Fast eine Stunde Zugfahrt dauert es bis ins traute Heim von Simon Pfister im Städtchen Effretikon zwischen Winterthur und Zürich. Für die Aussicht von seiner gemütlichen Dachwohnung, die er mit seiner Frau bewohnt, lohnt sich die lange Anfahrt jedoch auf jeden Fall: Gemütlich auf der Wohnzimmer-Couch sitzend sind die Berge fast zum Greifen nahe. «Besonders im Sommer auf dem Balkon mit Blick auf die Berge zu frühstücken ist wunderschön», schildert Pfister.
Dieser Bergblick ist für ihn ein «Muss», vielleicht deshalb, weil die Berge schon immer dazugehörten. Seine Wurzeln hat Pfister nämlich in einem kleinen Dorf mitten in den Schweizer Bergen. Ganz nah an der Natur, umgeben von Bergbauern, wuchs er auf, bis es ihn hinauszog in die weite Welt. Erst an die Universität St. Gallen, dann weg von der Schweiz, bis nach Hongkong. Aber am Ende führte sein Weg doch wieder zurück in die Heimat – und zurück an die HSG.
Seit zwei Jahren ist er BWL-Lehrbeauftragter im Assessmentjahr und leitet eine BWL-Übungsgruppe. Tendenziell zieht er die Übungsgruppe vor, weil er enger mit den Studierenden zusammenarbeiten kann. Nebenbei drückt er auch selber als Doktorand noch einmal die Schulbank. Wenn er nicht gerade Vorlesungen hält oder Übungsgruppen leitet, ist er meistens im ACA-Institut zu finden. Genauer gesagt im dritten Stock, hoch über den Dächern von St. Gallen, gleich neben der Kaffeemaschine und nur zwei Schritte von der Dachterrasse – auch mit einer grandiosen Aussicht – entfernt. Hier fühlt er sich sichtlich wohl – nur ein paar Pflanzen fehlen noch, um ihn wunschlos glücklich zu machen. Die grünen Vertreter sind, neben den Bergen, seine zweite Leidenschaft – um die 30 Stück bevölkern seine Wohnung. Auch wenn er zugibt, dass eher seine Frau den grünen Daumen hat.
Der Wechsel zum Flachbild-Fernseher wurde nur deshalb noch nicht in Angriff genommen, weil auf dem Fernseher schon seit 20 Jahren eine prachtvolle Grünlilie haust. «Jetzt sind wir ein wenig beunruhigt, dass sie uns einen Standortwechsel doch ein wenig übel nehmen würde.» Also bleibt der antiquierte Fernseher – und das grüne Familienmitglied wächst glücklich weiter. Auf dem Balkon gibt es sogar einen kleinen persönlichen Gemüsegarten. Der Salat wächst selbst da, wo er eigentlich gar nicht wachsen sollte, nur die Peperoni streikt angesichts der Schweizer Temperaturen.
Nebst glücklichem Salat – und nicht ganz so glücklicher Peperoni – ist der Balkon auch die Heimat eines Geburtstagsgeschenkes der anderen Art. Zum 40. Geburtstag gab es gerade eine nagelneue Fotovoltaikzelle, die schon fleissig Strom produziert – an sonnigen Tagen bis zu einer Kilowattstunde. «Für eine Waschmaschinenwäsche reicht das schon», klärt uns Pfister auf. Simon Pfister ist sichtlich stolz auf sein kleines Kraftwerk – und er hat schon grosse Pläne für den nächsten Geburtstag. Im Moment kommen die Pfisters gut ohne Auto aus. Aber im nächsten Jahr soll es zum Geburtstag ein Elektroauto geben: Das Model X von Tesla, samt Probefahrt im Werk in Kalifornien. Vorausgesetzt, das Auto gibt es bis dann, ansonsten ist da ja immer noch der 42. Geburtstag. Bäume für Äthiopien
Das Nachhaltigkeits-Gen liegt in der Familie. Schon vor Jahren gründete seine Familie nach einem Urlaub in Äthiopien die Stiftung «Green Ethiopia». Die Organisation führt Aufforstungsprojekte im Hinterland des afrikanischen Staates durch. Mehrere Male im Jahr fliegt Pfister persönlich nach Äthiopien und überzeugt sich von den Fortschritten bestehender Projekte oder sucht neue Orte, an denen der Wassermangel die Landwirtschaft auf eigentlich fruchtbarem Boden unmöglich macht. Hier wird dann in enger Zusammenarbeit mit den «Locals» die vertrocknete Steppe in grüne Haine verwandelt: In Baumschulen werden Bäume vorgezogen und in der Trockenzeit werden Pflanzlöcher in den trockenen Boden der Hänge gegraben. Sobald es dann anfängt zu regnen, werden die Mini-Bäumchen eingepflanzt. Schon nach wenigen Jahren sind die kleinen Setzlinge zu stattlicher Grösse herangewachsen und schützen das Erdreich vor dem Austrocknen und vor Erosionen. Der Wassermangel geht dadurch stark zurück und im besten Fall sind sogar zwei Anbauperioden möglich.
Bäume pflanzen und im Team Projekte umsetzen, Menschen helfen – das begeistert Simon Pfister schon sehr lange. Schon von Kindesalter an ist er aktiver Cevianer. Heute heisst das eher Grossveranstaltungen mitorganisieren als im Wald campen: «Ich bin ja eigentlich schon viel zu alt», meint er ganz pragmatisch. Die Seil-Strickleiter, die er für seinen Patensohn machen soll, kriegt er aber noch gut hin. Nur ob er das Hochklettern riskieren soll, weiss er nicht so genau. Auch seine Lobeshymne auf die Schweizer Cervelat trägt Spuren aus Cevi-Zeiten: «Cervelat ist super – man kann sie nämlich, wenn es mit dem Feuer mal nicht so klappt, auch einfach so essen.»
Das Cevi-Lager im Wald mag er zwar grösstenteils aufgegeben haben, aber viel frische Luft muss trotzdem sein – am liebsten mit Wanderschuhen oder auf Skiern. Schon als Kind ging es mittwochs mit Schneeanzug in die Schule, dann um zwölf in den Zug und ab auf die Piste. Dafür, dass Simon Pfister überzeugter Schweizer ist, geht es bei ihm Zuhause sehr international zu. Den Balkon schmückt eine afrikanische Pinguinfigur, Mandarinen und Getränke werden uns auf einem äthiopischen Beistelltisch serviert. «Den haben wir aber nicht selber mitgebracht. Wir hätten Zweifel gehabt, dass er den Transport übersteht.» Ein Neuzugang ist das tibetisch-buddhistische Meditationskissen. Das war ein Geschenk von einem buddhistischen Zentrum, für das er – auch wenn er christliche Wurzeln hat – manchmal arbeitet. «Sie meinten, ich wäre immer so schnell und sollte doch mal etwas langsamer machen. Also haben sie mir das Kissen geschenkt, was aber zugegebenermassen bis jetzt eher Dekoration ist.»
Ein sehr multinationales Zuhause hat Simon Pfister damit. Und von der Welt hat er schon viel gesehen. Während des Studiums verbrachte er ein Jahr im Silicon Valley: «Nach dem Westküsten- Slang dort muss schon einiges passieren, bis ich einen Amerikaner nicht mehr verstehe.» Surfen hat er auch ausprobiert – darüber hinaus ging es aber nicht. Das dauerte zu lange und es gab einfach zu viel andere interessante Dinge zu erleben. Später arbeitete er für IBM und für Karstadt-Quelle mit Kunden aus aller Welt. Seine Arbeit für TradeStone führte ihn dann vollends in den Fernen Osten: Für den Software-Hersteller baute er eine Niederlassung in Hongkong auf. Vor einigen Jahren wurde ihm die Arbeit in der freien Wirtschaft aber ein wenig eintönig. «Smart» zu arbeiten war zu wenig gefragt. Also entschloss Pfister sich, der Wirtschaft vorerst den Rücken zu kehren und eine Doktorandenstelle an der HSG anzunehmen.
Die Reiselust hat ihn aber trotzdem nicht verlassen. An den Wochenenden reist er immer noch gerne mit seiner Frau in der Weltgeschichte herum. Ein Traum für die Zukunft ist eine Reise nach Grönland – die Kälte schreckt ihn bei seinen Wurzeln natürlich nicht ab.
Erstmal wird Simon Pfister aber der Schweiz und der HSG treu bleiben, auch wenn er seine Doktorarbeit geschrieben und abgegeben hat. «Die Lehrtätigkeit möchte ich auch in Zukunft auf keinen Fall aufgeben. Ich geniesse sie sehr, ausserdem war ich immer schon stolz auf ‹meine Universität› und gebe gerne etwas von dem, was ich hier mitbekommen habe, zurück.»
Zu Simon Pfister
Geboren: 13.10.1972Hobbys: Skifahren und WandernLieblingslektüre: Never Eat Alone von Keith Ferrazzi und Tahl RazLieblingsfilm: Vorstellung Tesla Model X auf YouTubeLieblingsmusik: Gotthard
Etwas abgelegen ist zumindest eines der beiden Werke, Félix de la Conchas «Panorama», das sich an der unteren Front des Hans-Ullrich-Saals befindet: Während man architekturbedingt beim Betreten des Gebäudes geradeaus zu den Eingangstüren des eigentlichen Saals geführt wird, muss man sich zur Begutachtung dieses Bildes scharf nach links wenden. Das ist schade, doch für die Sinnentfaltung des Bildes unabdingbar.
Denn das Gemälde, das wie der Name schon sagt eine Rundumsicht darstellt, zeigt nicht irgendein Panorama: Sich in die lange Tradition der mit ihrer Umgebung interagierenden Kunstwerke der HSG einreihend ist auf ihm genau seine eigene Umwelt dargestellt, sodass man beim Blick auf das Bild das Tal nach Engelburg, das Hauptgebäude des Weiterbildungszentrums und auch ein anderes Kunstwerk zur Betrachtung vorgelegt bekommt – und sich umdreht, wo man genau dasselbe noch einmal sieht.
Dem gewieften Leser mag sich an dieser Stelle indes eine Frage auftun: Wenn das Gemälde an einer Wand hängt, wie kann es dann eine 360°-Sicht um sich selbst darstellen? Hier liegt der eigentliche Clou des auch schon allein von der Maltechnik her sehr schön anzusehenden Werkes: Während der Erstellung blieb Künstler de la Concha nicht an einem Ort, sondern bewegte sich in einer nach innen laufenden Spirale, sodass auch «Panorama» keine Kreis-, sondern eine Spiralansicht ist – und im letzten Bild sich selbst zeigt.
Bei der zweiten Neuheit, dem von der St. Galler Künstlerin Elisabeth Nemrini geschaffenen «Milky Way», handelt es sich indes um eine vergleichsweise innovative Darstellungsform: Das aus gekratzten Glasplatten vor einem Hellraumprojektor bestehende Werk zeigt Projektionen von Tieren, wobei die Motive (ein Wellensittich, ein Hund und ein Fuchs) in regelmässigen Abständen gegeneinander ausgetauscht werden. Dieses ebenfalls im Hans-Ullrich-Saal ausgestellte Kunstwerk ist indes prominenter platziert: Am Abgang zu den Toiletten dürfte etwa der gewaltige Spatz durchaus den ein oder anderen Besucher mit menschlichem Bedürfnis erschrecken. Denn vor allem aufgrund seiner Grösse erzeugt das Kunstwerk zumindest bei der ersten Betrachtung eine sehr erschlagende Wirkung. Erst mit der Zeit werden die Feinheiten des Bildes, etwa das an der Decke angebrachte Gitter, das wie ein Käfig für den Vogel erscheint, ersichtlich.
Im Gespräch mit Yvette Sánchez, welches die Betrachtung der Kunstwerke vorbereitete, ergaben sich indes auch noch weitere Aspekte: So stelle sie entgegen der vorherigen Einschätzung des Autors bei jedem Vorübergehen an Roman Signers Video-Kunstwerken (vgl. letzte Ausgabe von prisma) ein enormes Interesse der Studierenden fest, viel stärker als etwa beim imposanteren Gemälde von Gerhard Richter. «Ich mache das an der Affinität insbesondere junger Leute für bewegte Bilder fest. Und klar: Wenn ich in meinem Augenwinkel eine Bewegung wahrnehme, dann sehe ich schon mal eher hin. Und wenn ich dann nicht auf den ersten Blick feststellen kann, worum es geht, ist meine Neugier geweckt und ich bleibe stehen.»
Zusammen mit den anderen Mitgliedern der Kunstkommission setzt sich Sánchez daher auch weiter dafür ein, gerade auch die Werke junger Künstler mit anderen Herangehensweisen, etwa wie bei Milky Way, für die HSG zu gewinnen.
Nach dem Tod von Familienoberhaupt Beverly passiert etwas, das ihm zu Lebzeiten sicherlich ungewöhnlich vorgekommen wäre: Seine seit Jahren getrennt voneinander lebende Familie kommt endlich wieder zu einem gemeinsamen Treffen zusammen, sei es auch aus einem so traurigen Anlass. Und scheinbar geht es den meisten wunderbar: Die karriereorientierte Barbara reist mit ihrem Ehemann Bill aus dem fernen Colorado an und scheint von Erfolg geradezu überschüttet zu sein; auch ihre Schwester, die etwas naive Caren, hat mit Steve endlich jemanden gefunden, der ihre kühnsten Vorstellungen übertrifft. Und selbst Mauerblümchen Ivy, immer noch in ihrer Heimatstadt lebend, lässt hervorblicken, dass das Glück der Liebe sie getroffen hat.
Also Friede, Freude, Eierkuchen? Man könnte es denken, wäre da nicht die pillensüchtige Mutter Violet, die mithilfe ihres Spürsinnes den Finger genüsslich in jede erdenkliche Wunde ihrer Töchter legt. Denn Leichen im Keller haben sie alle: Zwischen Barbara und Bill kriselt es hinter der schicken Fassade schon länger, bei Ivy beginnt sich eine unaufhaltsame Liebes-Tragödie zu entwickeln und auch Caren muss feststellen, dass im Falle von Steven nicht alles Gold ist, was glänzt. Und so merkt der aufmerksame Zuschauer bereits früh, dass es allen reichhaltig vorhandenen Angriffen auf das Zwerchfell und den Aufheiterungsversuchen des Schwagers zum Trotz nur ein Szenario gibt, in dem eine (solche) Zusammenkunft enden kann: In einer Katastrophe.
Indes liegt gerade in dieser Ambiguität des Stücks seine grösste Stärke: Wenn Violet beginnt, mithilfe ihrer Stimme, einem einzigartigen Mix aus Highness, Selbstgefälligkeit und Verachtung, darüber herzuziehen, wie ihre Tochter Ivy doch nie einen Mann finden wird; wenn sie die Zerwürfnisse zwischen Barbara und Bill vor versammelter Trauergemeinde aufdeckt und sich dabei köstlich amüsiert, dann bleibt kein Auge trocken und der Zuschauer vergisst schon einmal, um was für ein ernstes Problem es sich handelt: Eine akute Sucht nach Tabletten gepaart mit einem unwahrscheinlich tiefen (Selbst-)hass. In solchen Momenten zeigt der für das Stück mit dem Pulitzer-Preis gekrönte Autor Tracy Letts das ganze Spektrum seiner Fähigkeiten. Denn kaum hat sich die Familienversammlung kurzzeitig aufgelöst, lässt er Violet von der vorigen Manie in eine tiefe Depression fallen – und erregt damit auch beim Zuschauer eine Gänsehaut. Die Einzige, die ihr in Teilen des Stücks überhaupt ein wenig zur Seite steht, ist Tochter Barbara. Aber auch ihr wird es schliesslich zu bunt und sie beschliesst, das Ruder in die Hand zu nehmen: Die Mutter wird nach einer Hausdurchsuchung auf Entzug gesetzt und zwischen den Schwestern beginnen erste Versöhnungsversuche. Doch schnell muss Barbara feststellen: Ihre Familie ist bereits unumkehrbar auf den Pfad des Wahnsinns geraten und es geht nur noch darum, sich selbst so gut wie möglich aus der Sache herauszuhalten. Denn was am Ende bleibt, ist eine gewaltige Katastrophe – und man beginnt, bei allem Mitleid mit den Charakteren, zu verstehen, warum Vater Beverly diesem Leben entfliehen wollte.
«Eine Familie»
Aufführungen am 10., 11. und 12. Dezember. Karten können an der HSG oder online unter www.studententheater.ch bestellt werden.
Anastasia Steele ist Studentin, 21, Jungfrau und naiv. Dann trifft sie bei einem Interview für die Uni-Zeitung den charismatischen, attraktiven self-made Millionär Christian Grey – und plötzlich steckt sie mittendrin in einer Sadomaso-Beziehung.
Ausgedacht hat sich diese Geschichte eine Britin, die der Meinung war, «Twilight» fehle der Sex-Appeal – buchstäblich. Also schrieb sie die Vampirschmonzette kurzerhand um, diesmal mit mehr Sex und ein bisschen BDSM als Beilage. Das Endprodukt wurde ein Internet-Hit. Ein paar kosmetische Änderungen später, landete es als «Fifty Shades of Grey» in den Bücherläden.
Gegenüber Shades of Grey erscheint Twilight aber geradezu als fortschrittliches, intellektuell anspruchsvolles literarisches Werk. Mit der Heldin Anastasia fühlt man sich ins tiefste Mittelalter der Emanzipation zurückversetzt: Bis sie Christian Grey trifft, stolpert sie, mehr schlecht als recht, durchs Leben. Eine errötende, naive Unschuld vom Lande, die dankbar in die Arme ihres reichen Grafen – äh Milliardärs – fällt. Der erledigt dann schon alles andere. Im Licht von nagelneuen Laptop-Prototypen, Audis und First-Class-Flügen kann man auch darüber hinwegsehen, dass Mr. Grey alles andere als ein weisser Ritter ist und Ana eigentlich lieber regelmässig für sein persönliches Vergnügen in seinem «Roten Raum der Schmerzen» verprügeln würde. Käuflich? Aber nicht doch, wie kommen Sie denn darauf ?
Am Ende mutet das Buch eher an wie ein Ausflug in die Traumwelten einer 14-Jährigen, die vom holden Prinzen träumt, der sie mit Reichtümern überschüttet und mit ihr auf seinem Schimmel in den Sonnenuntergang reitet. Ganz nach dem Motto «Sex sells» fügt man der mondänen Mischung 300 Seiten «Mommy-Porn» inklusive einer Prise anrüchigem BDSM hinzu und fertig ist der Groschenroman.
Kein Wunder also, dass die werte Anastasia ständig rot wird: Wenn ich die Hauptfigur in einem solch abgrundtief schlechten Buch wäre, wäre mir das auch peinlich.
Fifty Shades of Grey
601 Seiten
Erschienen bei:
Goldmann Taschenbuch, 2012
Die Ansprüche an das Kontextstudium – Reflexions-, Handlungs- und kulturelle Kompetenz – sind hoch – zumindest von Seiten der HSG: Als «Studium integrale» soll es Persönlichkeiten fördern und fordern, intellektuelle und kulturelle Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen und nebenbei die Studierenden optimal auf die Anforderungen ihres künftigen Berufsweges vorbereiten. Die Wichtigkeit des Kontextstudiums wird betont, wo es nur geht. Sein 10-jähriges Bestehen ist für die Verantwortlichen im nächsten Jahr gar Anlass für eine zweitägige Konferenz an unserer Universität.
Die Idee scheint gut zu sein: Andere Universitäten folgten dem Vorbild des integrativen Ausbildungskonzeptes, haben teilweise auch ein Kontextstudium etabliert. Zu nennen ist hierbei zunächst die Leuphana Universität Lüneburg unter ihrem wohlbekannten Präsidenten Sascha Spoun: Dort müssen Studierende neben ihrem Fachstudium Kurse aus den Bereichen «Kunst & Ästhetik», «Natur & Technik» oder auch «Sprache & Kultur» belegen. «Komplementärstudium» nennt sich das Ganze und erinnert damit selbst vom Namen her an das St. Galler Original, an dessen Umsetzung Spoun massgeblich beteiligt war. Als weitere Top-Universität im europäischen Raum lässt sich die Copenhagen Business School anführen. Diese orientiert sich an einem ganzheitlichen Ansatz, der die Wirtschaftsausbildung mit geistes- und sozialwissenschaftlichen Elementen verbinden möchte. Selbst amerikanische Business Schools scheinen inzwischen zu erkennen, dass ihre bisherigen Ausbildungskonzepte zu kurz gegriffen haben. Zu diesem Schluss kommt beispielsweise auch der Carnegie-Report, der eine stärkere Integration der «liberal arts» im Rahmen der Wirtschaftsausbildung fordert. Das Kontextstudium an der Universität St. Gallen wird in diesem Zusammenhang durchaus als Benchmark bezeichnet.
Doch der schönen Welt der Bildungsvisionen und Hochglanzprospekte steht die graue Alltagserfahrung der Studierenden gegenüber. Zumindest war dies der anfängliche Eindruck der Mitglieder des Evaluationsteams der Studentenschaft, die sich im letzten Semester zum ersten Mal überhaupt auch mit dem Kontextstudium an unserer Universität beschäftigt haben. «Wir haben von vielen Studierenden gehört, dass sie das Kontextstudium überhaupt nicht schätzen», sagt Johannes Riehm, der die Evaluation des Kontextstudiums im letzten Semester verantwortete. «Es wurde häufig als fast schon überflüssiges Beiwerk zum Fachstudium angesehen, dessen Existenzberichtigung in angenehmen Aufwand-Credit-Verhältnissen liegt. Ausserdem gab es innerhalb unseres Teams sehr verschiedene Meinungen darüber, ob bestimmte Aspekte des Kontextstudiums nun positiv oder negativ zu bewerten seien», so Johannes weiter. Als Beispiel nennt er die Frage, ob die Anwendbarkeit des Erlernten auf das Hauptstudium beziehungsweise das Berufsleben essentiell notwendig sei oder nicht.
Aus dieser Unsicherheit heraus entstand die Idee, zum ersten Mal in der Geschichte des Kontextstudiums eine breit angelegte Untersuchung zum Kontextstudium an sich und seiner Bedeutung aus Sicht der Studierenden im Spezifischen durchzuführen. Während sämtliche Kurse bereits seit längerem, wenn auch nicht unbedingt jedes Semester, evaluiert werden, war es nun Ziel des Evaluationsteams, das Kontextstudium als Ganzes zu beurteilen. Zunächst wurden zahlreiche qualitative Interviews durchgeführt, um herauszufinden, in welche Richtung die spätere, empirisch angelegte Studie gehen sollte. Als das geschafft war, wurde die Durchführung einer Online-Umfrage zur Hauptaufgabe des Evaluationsteams. Diese hatte das Ziel, die Meinung der Studierenden quantitativ zu erfassen, Verbesserungspotenziale aufzudecken und festzustellen, welchen Nutzen die Studierenden persönlich aus dem Kontextstudium ziehen.
Die Ergebnisse der Umfrage sind bisweilen überraschend. So gaben beispielsweise 157 von 204 Befragten an, dass für sie das Thema des Kurses bei der Kurswahl wichtig ist. Das Aufwand-Credit-Verhältnis war nur 21 Befragten wichtig. «Aufgrund unserer vorherigen Gespräche hätten wir eigentlich ein genau umgekehrtes Ergebnis erwartet. Die hohe Bedeutung der Inhalte im Gegensatz zu einfach verdienten Credits ist eine positive Überraschung», sagt Theresa Niederle, die das Evaluationsteam letztes Jahr in ihrer Eigenschaft als Vorstand Interessensvertretung betreut hat. Auch in Bezug auf die Qualität des Kontextstudiums selbst gibt es Positives zu vermelden: 77.0% der Befragten fanden Kursmaterialien und Unterricht hilfreich für die Prüfung, 70.1% würden den Kurs wieder wählen und 76.6% empfanden das inhaltliche Niveau als «gut», also weder zu hoch noch zu tief. Positiv ist auch, dass 88.2% der Befragten den zu lernenden Stoff gut bewältigen konnten und der Kursbeschrieb bei 80.4% mit dem tatsächlichen Kursinhalt übereinstimmte.
Dennoch gibt es auch Kritikpunkte, die durch die Umfrage nun noch besser fundiert sind. Diese betreffen zunächst einmal die Qualität des Unterrichts. Bei den 11.8% der Befragten, die den Stoff in ihrem Kurs nicht gut bewältigen konnten, häuften sich die Angaben, dass entweder der Dozent didaktisch mangelhaft unterrichtete oder der Reader nicht sorgfältig zusammengestellt war. Diese Aussage muss man jedoch vor dem Hintergrund betrachten, dass jene 11.8% in absoluten Zahlen nur 24 Studierenden entsprechen. Ein weiteres interessantes Ergebnis der Studie war, dass knapp 16% das Niveau des Kurses zu wenig anspruchsvoll, aber nur 5% die Benotung der Prüfung zu gut fanden. Während das inhaltliche Niveau für nur 7.8% der Studierenden zu anspruchsvoll war, fanden immerhin 12.3% die Benotung der Prüfungsleistung zu streng und 19.1% den Arbeitsaufwand zu hoch. Das bedeutet zunächst mal, dass Unterrichts- und Prüfungsniveau aus Sicht der Studierenden nicht gut aufeinander abgestimmt sind. Ob eine solche Situation fair und erstrebenswert ist, kann auf dieser Datenbasis nun diskutiert werden.
«Natürlich darf man die Ergebnisse methodisch hinterfragen», so Theresa. «Manche Punkte hätte man präziser formulieren können – da hat das Evaluationsteam für das nächste Mal dazugelernt. Zum anderen gibt es das Problem, dass die Stichprobe vermutlich nicht vollkommen zufällig ausgewählt ist.» Weil die Teilnahme an der Umfrage freiwillig war und bewusst auf Anreize wie die Verlosung von iPods oder Pullovern verzichtet wurde, haben vermutlich viele, denen das Kontextstudium nicht so wichtig ist, gar nicht erst teilgenommen. In diesem Sinne muss von einer gewissen Verzerrung der Ergebnisse ausgegangen werden, da es wahrscheinlich ist, dass die Umfrageteilnehmer im Vergleich zur übrigen Studierendenschaft eine eher extreme Meinung zum Kontextstudium vertreten. Diese methodischen Einschränkungen täuschen jedoch nicht darüber hinweg, dass die Mitglieder des Evaluationsteams einige Aspekte ausmachen konnten, die sie als dringend wahrzunehmende Verbesserungspotenziale beschreiben.
Einiger dieser Potenziale könnten dabei mit wenig Aufwand bereits sehr gut genutzt werden: «Es hat sich gezeigt, dass viele der Probleme gelöst werden könnten, wenn die Universität klarer kommunizieren würde, was das Kontextstudium überhaupt soll – und was nicht», so Theresa. Johannes ergänzt: «Wir vermuten, dass ein grosser Teil der negativen Antworten darauf zurückzuführen ist, dass die Betreffenden etwas anderes von ihren Kursen erwartet haben.» Wenn der Nutzen des Kontextstudiums für die HSG beispielsweise nicht primär in der direkten «Verwertbarkeit» der Inhalte liegt, wäre erklärt, warum manche Leute unzufrieden sind, die eben einen derartig konkreten Nutzen in ihrem Philosophiekurs oder der kulturwissenschaftlichen Veranstaltung vermissen. «Da muss die Uni deutlicher Position beziehen. Ich würde sogar sagen, dass sie sich erst einmal intern klar werden muss, welche Rolle das Kontextstudium bei uns tatsächlich einnehmen soll», so Theresa, die nach nun zwei Jahren in SHSG-Ämtern schon mit einigen Dozenten und Verantwortlichen gesprochen hat. «Natürlich geht es dabei auch um Geld. Wenn die Qualität in den einzelnen Kursen steigen soll, muss die Universität mehr Mittel bereitstellen. Nimmt man kontinuierliche Evaluationen ernst, bieten diese die Möglichkeit, schlechte Kurse aus dem Angebot zu streichen.» Andere Probleme kann man aber auch ganz ohne Geld lösen. Zum Beispiel das gemeinsame Verständnis vom Kontextstudium an der HSG verstärken: Dazu gehört nicht nur eine Konkretisierung des Leitbilds in der Aussendarstellung, auf der Homepage oder bei den Vorstellungsveranstaltungen für Neueinsteiger, sondern auch ein intensives Auseinandersetzen der Mitglieder der Universität mit dem Thema Kontextstudium.
Auch müssten sämtliche Dozierende unserer Universität die Idee des ganzheitlichen Ausbildungskonzeptes soweit verinnerlichen, dass sie auch bereit sind, sich für diesen Ansatz zu engagieren, etwa mittels Co-Teaching oder anderer didaktischen Neuerungen. Dennoch: Eine klare Kommunikation des Anspruchs des Kontextstudiums bleibt der essentiellste Aspekt bei der Nutzung der vorhandenen Potenziale. Dass sich etwas tun muss, damit die Universität weiterhin auch Vorbild für andere Hochschulen ist, liegt auf der Hand.
Stellungnahme der Leitung Kontextstudium (LKX) (von Vincent Kaufmann)
Wir freuen uns sehr, dass sich viele Studierende die Zeit genommen haben, sich an einer Evaluation des Kontextstudiums zu beteiligen. Es würde uns ebenso freuen, diesen Dialog weiterzuführen, zumal für die nächsten Jahre mehrere Verbesserungen vorgesehen sind. Nachdem wir uns bislang auf den Ausbau des Angebots konzentrieren mussten (von 170 Kursen in 2005 auf 350 in 2012), hat ein engerer Bezug zwischen Kontext- und Kernfächern zentrale Priorität. In diesem Sinne haben wir 2011 das Planungsgremium um Vertreter aller Schools erweitert, sodass das Kurs-Programm noch besser abgestimmt werden kann. Ab 2013 werden auf Bachelorstufe grosse, interdisziplinäre Lehrveranstaltungen angeboten ; auch von dem universitätsweit für 2015 geplanten Übergang von Surface Learning zu Deep Learning (konzentrierterer Unterricht in Lernblöcken) erhoffen wir uns eine bessere Integration. Ganz überzeugt werden wohl nie alle Studierenden sein. Jedoch sollte bei der Vielfalt des Gesamtangebots jeder, der etwas Neugierde mitbringt, Kurse finden können, die ihn bezüglich Reflexion und sozialer Kompetenz weiterbringen. Wenn das gelingt, ist das Kontextstudium für alle HSG-AbsolventInnen das Asset, das es sein soll.
Eine prägende Erfahrung muss es gewesen sein, dieser Aufenthalt: Beim Berichten über ihre Erinnerungen ist Ceynur die Freude am vergangenen Sommer förmlich anzusehen. «Eigentlich wollte ich zuerst nach Afrika, um dort ein soziales Praktikum zu machen», beschreibt sie ihre anfänglichen Überlegungen. Im Endeffekt sei ihre Unsicherheit doch zu gross gewesen, sodass sie sich für ein betriebliches Praktikum in Indien entschieden hat. «Dann ging alles recht einfach: Nachdem ich die Datenbank von AIESEC durchsucht hatte, habe ich innerhalb von wenigen Wochen nach einem Skype-Interview unter anderem eine Zusage von einem Start-Up namens Andiast erhalten.» Entscheidend für ihre Zusage war dabei auch das Firmenprofil: Das Start-Up plante gerade eine Expansion in den Schweizer Online-Versicherungsmarkt. «So konnte ich als Head of Sales and Marketing, freilich in einem Acht-Mann-Unternehmen, bereits viel Verantwortung übernehmen und etwa Produkt-Präsentationen für CEOs grosser Versicherungen halten.» Das aus ihrer Sicht besonders Lehrreiche an ihrem Praktikum: In keinem Grossunternehmen könne man so viel direkte Erfahrung sammeln wie bei einem Start-Up. Zudem hat nun der Begriff «fremde Arbeitskulturen» für sie definitiv eine Bedeutung, zumal Perfektionismus, wie wir ihn in der Schweiz kennen, in Indien eine völlig andere Reichweite hat.
Doch nicht nur die Arbeit selbst machte Ceynur eine Menge Spass: Sie war in einer WG mit acht weiteren AIESEC-Praktikanten aus allen Teilen der Welt untergebracht. «Dadurch habe ich nicht nur Einblicke in die indische, sondern zum Beispiel auch in die brasilianische oder afrikanische Kultur erhalten!», berichtet sie begeistert über diese Erfahrung. Völlig verschiedene Persönlichkeiten an BBQ-Nächten auf der WG-Terrasse kennenlernen, eindrückliche Gespräche mit Einheimischen, etwa mit Rikscha-Fahrern (kleine Taxis) führen, sich täglich erneut von merkwürdigen Lebensarten wie Essensstile in Indien beeindrucken lassen … Vor allem sei sie von den Menschen beeindruckt gewesen: «Sehr gut kam ich mit meinem Chef zurecht, der sich in einer IT-Stadt wie Hyderabad, in der Arm und Reich sehr weit auseinander klaffen, für Waisenkinder engagierte.»
Gerade deswegen würde sie ein solches Praktikum jederzeit wieder machen. Die Vorteile einer von AIESEC vermittelten Arbeitsstelle aus ihrer Sicht: «Ich erhielt neben dem Zugriff auf die Praktika-Datenbank auch Unterstützung beim Visum und bei der Unterkunft. Die unvergessliche Erfahrung lohnt aus meiner Sicht die Kosten von 150 Franken für den Zugriff auf die Datenbank und eine von der Dauer des Praktikums abhängige weitere Gebühr in jedem Fall», so die selbst bei AIESEC engagierte Studentin, die mittlerweile ihr 7. Semester an der HSG absolviert.
Adrian: Wir mischen das Band-Wesen mit dem DJ-ing zu einem neuen Konzept zusammen. Aurelian legt hauptsächlich auf und sitzt hinter dem Schlagzeug, während ich Gitarre spiele und singe. Das Ganze mischen wir dann: Beispielsweise spiele ich ein Gitarrenriff live und Aurelian mixt es mit einem einen Elektro-Track zusammen.
Aurelian: Bands mit DJs, wie Linkin Park oder Limp Bizkit, gibt es schon lange. Wir wählten aber eine etwas andere Herangehensweise und nahmen die Club-Musik als Grundlage, welche in der Regel nicht live gespielt wird. Diese wird dann durch Live-Elemente von uns ergänzt. So unterscheiden wir uns hauptsächlich von Bands, die «auch noch» einen DJ haben.
Wie kommt man in einer Bar in Bangkok auf die Idee, zusammen auf eine neue Art und Weise die Clubs und Festivalbühnen der Schweiz zu rocken?Aurelian:Das Verrückte liegt schon an der Bar in Bangkok!
Aurelian: Generell spielen wir elektronische Musik. Es ist nicht so, dass wir reine Rock- oder Raplieder spielen, aber wir bringen sie in Remix-Form oder zusammen mit elektronischen Elementen. Bestimmt ist es ein Vorteil, wenn man offen für Neues ist. Für unsere Konzertbesucher ist aber sicherlich das Wichtigste, dass sie bereit sind «auszuflippen»!
Adrian: Wir nehmen die Zuschauer an unseren Konzerten auf eine kleine Reise mit. Für Leute, die total auf eine Musikrichtung fokussiert sind, ist es auf jeden Fall spannend, uns einmal zuzuhören.
Momentan schreibt ihr an eigenen Songs. Wann kommt das erste Album?Aurelian: Unsere Vision ist eigentlich erst eine EP (lacht).
Adrian: Ich glaube ein Album ist wie die Ehe: ein veraltetetes business-model. Heutzutage wartet niemand mehr auf ein Album. Man geht auf Spotify, sucht sich die Künstler und hört deren Tracks an. Wo diese letzten Endes herkommen ist egal.
Aurelian: Ob wir jetzt eine EP rausbringen oder 14 Tracks auf einem Album vereinen ist nicht weiter relevant. Das Wichtigste ist, eigene Songs zu haben, mit dem Ziel ein eigenes Set live spielen zu können.
DJs legen oftmals mehrere Stunden lang auf. Auch Konzerte von Rockbands dauern nicht selten zwei Stunden. Wieso beschränkt ihr euch auf 30–40 Minuten Bühnenshow?Aurelian: Es gibt zwei Aspekte. Erstens, gibt es dadurch, dass DJs immer so lang spielen, oftmals kurze freie Slots zwischen den Acts. Am Anfang hat uns dies sehr geholfen, kurzfristig zu vielen Auftritten zu kommen. Denn ein Veranstalter hat so weniger Probleme zuzusagen, auch wenn er schon DJs gebucht hat. Zweitens spielen wir nach dem Motto «kurz und intensiv».
Adrian: Die Zuschauer haben oftmals schnell genug. Wenn du nach einer Stunde noch «Yo, put your hands up in the air» brüllst, finden es die Leute nicht mehr geil und wollen, dass du langsam von der Bühne gehst. In einem kurzen Zeitraum kannst du die Energie aber enorm gut komprimieren und rüberbringen. Wir wollen wie ein Sturm auf die Bühne kommen, den Club auseinandernehmen und wieder gehen. Schliesslich ist es unser Ziel, die besten Partys der Welt zu feiern!
Musiker haben bekanntermassen Vorbilder und Idole. Welches sind eure?Aurelian: Soll ich es für dich sagen, Adrian?
Adrian: Ja ich habe da schon so meine Godfathers. Da ich früher hauptsächlich Rockmusik gehört habe, kommen meine Vorbilder auch aus diesem Genre: Limp Bizkit, Linkin Park, die Red Hot Chili Peppers und Rage Against the Machines sind die Künstler, welche ich wirklich oft gehört habe.
Aurelian: Ich habe da eine ähnliche Vergangenheit. Wir spielten beide in Rockbands – und haben auch noch heute nebenbei eigene Bands – deshalb auch der Bezug zu Bands wie Nirvana oder Metallica. Heute habe ich jedoch nicht mehr Idole in diesem Sinne, aber etwas, dass mich fasziniert und ich auch geil finde: Es gibt Songs von unbekannten Artists, die innerhalb von kürzester Zeit zu Tophits werden, so wie beispielsweise «One Day» von Asaf Avidan oder «Sonnentanz» von Klangkarussell. Das ist schon inspirierend, wenn man sieht, dass man es aus dem Nichts schaffen kann. Auch wenn es nur eine «One in a Million-Chance» ist.
Adrian: Wen ich wirklich bewundere ist Skrillex, der mit eigentlich grauenhafter Musik berühmt geworden ist. Zwar ist seine Musik nicht in den Charts, aber trotzdem kennen ihn alle. Er hat das Dubstep neu eingeleutet und erreicht, dass Dubstep-Elemente in Chartssongs wieder verwendet werden.
Ihr habt schon nach grossen Namen wie Bligg oder Stress auf Festival-Bühnen gespielt. Wie fühlt sich das an?Adrian: Grundsätzlich bekommst du von diesen Acts gar nicht viel mit. Du siehst sie kurz im Vorbeigehen und das wars auch schon …
Aurelian: … dem Bligg bin ich noch über die Füsse gestolpert, aber sonst war es easy.
Adrian: Was aber wirklich heftig ist: der riesigen Menschenmasse entgegenzublicken und die Energie zu spüren, die sie verströmt. Das sind wir noch nicht so gewohnt. Alles ist zwar sehr nervenaufreibend aber auch ultrageil.
Aurelian: Man kann sich einen Gig vorstellen, wie eine wichtige HSG-Prüfung: Wenn er fertig ist, ist man vom ganzen Stress losgelöst. Das Spezielle, nach einem grossen Act zu spielen, ist nicht etwa der Act selbst, sondern die grosse Bühne und die vielen Leute. Das macht dich wirklich nervös.
Mit steigender Bekanntheit werdet ihr auch für immer mehr Frauen interessanter. Werdet ihr nach den Auftritten jeweils schon umgarnt?Adrian: Direkt nach den Gigs an sich merke ich das nicht so extrem. Dann ist man sowieso relativ müde und isoliert im Backstagebereich. Im Alltag ist es eigentlich eher der Fall. Man wird als Adrian von den Disco Troopers vorgestellt und entwickelt so schon eine gewisse Aura. Die Leute hören dir viel eher zu, denn die Bühne verleiht dir natürlich eine gewisse Sexiness.
Aurelian: Es gibt sicher einige Leute, die fasziniert von uns sind. Das muss aber nicht unbedingt mit unserer Musik zu tun haben.
Adrian: Es ist auch nicht so, dass wir auf der Strasse erkannt werden. Man kennt Disco Troopers inzwischen in der Szene, aber es wäre dann nochmals ein grosser Schritt, um in der Öffentlichkeit erkannt zu werden.
Aurelian, du machst momentan den Master Accounting & Finance an der HSG. Adrian, du studierst an der ZHAW Marketing, ebenfalls im Master. Was trifft auf euch zu: Seid ihr Musiker, die nebenbei studieren oder Studenten, die nebenbei Musik machen?
Adrian: Also ich bin effektiv Musiker und studiere nebenbei. Natürlich arbeite ich noch 50%, aber in der restlichen Zeit hat klar die Musik die erste Priorität.
Aurelian: Bei mir ist das Ganze relativ ausgeglichen. Stundenmässig dominiert wahrscheinlich sogar das Studium.
Anders zu heissen ist eigentlich wirklich cool: Anders heisst nämlich «der Tapfere» oder «der Männliche». Anders sieht das manchmal bei anderen, ungewöhnlichen Namen aus.
Besonders diverse Stars und Sternchen überbieten sich gegenseitig dabei, für ihre Sprösslinge Namenskreationen vom Aussergewöhnlichen bis zum Absurden zu finden.
Wenn David Beckham von Brooklyn spricht, meint er zum Beispiel nicht den New Yorker Stadtteil, sondern seinen Sohnemann. Angeblich sei er allerdings auch in Brooklyn gezeugt worden. Von dieser fragwürdigen Idee liess sich Verona Pooth gleich inspirieren und nannte ihren Sohn San Diego.
Der deutsche Schauspieler Uwe Ochsenknecht gab seinem Sohn nicht nur den – nun, sagen wir mal blumigen – Nachnamen weiter, sondern fügte diesem noch ein «Jimmy Blue» hinzu. Wollen wir hoffen, dass der liebe Jimmy seinen Namen nicht zum Programm macht und ständig blau ist.
Poplegende Michael Jackson meinte wohl, sich auch noch in seinen Kindern verewigen zu müssen: Prince Michael und Prince Michael II nannte er die Söhne und sogar die Tochter bekam ein Michael ab: Paris Michael Katherine heisst sie.
Ob Til Schweiger seine Tochter wegen des wunderschönen Reims Emma Tiger Schweiger taufen liess? Der Spitzname ist jedenfalls schon vorprogrammiert. Klangvoll geht es auch bei Schauspielerin Shannon Sossanmon zu: Die nannte ihren Sohn Audio Science.
Fragende Gesichter dürfte der Sohn von Nicolas Cage ernten: Der heisst Kal-El. Kennt ihr nicht? Tja, da solltet ihr mal euer Superman Wissen auffrischen. Seine kryptonischen Verwandten nannten Clark Kent nämlich Kal-El. Dagegen war Geri Halliwell geradezu fantasielos: Bluebell heisst ihre Tochter – Glockenblume.
Ob Gwyneth Paltrow eine glühende Steve Jobs Verehrerin ist oder einfach nur gerne Äpfel isst, ist unklar. Jedenfalls trägt ihre Tochter jetzt den Namen Apple. Vielleicht musste aber auch die Bibel als Namensgeberin herhalten: der Sohn wurde nämlich auf den altehrwürdigen Namen Moses getauft. Ob der Vater so glücklich darüber war, dass seine Tochter nach der biblischen Verführung benannt wurde? Sängerin Cher ging da lieber auf Nummer sicher. Chastity – zu Deutsch «Keuschheit» – heisst ihre arme Tochter.
Noch göttlicher und etwas grössenwahnsinnig geht es bei Brangelina zu: sie nannten ihr erstes gemeinsames Kind Shiloh Nouvel – wörtlich übersetzt «der neue Messias». Vielleicht ist ihnen aufgefallen, dass sie da die Erwartungen an die arme Kleinen doch ein wenig zu hoch gelegt haben, jedenfalls wurde das adoptierte Geschwisterchen dann Pax – lateinisch für Frieden – genannt.
Ein ungewöhnlicher Name kann grossartig sein: Man ist schon von Geburt an aussergewöhnlich und einzigartig. Gerade solche Absurditäten wie Pax oder Audio Science sind allerdings mit äusserster Vorsicht zu geniessen. Besonders kleine Kinder können grausam sein, wenn es um Hänseleien geht und ein merkwürdiger Name kann jemanden zum prädestinierten Mobbing-Opfer machen. Manche Eltern sollten also darüber nachdenken, wie «anders» ihr Kind heissen sollte und was für Konsequenzen es für sie oder ihn mit sich bringen kann, zum Beispiel nach einem Marvel-Helden benannt zu werden.
Auch noch keinen Plan was nach dem Studium gehen soll? Wie wärs mit Folgendem: Du überzeugst deinen reichen Onkel in ein Projekt (nennen wir dieses Project X) 12 Millionen zu investieren und dafür kriegt ihr noch im selben Jahr 100 Millionen raus. Was du dazu brauchst? Massiv viel Alkohol um dich abzuschiessen, Stift und Papier fürs Drehbuch, ein paar namenlose Kontakte in Hollywood und natürlich eine grosse Anzahl junger Leute, die einfach mal wieder richtig abgehen wollen. Ach ja, und die College-Girls sollten gewillt sein, ihre sekundären Geschlechtsmerkmale ständig in die Kamera zu halten und keinesfalls älter als 19 sein.
Klingt nach Fiktion für dich? Leider nein. Natürlich bilden seit Jahrzenten die drei Themenkomplexe Sex, Drogen und Gewalt die Grundlage für eine breite Palette an Kinofilmen. Dies hängt einerseits damit zusammen, dass die Zuschauer schlicht an diesen Themen interessiert sind, vielleicht, weil diese lange Zeit als Tabuthemen behandelt wurden (unsere Gesellschaft, besonders die amerikanische, versucht alle drei Gebiete als «schlecht» darzustellen und ist um Prävention bemüht), andererseits soll eine Geschichte ja nicht eine blosse Abbildung der Realität sein, sonderen durch narrative Elemente an Spannung und Unterhaltungswert gewinnen.
Im Zusammenhang mit dem grossen Input-Output-Erfolg eines Films mit wahrlich wenig künstlerischem Gehalt wie Project X stellt sich die Frage, ob unsere Gesellschaft immer dekadenter wird. Aus gesellschaftlicher Sicht ist dies wohl zu bejahen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass in Haren (Holland) tatsächlich eine vergleichbare Party gestartet wurde, inklusive Krawallen. Aus Sicht der Filmkunst ist die Frage nach der zunehmenden Dekadenz aber eher zu verneinen: Miese Streifen hat es schon immer gegeben und der Erfolg von Project X ist wohl mit nicht mehr als einem gut getroffenen Zeitnerv zu erklären.