Wir wollen aus den Denkweisen der HSG ausbrechen», sagt Marlene Schenk, die sich zusammen mit fünf anderen Studierenden für das Event engagiert. Es werden 15 Speaker und 130 Teilnehmer – davon 10-15 von der Zeppelinuniversität Friedrichshafen – erwartet. Im Gegensatz zu den meisten anderen Konferenzen, Dahrendorf-Kolloquium 2012: Freiheit, Zukunft, Gesellschaft Symposien und Podiumsdiskussionen auf dem Rosenberg soll der Schwerpunkt des Kolloquiums nicht auf Networking und Recruiting liegen. Vielmehr steht der inhaltliche Austausch mit Diskussionspartnern aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft im Fokus.
Neben einem russischen Journalisten und einem türkischen Unternehmer werden auch ein österreichischer Medienprofi und zwei Schweizer Politiker Workshops halten. Dem Leitgedanken der Freiheit von Lord Dahrendorf folgend, werden den Speakern im Gegensatz zum letzten Kolloquium inhaltlich keine Vorgaben gemacht. Dadurch werden tatsächlich sehr unterschiedliche und kontroverse Standpunkte ihren Platz haben. Zeit dafür ist genug, obwohl die Veranstaltung nur Freitagabend und Samstag tagsüber stattfindet: Der Veranstaltungsort ist nämlich das nahgelegene Weiterbildungszentrum der HSG, wo am Samstag sieben Stunden ausschliesslich für Workshops und intensiven Austausch eingeplant sind.
Für die bereits laufende Bewerbung müssen die Studierenden neben der Einreichung eines Lebenslaufs zwei Fragen beantworten, die sich auf das Leitmotiv der Workshops beziehen. «Wenn man sich etwas Zeit nimmt, stehen die Chancen gut», fasst Marc Lipton die Aussichten auf Teilnahme zusammen.
Öffentliche Äusserung von Dissens.
Haben sich Protestformen seit 1945 stark verändert? Oder wird das soziologische Phänomen des Protests im Grunde immer ähnlich bleiben?Ich denke nicht, dass wir von starken Veränderungen sprechen können. Eher von einer Ausdifferenzierung und Professionalisierung. Zudem hat es das Internet, das alle Teilnehmer zu potenziellen Sendern macht, leichter gemacht Protest zu organisieren und zu artikulieren. Ob der Protest ähnlich bleiben wird, hängt nicht vom Protest alleine ab. Protest ist immer bezogen auf die politischen und sozialen Verhältnisse und auf die Strukturen der Öffentlichkeit. Wenn sich hier etwas fundamental ändert, dann ändert sich auch der Protest.
Medien (Pressefreiheit) und Proteste (Versammlungs- und Meinungsfreiheit) sind oft genannte Grundpfeiler einer Demokratie. Wie hängen diese zwei Pfeiler zusammen?Protest braucht Medien, um für ein Thema möglichst viel Aufmerksamkeit zu erzeugen. Daher sind Protestbewegungen darum bemüht, Ereignisse zu inszenieren, die in die Medienlogik passen und einen Nachrichtenwert haben. Solche Ereignisinszenierungen im Medienformat sind ein Zeichen für die Professionalisierung des Protests. Andererseits transformieren die Medien die Botschaften, um sie für ihr spezifisches Publikum interessant und konsumierbar zu machen. Daher gehört es zur Medienpolitik von Protestbewegungen auch, dass sie sich eigene Medien schaffen, seien es Live-Streams von Protestereignissen, Flugblätter oder Webseiten. Interessant erscheint mir vor diesem Hintergrund die Frage der begrenzten Regelverletzung und noch mehr der Gewalt. Medien berichten nämlich bevorzugt dann von Protesten, wenn es in ihrem Rahmen zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und Polizei oder zu nennenswerten Sachbeschädigungen gekommen ist. Der Wunsch der Medien (und ihrer Konsumentinnen und Konsumenten) nach Skandalisierbarem und das Aktionsrepertoire von Protestbewegungen beeinflussen sich hier gegenseitig. Ich kenne Aktivisten, die deshalb auch stillschweigend Aktionen des Schwarzen Blocks billigen, auch wenn sie sich offiziell von Gewalt distanzieren.
Welche Rolle hat also Gewalt für Protestbewegungen?Gewalt schafft natürlich auch kritische Ereignisse, durch die Bewegungen eine Identität bekommen oder sich radikalisieren können. Denken Sie an die so genannten Globuskrawalle, die die Situation in Zürich 1968 komplett veränderten, an den Tod von Benno Ohnesorg 1967 in Berlin, der ein Wendepunkt für die 68er-Bewegung in Deutschland war, oder an den Tod von Carlo Giuliani während des G8-Gipfels 2001 in Genua.
Interessant ist aber auch eine andere Frage: Welche Rolle spielt die Gewalt in sozialen Bewegungen für den Staat?Zu den nichtintendierten Effekten von Protestbewegungen gehört, dass sie dazu geführt haben, dass Polizei und Nachrichtendienste aufgerüstet haben. Denken Sie an die Anschaffung von Wasserwerfern in Folge der Proteste der 68er oder die Ausstattung der Polizei mit Gummigeschossen im Zuge der Jugendunruhen in den frühen 1980ern. Gewaltsamer Protest kann daher von staatlicher Stelle durchaus gewünscht sein, um in einer Güterabwägung Einschränkungen von Grundrechten zu rechtfertigen. Daher gibt es auch immer wieder Gerüchte über Agents Provocateurs, die sich wie im Fall der 68er-Bewegung in der BRD teilweise als wahr erwiesen haben.
Kann man im Zusammenhang mit dem Internet und Social/New Media von einer «Verbequemlichung» des Protests sprechen?Es lässt sich ja heutzutage von der Couch aus eine Onlinepetition ausfüllen oder seine Meinung auf Facebook oder Twitter massenwirksam kundtun. Die Hürde, Protest zu artikulieren, ist dadurch sicher kleiner geworden. Aber Ihre Frage klingt so, als müsse es mit grosser Anstrengung verbunden sein, Kritik öffentlich zu äussern, damit sie glaubhaft ist. Der Punkt ist hier: Es mag leichter geworden sein, Dissens zu artikulieren. Aber weil so viele die Möglichkeit haben, sich zu allem Möglichen zu äussern, ist es auch viel schwieriger, Aufmerksamkeit dafür zu erzeugen. Eine einzelne Äusserung auf Twitter oder Facebook interessiert doch nur eine sehr kleine Anzahl von Menschen und wird im Strom der anderen Meldungen davongespült. Damit Aufmerksamkeit im Netz entstehen kann, müssen viele Menschen etwas Ähnliches tun. Und das zu organisieren und zu orchestrieren, ist wieder eine Menge Arbeit und Engagement von vielen Einzelnen.
Glauben Sie, dass der Arabische Frühling auch ohne die Hilfe von Twitter, Facebook und Co. in der Form stattgefunden hätte?Zum Arabischen Frühling: Ehrlich gesagt – keine Ahnung. Da gibt es solche und solche Meinungen. Interessant finde ich eher, dass das Internet und die sozialen Medien in den letzten Jahren selbst zum Politikum geworden sind. Das ist im Grunde nicht neu: Auch früher haben sich Proteste gegen Medien gerichtet, denken Sie an die Anti-Springer-Kampagne der deutschen 68er-Bewegung. Aber die Situation ist heute natürlich eine andere: Facebook und Twitter stellen selbst keine Inhalte zur Verfügung und haben eher das Image, eine Plattform zu sein, auf der jeder seine Meinung frei äussern kann. Einerseits wegen der Erfahrungen im Arabischen Frühling (Internetabschaltungen, Sperrung sozialer Netzwerke), aber auch wegen ihres Datenhungers und der Gerüchte über Backdoors für amerikanische Sicherheitsbehörden hat die Reflexion darüber begonnen, was es bedeutet, dass kritische Öffentlichkeit über die Plattformen und Server von weltweit sehr wenigen privaten Unternehmen hergestellt wird. Die Strukturen des Internets sind daher selbst zum Thema einer Protestbewegung geworden. In ihrer Folge wird sich meiner Meinung nach die Bewegung hin zu dezentralen sozialen Netzwerken, die sich Abschaltung, Zensur und staatlicher Überwachung weitgehend entziehen, verstärken.
Wie wird ein Protest in 50 Jahren aussehen?Warten wir’s ab!
Über Prof. Scharloth
Joachim Scharloth ist Professor für Germanistische Linguistik an der Dokkyo Universität in Tokyo. Soeben ist der von ihm mitherausgegebene Sammelband «The Establishment Responds: Power, Politics and Protest since 1945» (Palgrave 2012) erschienen. Auf seinem Blog erklärt er Methoden des politisch motivierten Internet-Monitorings.
Einige Hundert waren im letzten Jahr im Backstage dabei, als, wie das Manager Magazin schrieb, «sich die Professorenband der Universität St. Gallen nicht mit Besinnlichkeiten aufhielt » und «Musik zum Füssewippen und Fäusterecken» machte.
Am Mikrofon von «No Business» steht Prof. Kuno Schedler, der stimmlich alle romantischen Nuancen des Robbie- Williams-Klassikers «Angels» ausloten kann. Ansonsten lehrt und forscht er im Feld des New Public Management. Prof. Winfried Ruigrok, an der HSG für das internationale Management und die Executive School zuständig, leiht seine begnadete Rockstimme dem Song «Seven Nation Army». Oliver Gassmann, Professor für Innovationsmanagement, pflegt die fast vergessene Kunst des Drum- Solos. An den Keyboards benutzt der Ex-HSGler und heutige ETH-Prof. Georg von Krogh auch die schwarzen Tasten, um dem Mando-Diao-Hit «Dance With Somebody» einen funky Groove zu verpassen. Wie man sich vorstellen kann, ist es mir eine ausserordentliche Freude, dieses Quartett an der Gitarre begleiten zu dürfen.
Wer «No Business» einmal fern von den Vorlesungen im Audimax erleben möchte, dem bietet sich am 28. März anlässlich der Semester-Break-Party im «Elephant» die Gelegenheit. Wir werden gegen 23.00 Uhr die Bühne betreten und freuen uns schon sehr auf eine super Party.
Wie viel Geld wäre es dir wert, dass nicht mehr alle drei Sekunden ein Kind stirbt, sondern nur noch alle vier? Würdest du als CEO eines SMI-Konzerns in der Krise zuerst an repräsentativen Dienstwagen sparen oder an den unprofitablen Brunnenprojekten deiner CSRAbteilung?
«What is the price of a life?», fragte Hans Herren, Präsident des Millennium Institute, bereits auf dem Podium der Konferenz 2010 zum Thema «Climate Change and Social Order» – und er ahnte wohl kaum, dass er damit eine Schlüsselfrage der diesjährigen Veranstaltung zum Thema «Facing Global Water Scarcity » formulieren würde.
Maria Mutagamba, Ministerin für Wasser und Umwelt der Republik Uganda, stellt sich diese Frage hauptberuflich. Als Ministerin eines schwer von Wassermangel betroffenen Landes und als Präsidentin der afrikanischen Wasserministerkonferenz wird sie uns an der Abschlussveranstaltung den Spiegel vorhalten. Wenn sie dann ab 15.30 Uhr im grellen Scheinwerferlicht des Audimax sitzen wird, sollten auch wir uns der Tatsache bewusst werden: Wir können uns nicht länger verstecken! Blickt man nämlich auf die letzten drei Jahrzehnte zurück, so müssten es unsere Eltern und wir sein, die im Spotlight zu stehen haben.
In den letzten Jahrzehnten einer rasanten Globalisierung haben wir, die Gesellschaften der westlichen Industriestaaten, unseren Wohlstand in ungeahnte Höhen getrieben. Dennoch sind wir bis heute nicht im Stande, den Ursachen und Auswirkungen weltweiter Wasserverknappung entgegenzuwirken. Heute sind etwa 1.6 Milliarden Menschen von Wasserknappheit betroffen. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung, 2050 könnten bereits sieben Milliarden Menschen von Wasserknappheit betroffen sein. Im Rahmen einer Akteursanalyse wird «Challenge the Best» hinterfragen, wie Staaten, NGOs, die Privatwirtschaft oder auch jeder Einzelne von uns zur Linderung des Problems beitragen können – oder es hätten tun sollen.
«We failed, definitely. We terribly failed» – das gestand Ian Johnson, Generalsekretär des «Club of Rome», im Gespräch mit dem studentischen Organisationsteam vor wenigen Wochen ein. Als ehemaliger Vizepräsident der Weltbank dürfte er der Panikmache unverdächtig sein und drängt uns zugleich die nächste von so vielen offenen Fragen auf: «Why did we fail?»
Womöglich wird uns Prof. Dr. Alexander Likhotal am Montag Antworten geben können. Nicht nur als Präsident des in Kyoto gegründeten Green Cross International, sondern auch als enger politischer Berater Mikhail Gorbatschows wird er sich unseren Fragen stellen.
Ende Februar – die winterlichen Temperaturen und der Schnee weichen den ersten Vorboten des Frühlings – besuchen wir Miriam Meckel in ihrer Wohnung am Rosenberg, nicht einmal fünf Minuten von der Uni entfernt. Im zweiten Stock werden wir von der Professorin für Corporate Communication empfangen und in die gute Stube gebeten.
Die geräumige Wohnung strahlt sofort einen ungemeinen Charme aus, der nicht zuletzt von den speziellen Möbeln ausgeht. Viele davon lassen sich mit den Worten rustikal oder antik nur ansatzweise beschreiben. Ein Buffet aus Holz mit marmorner Einlegeplatte, die – wie Miriam Meckel uns später versichern wird – schon vor ihrem Erwerb im Trödelladen einen Sprung hatte, ein Grammofon mitsamt Schallplatten, die sie Gästen aber kaum je zumuten wolle, oder aber zwei hellbraune Ledersessel, in denen man schlicht zu versinken droht, was aber mehr als nur gemütlich ist. In diesen Sesseln lassen wir uns nieder und bitten die Dozentin zum Interview.
Ihre Hochschulausbildung durchlief Miriam Meckel in einer – wie sie selbst sagt – «wilden» Fächerkombination. «Ich studierte Kommunikationswissenschaften, Sinologie, Politikwissenschaften und Jura, wobei ich immer Journalistin werden wollte.» Ihr damaliger Traumjob sei Auslandskorrespondentin in China gewesen, was dann aber nicht geklappt hat. Erste internationale Erfahrungen sammelte sie in Taiwan, wo sie studierte und als freie Journalistin sowie in der Unternehmenskommunikation eines Grosskonzerns tätig war. 1994 promovierte sie schliesslich in Deutschland, bevor sie sich den Medien – insbesondere dem Fernsehen – verschrieb.
Mehrere Jahre lang arbeitete sie bei diversen öffentlich-rechtlichen, aber auch kommerziellen Sendern im grossen Nordkanton. Parallel dazu hatte sie eine Vertretungsprofessur in Münster inne, wohin sie schliesslich auch als ordentliche Professorin berufen wurde. Ab dem Jahr 2000 war Miriam Meckel eine Legislaturperiode lang Regierungssprecherin und Staatssekretärin für Medien, Europapolitik und Internationales des Landes Nordrhein-Westfalen. Diese Zeit sei für sie eine Spannende gewesen, aber ein solches Amt sei auch ein 24/7- Job, in dem man eine gewisse politische Linie zu vertreten habe. Nach Ablauf der Legislaturperiode wandte sie sich wieder der Wissenschaft zu und kam 2005 ans Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement der Universität St. Gallen.
«Hingezogen zur Wissenschaft hat mich vor allem das tiefgründigere und längere Arbeiten an Fragen, welche die Gesellschaft, aber auch mich persönlich interessieren, und die damit einhergehende Freiheit», begründet die Professorin ihren neuerlichen Wechsel. Insbesondere der Tagesjournalismus habe aber auch seine Vorteile gehabt. Am Abend einfach den ganzen Papierstapel zu nehmen und in den Papierkorb zu werfen, das habe auch seine schönen Seiten. «Schauen Sie sich jetzt meinen Schreibtisch an: Es gibt Projekte, die jahrelang da liegen und immer griffbereit sein müssen.»
Trotz der vielen Reisen, die berufsbedingt notwendig sind, ist St. Gallen zum Lebensmittelpunkt von Miriam Meckel geworden. Ihre Wohnung am Rosenberg, aber auch die Stadt sind für die Dozentin ein echtes Refugium. Nach einem längeren Auslandaufenthalt freue sie sich denn auch immer, in die eigenen vier Wände zurückzukehren. «Trotz dem momentanen Karnevalslärm ist St. Gallen im Vergleich zu vielen anderen Orten, an denen ich arbeite, sehr ruhig», schildert sie die Vorzüge. Ein solcher ist auch die Möglichkeit, die Treppe hinunterzugehen und in zwei Minuten bei der Arbeit zu sein oder in der Stadt schnell etwas einkaufen zu können.
Was die Einrichtung angeht, bezeichnet sich Miriam Meckel selbst als «unglaublich traditionalistisch». Praktisch alles in ihrer Wohnung sei alt. Besonders hängt sie an dem Buffet mit Marmorplatte, das schon etliche Umzüge mit ihr mitgemacht hat, ebenso wie an den rissigen Ledersesseln. Neueinkäufe sucht man bei ihr vergebens. Schliesslich fällt ihr doch noch etwas ein. Im Nebenraum zeigt sie uns zwei Repro-Abzüge aus dem Fundus der New York Times. «Das eine Foto zeigt Alexander Graham Bell beim ersten Telefongespräch zwischen New York und San Francisco, das andere Albert Einstein beim Erläutern seiner Relativitätstheorie im Kreise verdattert blickender Wissenschaftler», erklärt uns Miriam Meckel die Bilder. Sie selbst ist auch leidenschaftliche Fotografin. Von einfachen Schnappschüssen mit dem iPhone über Experimente mit Polaroid- Modulen bis hin zu Ablichtungen mit der Spiegelreflexkamera kann sie sich für alles begeistern. So versucht sie denn auch auf Geschäftsreisen immer wieder, sich einen Moment für sich und ein paar Fotografien zu nehmen.
Als wir uns zurück ins Wohnzimmer begeben, meint die 44-Jährige mit einem Lächeln: «Ansonsten sind die einzigen regelmässigen Neuanschaffungen bei Möbeln Bücherregale», weil der Lesestoff in den eigenen vier Wänden stetig zunimmt. Dabei handelt es sich aber nicht nur um wissenschaftliche Publikationen, sondern auch um Romane zur Entspannung. Abends nach der Uni entspannt sich Miriam Meckel oft in ihrer Wohnung bei einer Tasse Kräutertee und einem guten Buch. «Manchmal gehe ich aber auch ins Kino oder treffe mich nochmals mit Freunden. Nur zum Laufen bin ich abends meist zu faul.»
In einer anderen Ecke der Wohnung steht ein Grammofon, das auch tatsächlich noch funktioniere. Die dazugehörigen Freddy-Quinn-Platten mit den Titeln «Heimweh» und «Sie hiess Mary Ann» ertönen in der Wohnung aber eher selten, vor allem, weil die meisten Besucher nicht wahnsinnig Lust hätten, sich diese anzuhören. Früher machte Miriam Meckel auch selbst Musik und spielte Posaune. Dazu fehlt heute aber die nötige Zeit: «Musikmachen liegt momentan wegen der Arbeitsbelastung etwas brach.» Gerne schaut sie sich aber zwischendurch auch Filme an. So interessieren sie vor allem Streifen, die sich der Beziehung Mensch–Maschine widmen. Für einen Kurs hat sie sich kürzlich wieder Filme wie «Odyssee im Weltraum », «eXistenZ», «Minority Report» oder «Matrix» angesehen. Gleichzeitig bekennt sie sich aber auch zu Fernsehserien: «Das Erste, was ich mache, wenn ich in den Staaten ankomme, ist herauszufinden, wo und wann ‹Criminal Minds› läuft.» So spielt sie auch mit dem Gedanken, sich Digital-Fernsehen anzuschaffen, um in die globalen News- Programme oder ihr Lieblingsgenre – Krimis – reinschauen zu können.
Manchmal nach einem langen Arbeitstag habe sie einfach das Gefühl, ausgeredet zu haben. Dieses Bedürfnis nach absoluter Ruhe werde dann auch durch die Wohnung verkörpert. Wenn sie gezwungen wäre, umzuziehen, stünden auf Miriam Meckels Liste alternativer Wohnorte Zürich, das vor allem eine lebhafte kulturelle Szene besitzt, oder Luzern mit seinen einzigartigen Postkartensujets. Bis vor ein, zwei Jahren habe sie immer die Möglichkeit gesehen, in den Vereinigten Staaten zu leben. Heute fühle sie sich stärker als Europäerin und glaubt, hierher zu gehören. «Was ich aber gerne hätte, wäre ein kleines, simples Häuschen in Marathon, Texas, um dort ab und an ein paar Wochen zu verbringen, ein Buch zu schreiben und meine Gedanken in der wunderbar bergigen Wüstenlandschaft zu ordnen.» Auf die Frage, was sie mit einem beliebig hohen Geldbetrag machen würde, meint sie denn auch: «Gäben Sie mir 100’000 US-Dollar, würde ich mir dieses Häuschen kaufen, mit 100 Franken ginge ich ins Rösslitor.»
Wir fragen die Professorin auch nach ihren eigenen Stärken und Schwächen. Manchmal sei sie etwas undiszipliniert, schlafe beim Lesen einfach ein oder widme sich zu ausgiebig ihrer Leidenschaft: den Erdnüssen. «Eine weitere Schwäche ist, dass ich ungeduldig sein kann – gelegentlich auch im Team, wo jedoch jeder nach seinem Tempo arbeiten sollte, um gute Resultate zu erzielen», erläutert uns Miriam Meckel selbstkritisch. Als Stärke sieht sie ihre kommunikative Art, ihr Organisationstalent und die Möglichkeit, einfach abschalten zu können. So habe sie gelernt, sich nach einer stressigen Vorlesung einfach mal ein paar Minuten hinzulegen und sich zu erholen.
Beim abschliessenden Blick in die Kristallkugel sieht sich Miriam Meckel übrigens auf einer kleinen Holzterrasse ihres Häuschens in Marathon, das sie bis dann gefunden haben wird, mit einer Margarita in der Hand und an ihrem Buffet lehnend beim Geniessen der Abendsonne über den Wüstenbergen.
Es war Lernphase und da ist Disziplin ja bekanntlich alles. Von morgens bis abends war man an der Uni, aber essen muss der Mensch ja auch mal. Darum entschied ich mich, während dieser entbehrungsreichen Zeit mir ab und an was Gutes zu tun und mein Mittagessen von zu Hause mitzubringen, was auch meinen strapazierten Geldbeutel etwas entlasten sollte. Als sich meine Bücher vor meinen Augen in Essen verwandelten, war es an der Zeit, mit Freunden in die Mensa zu gehen, um gemeinsam zu Mittag zu essen. Ein paar brachten sich ihr Essen brav selbst mit, die anderen durften sich mit dem Mensaessen begnügen. Kaum hatten wir ein paar Bissen hinuntergeschluckt, wurden wir freundlich, aber bestimmt darauf hingewiesen, in Zukunft selbst mitgebrachtes Essen nicht mehr in der Mensa zu konsumieren.
Dass man während der Mittagszeit die Mensa nicht als Lernzone nutzen soll, ist vollkommen nachvollziehbar. Aber in einer Uni-Mensa nicht das eigene Sandwich essen zu dürfen, fügt sich leider nur allzu gut in das elitäre HSGBild ein.
Natürlich ist mir klar, dass es sich bei unserer Mensa um ein «Migros- Restaurant» handelt, das sich nur zahlende Gäste wünscht. Trotzdem, die Universität ist ein Ort für Studierende, dazu gehört auch die Mensa. Klar darf es nicht sein, dass ausschliesslich Selbstmitgebrachtes verzehrt wird. Doch wenn es ausreichend freie Plätze gibt und man mit Freunden, welche zu den vorbildlich zahlenden Gästen gehören, gemeinsam zu Mittag isst, sollte dies doch kein Problem sein.
Sonst bleiben nur noch zwei Möglichkeiten: Sich ausschliesslich Freunde suchen, die öfters mal ihr Essen selbst mitbringen, oder den Durchgang beim Kicker zur Picknickzone erklären und seinen Freunden durch die Glastür winken.
Wie jedes Mal zu Semesterbeginn flattert das Sportprogramm der HSG zu Hause in den Briefkasten. Der Unisport lockt mit Bodypump, Zumba, Golf, Tennis, Fussball, Yoga, Basketball, Lacrosse und vielem mehr. Hinter diesem vielfältigen Angebot steckt jede Menge Organisation. Das weiss auch Isabel Lendenmann, die seit vier Jahren im Sekretariat des Unisports arbeitet. Frühmorgens werden wir von ihr im Sportbüro mit einer ansteckenden Lebhaftigkeit empfangen. Es wird viel gelacht.
Ursprünglich kommt Isabel Lendenmann aus der Reisebranche. Als professionelle Handballspielerin war sie jedoch schon immer leidenschaftliche Sportlerin. Nachdem sie ein Jahr in Holland Vollzeit Handball gespielt hat, ist sie zurück in die Schweiz und so zum Unisport an der HSG gekommen. Im Sportbüro bearbeitet sie hauptsächlich Anfragen von Studierenden, welche sich zu Beginn des Semesters für Sportkurse anmelden möchten oder sonstige Fragen haben. Gemeinsam mit den Sportlehrern wird das Sportprogramm zusammengestellt. Dabei werden auch Trends von überall auf der Welt aufgegriffen. So zum Beispiel auch Parkour und Slackline. Ab dem Herbstsemester wird voraussichtlich auch Bogenschiessen angeboten. Gegenüber Vorschlägen von Studierenden ist man im Sportbüro offen und unterstützt umsetzbare Ideen. Bei der Frage, ob es auch Grenzen gibt bezüglich des Sportprogramms, lautete die Antwort: «Zum Beispiel beim Planking. Es gab interne Diskussionen, ob wir diese Sportart ins Programm aufnehmen sollen, weil es noch cool war. Wir sind dann jedoch zum Schluss gekommen, dass es zu gefährlich ist. Studierende können auf weiss Gott was für Ideen kommen. Wenn etwas passiert, wer haftet dann?»
Das Unisport-Programm hat Isabel Lendenmann selbst auch schon ausprobiert. Obwohl sie nicht mehr jeden Tag trainiert, geht sie gerne mal über den Mittag in den Kraftraum. Die Rückmeldungen von Seiten der Studierenden über das vielfältige Sportprogramm sind grösstenteils positiv. Dies drückt sich auch in den steigenden Teilnehmerzahlen aus. Seit die Sporthalle wieder an den Campus angegliedert ist, können Studierende viel spontaner entscheiden, ob sie einem Trainingsprogramm folgen möchten, da nicht mehr für jedes eine Anmeldung erforderlich ist. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass der Kraftraum zu Stosszeiten recht überfüllt ist und es zwischen den ganzen Muskelmännern ziemlich eng werden kann. Reklamationen gehen eher selten ein. Ab und zu beschweren sich Studierende über defekte Geräte oder über kurzfristige Ausfälle von Unterrichtsstunden. Insgesamt beurteilt Isabel Lendenmann die Fitness der HSG-Studierenden äusserst positiv. Die Lieblingssportart ist nicht, wie man erwarten würde, Golf, sondern – aber auch wenig überraschend – Tennis. Bereits am ersten Tag des neuen Semesters waren in wenigen Stunden schon viele Kurse ausgebucht. Bei den Männern stehen vor allem Spielsportarten wie Fussball oder Unihockey und bei den Frauen Group Fitness wie Bodypump hoch im Kurs.
Aber jetzt mal ehrlich: So überfüllt wie die Bibliothek zum Teil ist, kann man sich nur schwer vorstellen, dass sich die Studierenden von der gemütlichen Atmosphäre loslösen können, um etwas für ihren Körper zu tun und weniger für den Geist. Diesen «Bib-Potatoes» empfiehlt Isabel Lendenmann ein kurzes, aber intensives Training, auch wenn es nur 30 Minuten sind. Dadurch kann die Konzentration enorm gesteigert werden und man fühlt sich wieder frischer. Wer dem aktiveren Teil angehört und vielleicht sogar selbst regelmässig eine Sportart ausübt, hat die Möglichkeit, mit einer entsprechenden Ausbildung (zum Beispiel dem J+S-Kurs) diese als Trainingsleiter beim Unisport zu unterrichten. Tatsächlich sind die meisten Trainingsleiter Studierende. Aber auch Sportlehrer, welche von ausserhalb kommen, geniessen es, mit jungen Menschen zusammenzuarbeiten.
Eine andere interessante Frage, die wir Isabel Lendenmann gestellt haben, war: Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, Campus Credits auch für den Unisport einzuführen? Die Antwort, die wir bekommen haben, war für uns recht überraschend, denn das war wirklich bereits ein Thema im Sportbüro. Der Sportlehrer Daniel Studer hat in den Vereinigten Staaten verschiedene Universitäten besucht, welche dieses Konzept verfolgen. «Die Studierenden werden da viel mehr in den Unisport eingebunden und arbeiten mit.» Genauere Angaben zu diesem Thema kann uns Isabel Lendenmann jedoch nicht machen. Aus diesem Grund wenden wir uns mit dieser Frage an Leonz Eder, den Leiter des Unisports, welcher gegen Ende des Interviews den Raum betritt. «Wir haben das Thema schon ein paar Mal in den entsprechenden Gremien vorgebracht. Es ist aber auf Seiten der Studentenschaft nicht unbedingt begrüsst worden, was für uns sehr erstaunlich war. Ich hatte irgendwie den Eindruck, dass die Studentenschaft andere Bereiche gefährdet sah, wenn es auch für den Sport Campus Credits geben würde.» Vor zwei bis drei Jahren waren die Reaktionen des Rektorats verhalten. Trotzdem werde das Anliegen, welches ursprünglich von einer Handvoll engagierter Wasserballspieler kam, weiterverfolgt. Wir dürfen gespannt sein.
Zum Schluss möchten wir noch wissen, was Isabel Lendenmann den HSGStudierenden auf ihren Weg mitgeben möchte. «Die Chance, überhaupt von einer so grossen Palette an Trainingsmöglichkeiten auswählen zu können. Diese einmalige Möglichkeit hat man nur an einer Uni.»
Prof. Vito Roberto: Einerseits soll ein Einblick in die massgeblichen Gebiete der Universität gegeben werden. Gleichzeitig soll geprüft werden, inwiefern Studierende die Fähigkeit haben, das spätere Studium erfolgreich zu absolvieren. Wir sprechen hier von Orientierungsziel und Selektionsziel.
Dann steht die Wissensvermittlung also gar nicht im Mittelpunkt?Das ist mit dabei. Es soll ein Überblick der an der HSG gelehrten Fächer sowie der verschiedenen Prüfungsformen gegeben werden. Auch Studierende der VWL sollten gewisse Grundlagen der BWL und des Rechts kennen.
Das sind jetzt die fachlichen Fähigkeiten. Ist Stresstoleranz nicht auch ein Ziel? Sollte ein Studium nicht so möglich sein, dass man nebenbei noch Geld verdienen oder sich in einer Initiative engagieren kann?Stimmt. Unser Fokus richtet sich auch auf Arbeitseffizienz. Leistung ist bekanntlich Arbeit durch Zeit. Leute, die beispielsweise neben dem Studium noch arbeiten, müssen ihr Leben eben optimieren, was wir ja alle machen. Ein Studium sollte ja nichts sein, was man nebenher macht.
Was wird sich an der Struktur des Assessmentjahres ändern?Die Hauptänderung betrifft die Dreifachführung. Ab Herbstsemester 2013 wird es zwei so genannte Kohorten mit deutschsprachigem Unterricht geben und eine englischsprachige Kohorte. Es wird ausserdem nicht mehr möglich sein, den Montag unterrichtsfrei zu halten. Zumindest am Nachmittag wird es Kurse geben. Auch bei der Zulassung ändert sich etwas: Für ausländische Bewerbende wird der Ersatz der HSG-Zulassungsprüfung durch einen externen Nachweis wie GMAT, GRE und LSAT grundsätzlich nicht mehr möglich sein. Einzig Bewerbende mit einem Wohnsitz ausserhalb Europas sind von dieser Regel ausgenommen.
Soll die HSG durch Einführung der englischsprachigen Kohorte internationaler werden?Wir ermöglichen Studierenden zum ersten Mal, vom ersten Studienjahr an auf Englisch zu studieren. Diese Möglichkeit ist primär aber nicht für die ausländischen Studierenden gedacht; es geht vielmehr darum, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Studierenden durch den Unterricht in englischer Sprache und den Kontakt mit ausländischen Studierenden zu fördern. Momentan gehen wir davon aus, dass der grösste Teil der Studierenden weiterhin aus dem deutschsprachigen Raum kommen wird.
Was wird sich inhaltlich ändern?Es wurden gewisse Verbesserungen gemacht. Die Anzahl der Prüfungen reduziert sich und der Buchhaltungsnachweis wird künftig obligatorisch durch das Bestehen der HSG-Buchhaltungsprüfung erbracht werden müssen. Im Übrigen wird es eine neue Veranstaltung, das Integrationsprojekt, geben. Betriebswirtschaftliche, volkswirtschaftliche und juristische Elemente sollen kombiniert werden.
Wird sich dabei die Arbeitsbelastung der Studierenden nicht nochmals erhöhen?Die neue Veranstaltung wird in einem Umfang von vier Credits sein. Genau wie die jetzige BWL-Fallstudie sind als Prüfungsleistung eine schriftliche Arbeit und ein Korreferat angedacht. Die Interdisziplinäre Problemlösung als eigenständige Veranstaltung fällt aber weg. Insgesamt bleibt die Arbeitsbelastung des Assessmentjahres bei 60 zu erwerbenden Credits also gleich.
Wie wird die HSG mit den wachsenden Zahlen der Studierenden umgehen?Wir wissen gar nicht, ob die Studierendenzahlen weiter steigen werden. In den letzten Jahrzehnten verzeichneten wir zwischendurch auch Abwärtstrends, die uns fragen liessen: «Was machen wir mit den Gebäuden, wenn wir immer weniger Studierende haben?» In den letzten Jahren sind wir allerdings stark gewachsen. Dies wollen wir in den Griff bekommen. Das Ziel ist eine Stagnation oder ein Wachstum bei leichtem Feuer, also ein jährlicher Zuwachs von höchstens zwei bis drei Prozent.
Bisher war dieser Zuwachs aber weitaus stärker als drei Prozent.Das schon. Aber wenn man die Zahlen genauer anschaut, sieht man den grössten prozentualen Zuwachs bei den Neueintritten der Masterstufe. Dort liegt das Hauptproblem, weniger beim Assessment. Das Assessmentjahr ist im Übrigen weniger problematisch wegen der Zahlen, sondern wegen der grossen Klassen. Durch die Dreispurigkeit wird sich dies entschärfen. Sodann hoffen wir, dass die Dozierenden die strukturellen Neuerungen zum Anlass nehmen, auch den Veranstaltungsinhalt auf Verbesserungsmöglichkeiten hin zu überprüfen. Insgesamt kann man also sagen, dass sich sowohl das Betreuungsverhältnis als auch der Inhalt des Assessmentjahres verbessern wird.
Die Änderungen der Assessmentstufe im Überblick
– drei Kohorten, eine davon zu 100 % in Englisch
– weniger Prüfungen
– neues Integrationsseminar mit vier Credits statt BWL & IPL
– freier Montag fällt weg
– Buchhaltung wird obligatorisch für alle Studierenden
– LWA wird konkreter auf Schreibkompetenz ausgerichtet werdenDie Einbindung von Studierenden bei der Planung erfolgt über die Fokusgruppe Assessment der SHSG.
Der Ansturm auf Schweizer Universitäten steigt stetig – speziell auf Masterebene. Diesen Druck spürt man definitiv auch an der HSG, was dazu führt, dass bereits zwei spezialisierte Masterprogramme (SIM und MBF) existieren, deren Zugang durch erweiterte Selektionskriterien wie z.B. den GMAT beschränkt ist. Um den HSG-Bachelor- Absolventen eine ideale Vorbereitung zu bieten und sie beim Bewerbungsprozess für die beliebten Masterprogramme zu unterstützen, bietet die Studentenschaft seit diesem Semester professionell durchgeführte Vorbereitungskurse für den GMAT an. Die inhaltliche Leitung übernimmt dabei Nicholas Barnard, der bereits seit über sieben Jahren die Vorbereitungskurse des HSG MBA Programmes durchführt. Die Kurse dauern je zwei Tage und werden zum Selbstkostenpreis von Fr. 150.- inklusive Lehrmittel angeboten.