliche Garantien, die den Banken sichere Renditen bei den Immobilien vorgaukelten. Das entschuldigt nicht die Fahrlässigkeit der Manager. Der Mensch ist irrational und tendiert dazu, sich in der Herde zu bewegen. In guten Zeiten sieht er nur noch das Positive und handelt dementsprechend. Deshalb ist es eben die Aufgabe einer Zeitung zu sagen: «Never believe the hype!»
Was würden Sie einem HSG-Studenten auf den Weg mitgeben?Abonnieren Sie unbedingt die Weltwoche. Alles andere kommt von selbst durch harte Arbeit.
Geboren ist Rakusa in der Slowakei, als Tochter einer Ungarin und eines Slowenen. Die Kindheit hat sie in Budapest, Ljubljana und Triest verbracht, bis sie im Gymnasium in Zürich landete. Woher soll man bei einem solchen Lebensweg wissen, wohin man gehört? Dieser Frage geht Rakusa in ihrem autobiografischen Meisterwerk über die Suche nach der eigenen Heimat nach. Das 352-seitige Buch erzählt in einer singenden Sprache die Suche einer erwachsenen Frau nach ihren Wurzeln. Es sind Erinnerungspassagen, Ausschnitte, deren Zusammenhang längst in Vergessenheit geraten ist. Wohl deswegen finden sich im Roman zahlreiche Aufzählungen, als wollte Rakusa, wenn sie einen Ort auf der Reise zu ihren Wurzeln besuchte, Erinnerungszusammenhänge schaffen. Frei nach dem Motto: Je mehr ich weiss, desto genauer werden meine Erinnerungen.
Die Reise, welche von Land zu Land führt, veranlasst die Autorin auch zu einer Vermischung der Sprachen. Im Text erscheinen plötzlich englische Ausdrücke, die sich nicht – wie man erwarten könnte – als störend und unpassend erweisen, sondern sich ganz unauffällig in die Aufzählungen einreihen oder einen Satz auf den Punkt bringen.
Es ist ein Roman für all diejenigen, die nie recht wussten, wohin sie gehören. Einwandererkinder, die zweite Generation, die dritte Generation oder einfach Menschen, die schon immer eine Regung für einen anderen, ihnen fremden Ort verspürten.
Es ist nicht nur ein Roman für Heimatlose, sondern auch für Menschen, die einen experimentellen Stil in der Literatur schätzen.
Ganz egal zu welcher Gruppe man gehören mag – es ist ein Buch, welches einem tiefgreifende Erfahrungen im Leben eines interessanten Menschen zu vermitteln vermag.
Mehr Meer – Erinnerungspassagen
Autor: Ilma Rekusa
352 Seiten
erschienen bei: Literaturverlag Droschl, Graz-Wien 2009
Mehr Infos unter www.ilmarakusa.info
Ehrlich oder nicht ehrlich?
Ehrlich.Gladiator.
Und nicht ehrlich?Nein, das ist eigentlich auch ehrlich: Amélie, Chocolat … eher herzige Filme. Aber mein Lieblingsfilm ist definitiv Gladiator.
Du hast mit Peter Girsberger 2009 den Kurzfilm «Reinfall» realisiert. Wo gefällt es dir besser – vor oder hinter der Kamera?Ich glaube, hinter der Kamera ist die Organisation einfach schwieriger. Man muss an so viele Dinge gleichzeitig denken und trägt sehr viel Verantwortung. Natürlich trägt man auch Verantwortung als Schauspieler, aber trotzdem bin ich lieber vor der Kamera.
Wie bist du zur Rolle des Kevin in «Stationspiraten» gekommen?Ich habe im Stadttheater in «Frühlingserwachen» mitgespielt. Da war das Casting ausgehängt und ich dachte erst, dass ich keine Chancen hätte. Mein Umfeld motivierte mich aber, mich zu bewerben. Dann ging es von einer Castingrunde in die nächste und ich habe die Rolle des Kevin bekommen.
Wie hast du dich auf die Rolle vorbereitet?Wir hatten ein einwöchiges Probelager im Dynamo in Horw. Da hatten wir einen super Schauspielcoach: Lena Lessing. Wir haben auch ehemalige Krebskranke getroffen. Ich habe zudem versucht, eigene traurige Gefühle in diese Rolle hineinzubringen.
Wie hat dich diese Rolle privat verändert?Ich rege mich nicht mehr wegen Kleinigkeiten auf. Wenn ich den Schnu-pfen habe, dann weiss ich, dass ich bald wieder gesund bin, während andere täglich darum kämpfen, den nächsten Tag zu erleben.
Würdest du ähnlich reagieren wie deine Filmfigur, wenn du mit der Diagnose Krebs konfrontiert wärst?
Ich denke, dass ich mit dieser Situation nicht klarkommen würde. Obwohl ich eine Kämpfernatur bin, weiss ich nicht, ob ich in dieser Situation so ausdauernd gekämpft hätte wie Kevin. Vielleicht hätte ich früher aufgegeben.
Alle Szenen waren nach Drehbuch, ausser die Szene, wo die Jungs die Perücken anziehen. Sie hat nicht ganz funktioniert. Es ist einfacher, sich an traurige Momente im Leben zu erinnern und sie nachzuspielen, als an die vielen lustigen Momente. Die erlebt man praktisch jeden Tag, und diese nachzuempfinden, ist nicht so einfach. Deshalb mussten wir für die Szene mit den Perücken ein bisschen improvisieren.
Wenn du dir den Film selber anschaust, was empfindest du dann?Ich habe ihn mir schon acht Mal angeschaut und jedes Mal nehme ich ihn wieder anders wahr. Beim ersten Mal war ich extrem froh, dass ich das Endresultat sehen konnte. Bei den weiteren Malen nahm es mich emotional mit. Aber dann gibt es immer wieder Momente, wo ich an das Set zurückdenken muss, und wie wir hinter der Kamera so herumalbert hatten. Wir hatten eine tolle Zeit. Natürlich schaue ich mich auch kritisch an, wenn ich mich auf der Leinwand sehe. Mir fallen all die Kleinigkeiten auf, die ich hätte besser machen können. Ich muss es mir schwer überlegen, ob ich den Film noch ein neuntes Mal anschaue. (Schmunzelt.) Aber das ist normal, Johnny Depp kann sich auch nicht auf der Leinwand sehen.
Welche Szene war für dich am schwierigsten zu drehen?Die Szene auf dem Dach: Ich musste weinen und mir aufs Bein schlagen. Die Zusammenarbeit mit dem Regisseur Mike Schaerer an diesem Tag war einfach genial. Er konnte meine ganzen Emotionen aus mir herauslocken. Er musste tief in meiner Vergangenheit graben; nur so konnten wir die Szene so glaubwürdig rüberbringen. Als die Szene fertig war, kam der Regisseur und hat mich in den Arm genommen. Da habe ich erst gemerkt, wie tief ich abgetaucht bin. Für die Tränen haben sie mir Menthol vor die Augen gehalten. Damit ging es mir noch schlechter und alle Dämme konnten brechen.
Bist du motiviert, einen weiteren Film zu machen?Natürlich!
Was für einen Film?Einen Schlachtfilm. Ich würde gerne einmal Stunts machen oder in einer Schlachtszene mitmachen. Das übt auf mich schon einen grossen Reiz aus. Ich wäre auch gerne einmal ein Bösewicht, aber dafür habe ich wahrscheinlich ein zu liebes Gesicht. Und meine Traumrolle wäre natürlich der Gladiator. Aber es gibt nur einen, der diese Rolle so gut spielen kann: Russell Crowe!
Die Japaner lieben ihre Variety Shows. In diesen geht es darum, dass sich Kandidaten auf irgendeine Weise so lächerlich machen wie nur möglich. Zu den auch in Europa bekannten Formaten zählt Takeshi‘s Castle. In dieser Show müssen Freiwillige allerlei absurde Hindernisse überwinden und Gegner besiegen. Es gilt, wackelige Hängebrücken zu überwinden, ohne in den sumpfigen See darunter zu fallen, als menschliche Bowlingfigur nicht von einer ebenfalls menschlichen Kugel umgeworfen zu werden oder über rutschige Inselchen zu springen, wiederum ohne im bräunlichen Drecksee baden zu gehen. Das Ziel der Sendung ist nicht, möglichst unbesiegbar auszusehen – sondern möglichst komisch.
Andere, in Europa weniger bekannte Formate, sind eher auf Konversation ausgelegt. Das Ziel dieser Sendungen ist jedoch genau das gleiche: Wieder geht es um die Blossstellung von Kandidaten und das genüssliche Ausschlachten von Peinlichkeiten. Ein Beispiel für eine solche Sendung ist die Parodie der auch in Japan beliebten Quizsendung «Wer wird Millionär». Hier müssen Prominente peinliche Fragen nach Details aus ihrem Privatleben beantworten. Unter dem Gejohle des Publikums sitzen die Kandidaten mit hochroten Köpfen auf dem heissen Stuhl und versuchen, die unangenehmen Antworten so leise und undeutlich wie möglich auszusprechen. Dies führt dann zwangsläufig zur Aufforderung des Moderators, die Antwort samt vorgängiger Frage noch einmal laut und deutlich zu wiederholen.
Den Grund für die Beliebtheit dieser Variety Shows in der Bevölkerung sehen viele Beobachter in den zahlreichen Tabus des japanischen Alltages. Diese zu brechen birgt einen Reiz, der hohe Quoten garantiert. Auch wird argumentiert, dass in solchen Sendungen auf eine humoristische Weise Missstände angesprochen und diskutiert werden, welche in der oft harmoniesüchtigen und diskussionsscheuen japanischen Gesellschaft ansonsten kaum thematisiert werden.
Was die Popularität in der Bevölkerung anbelangt, so stehen die in vielen Ländern Südamerikas ausgestrahlten Telenovelas den japanischen Variety Shows in nichts nach. Einzelne Formate erzielen Einschaltquoten von 66 Prozent, und es wird berichtet, dass in Brasilien für manche Folgen einer Telenovela sogar schon Karneval-Paraden verschoben wurden. Die Soaps oder Seifenopern genannten Sendungen sind auch Exportschlager. Sie werden mittlerweile rund um den Globus ausgestrahlt oder mit gewissen Anpassungen kopiert.
Die Telenovelas handeln vom Alltagsleben ihrer Protagonisten, wobei den Kern dieser Sendungen alle Emotionen bilden, zu welchen der Mensch fähig ist. Zu den wichtigsten zählen Glück, Trauer, Eifersucht, Liebe und Hass. Auch eine Prise Spannung und Melodramatik dürfen nicht fehlen.
Die Telenovelas weisen ein stets wiederkehrendes, für den Zuschauer leicht zu durchschauendes Muster auf. Trotzdem kamen Soziologen zu überraschenden Schlüssen, als sie die Folgen des verbreiteten Telenovela-Konsums in verschiedenen südamerikanischen Ländern untersuchten. So wurden in verschiedenen Serien Tabuthemen und heikle, kontroverse Inhalte thematisiert, beispielsweise Verhütung, Gleichberechtigung, Scheidung, Homosexualität und sogar Religionskritik. In der Folge konnte in Brasilien ein starker Geburtenrückgang beobachtet werden, und nach der Ausstrahlung der beiden Telenovelas «Locos de familia» und «De Cuerpo y alma» wurde in verschiedenen Ländern Lateinamerikas ein starker Anstieg an Blut-, Knochenmark- und Organspenden registriert. In der einen Serie war eine leukämiekranke, in der anderen eine herzkranke junge Frau die Protagonistin.
Europäer kennen den arabischen Nachrichtensender Al Jazeera vor allem im Zusammenhang mit der Bekanntmachung von Terrordrohungen der Al Qaida. Das Terrornetzwerk nutzt Al Jazeera tatsächlich als ihr Sprachrohr. Der Sender mit dem deutschen Namen «Insel» (als Anspielung auf die arabische Halbinsel) ist jedoch weit mehr als ein willenloses Werkzeug Bin Ladens.
Gegründet wurde Al Jazeera Ende 1996 durch den Emir von Katar, Scheich Hamad bin Chalifa Al Thani. Seither finanziert die Herrscherfamilie Katars den Sender jährlich mit rund 100 Millionen Dollar. Trotz dieser finanziellen Verhältnisse werden viele kritische und kontroverse Themen aufgegriffen, teilweise betreffen sie auch Katar selber. Seit Ende 2006 gibt es auch einen englischsprachigen Al Jazeera-Sender.
Die Öffentlichkeit ist geteilter Meinung über die Objektivität von Al Jazeera. Eine oft gemachte und wohl zutreffende Feststellung ist, dass Al Jazeera Nachrichten nach anderen Schwerpunkten und aus anderen Perspektiven auswählt oder aufbereitet als europäische oder amerikanische Fernsehsender. Dies ist kaum als subjektiv zu werten – schliesslich gibt es absolute Objektivität nicht, und auch europäische und insbesondere amerikanische Sender (mit der oft starken Einflussnahme ihrer jeweiligen Besitzer) beurteilen Themen nach eigenen Moral- und Wertvorstellungen.
Trotzdem wurde Al Jazeera von verschiedenen Seiten als stark beeinflusst und einseitig dargestellt. Je nachdem, von welcher Seite der Vorwurf kam, wurde Al Jazeera als Medium Saddam Husseins, der Al-Qaida, des Mossad oder der CIA bezeichnet. Von der amerikanischen Regierung ist bekannt, dass sie mehrfach versuchte, die Berichterstattung von Al Jazeera zu beeinflussen. Sowohl im Irak als auch in Afghanistan wurden die Büros der Al Jazeera durch die Amerikaner bombardiert, und dies, obwohl die USA über die genaue Lage der Büros informiert gewesen waren. Dies nährte Spekulationen, die Bombardierung sei absichtlich erfolgt.
Auch arabische Länder fühlen sich durch die Berichterstattung von Al Jazeera oft vor den Kopf gestossen. Die saudische Regierung versuchte mehrmals erfolglos, die Mehrheit an dem Sender zu erwerben. Mittlerweile ist saudischen Firmen das Schalten von Werbung bei Al Jazeera verboten. Des Weiteren hat Al Jazeera seit diesem Jahr in Bahrain und Marokko ein Arbeitsverbot. In Marokko wurde sogar die Ausstrahlung unterbunden. Beiden Fällen waren kritische Berichte über Missstände vorausgegangen.
Man könnte aus diesen Vorwürfen die Schlussfolgerung ziehen, dass Al Jazeera in der Vergangenheit einigen Interessengruppen auf die Füsse getreten ist, gerade weil die Berichterstattung recht unbeeinflusst und wahrheitsgetreu war. Ein bekanntes arabisches Sprichwort bringt es auf den Punkt: «Wenn du kritisiert wirst, dann musst du irgendetwas richtig machen. Denn man greift nur denjenigen an, der den Ball hat.»
In letzter Zeit werden allerdings Bedenken laut, dass Al Jazeera einer zunehmenden Islamisierung unterliege. Als jüngster Hinweis wird die kollektive Kündigung von fünf Moderatorinnen angeführt, welche die permanente Beanstandung ihrer Garderobe, welche als «zu wenig konservativ genug», bezeichnet wurde, nicht mehr hinnehmen wollten. Ob diese Sorge berechtigt ist, wird sich zeigen.
Ob in Japan, Südamerika oder auf der arabischen Halbinsel: Das Fernsehen bewegt die Menschen. Ohne ins Klischeehafte abzugleiten, kann man sagen, dass sich eine Gesellschaft in ihrem Fernsehen widerspiegelt. Japans Variety Shows schlachten die zahlreichen Tabus der japanischen Gesellschaft aus, die emotionstriefenden Telenovelas Südamerikas stehen für die hohe Bedeutung von Emotionen für viele Lateinamerikaner. Schlussendlich steht die auf Meinungsfreiheit beruhende, oft kritische Berichterstattung von Al Jazeera für die Bereitschaft bestimmter Kreise im arabischen Raum, mehr Demokratie und Meinungsfreiheit zuzulassen.
Das Programm «Management in Europe» kommt dank der guten Beziehungen zwischen der Universität St. Gallen und der Singapore Management University (SMU) zustande. Die Studierenden der HSG haben die Möglichkeit, ein Austauschsemester in Singapur zu absolvieren, ohne Pflichtkurse der HSG zu verpassen. Im Gegenzug können 25 asiatische Studierende die Universität St. Gallen besuchen und dabei das Programm «Management in Europe» absolvieren. Die Teilnahme an diesem Kurs steht im Frühlingssemester auch HSG-Studierenden der Bachelorstufe via Biddingverfahren offen.
Die Veranstaltung ist inhaltlich in zwei Module gegliedert. Das erste Modul «Services and Banking» eröffnet den Studierenden Einblicke in das Dienstleistungsmanagement sowie in das Bank- und Finanzwesen der Schweiz. Betreut werden diese Veranstaltungen von Prof. Christian Laesser, Dr. Joerg-Michael Gasda sowie von Dr. Patrick Scheuerle. Das Thema «Doing Business in Europe» und die dazugehörigen Rahmenbedingungen für die Unternehmenstätigkeit in der Schweiz und in Europa werden von Dr. Manuel Rybach aufgezeigt. Zudem wird Prof. Thierry Volery die Studierenden näher in seinen Forschungsbereich «Entrepreneurship» einführen.
Umrahmt wird dieses Lernen im Klassenzimmer von zahlreichen Gastreferaten, Unternehmensbesichtigungen und Ausflügen. Darunter fallen etwa ein Tagesausflug nach Luzern, die Wanderung zum Seealpsee oder die dreitägige Exkursion nach Lausanne und Genf mit Besichtigungen der WTO und der UNO. «Management in Europe» bietet also neben der theoretischen Ausbildung auch die Möglichkeit, interessante Gespräche mit Spezialisten aus der Praxis zu führen. Auf den Exkursionen und Unternehmensbesichtigungen wird Gelerntes veranschaulicht und vertieft.
Das Feedback von teilnehmenden Studierenden der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass diese Kombination von Theorie und Praxis sowie die Interdisziplinarität eine ganzheitliche Lernerfahrung ermöglichen. Darüber hinaus wird auch der interkulturelle Austausch zwischen den Studierenden als wichtiger Bestandteil der Veranstaltung erachtet. Das gesellschaftliche und kulturelle Rahmenprogramm soll diese Beziehungen nicht nur ermöglichen, sondern auch fördern.
Unter der Gesamtleitung von Prof. Thierry Volery wird der Kurs «Management in Europe» im Pflichtwahl- und Wahlbereich aller Majors angeboten. Ausgerichtet ist der Kurs primär auf Studierende des sechsten Semesters. Das Programm findet vom 29. April bis 27. Mai 2011 statt und wird mit 8 Credits gewichtet. Unterrichtssprache ist dabei Englisch. Da die Ausflüge einen integrativen Bestandteil des Programmes darstellen, wird eine Teilnahmegebühr von 500 Franken erhoben. Die Prüfungsleistung besteht aus einer schriftlichen Prüfung sowie einem Logbook, in welchem die Veranstaltung reflektiert wird.
Information
Weitere Informationen zum Kurs sind auf der Website des KMU-Instituts (http://www.kmu.unisg.ch) sowie im offiziellen Merkblatt (Kursnummer: 4,186,1.00) vorzufinden. Jederzeit können Fragen zur Veranstaltung auch an Remo Giger (Programmassistent, remo.giger@unisg.ch) gerichtet werden.