Author Archives: Michelle Meyer

  • Data Science für natürliche Intelligenz

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    Wer für viel Aufwand noch mehr Ertrag erhalten möchte, ist beim Vertiefungsprogramm in Data Science Fundamentals genau richtig. Manager, Programmierer und Statistiker treffen aufeinander und lernen eine gemeinsame Sprache.

    Im bestehenden Programm Data Science Fundamentals (DSF) wird eine neue Vertiefungsrichtung angeboten, die im Herbstsemester 2018 zum ersten Mal durchgeführt wird. Das ganze beinhaltet ein Fächerpaket, welches mit insgesamt 24 ECTS belohnt wird. Speziell am Programm ist, dass das Zertifikat mit jedem Bachelorabschluss der HSG erworben werden kann, also sowohl mit rechts- als auch mit wirtschaftswissenschaftlicher Vertiefung. Was daran so anstrengend ist? Acht von 24 ECTS werden nicht zum Major im Bachelorstudium angerechnet. Somit sind sie zusätzlich zu erarbeiten. Dadurch filtern die Programmleiter jene Studierende raus, die auch wirklich teilnehmen wollen und keinen Aufwand scheuen.

    IT-Bootcamp

    Diese acht ECTS werden während des Herbstbreaks in einem Bootcamp, welches dieses Semester zum ersten Mal als Pilotprojekt durchgeführt wurde, erarbeitet. Während zwei Wochen wird konzentriert programmiert, Daten werden analysiert und Algorithmen erstellt. Von 9 bis 18 Uhr, für die meisten sogar noch viel länger, werden Probleme und Projekte behandelt. Es ist sehr hart, aber das Feedback dazu war sehr positiv. 70 Prozent haben den Kurs mit der Höchstnote bewertet; viele schreiben sogar, es sei bisher der beste Kurs an der HSG gewesen. Wer das Bootcamp dieses Jahr schon absolviert hat, kann sich dies nächstes Jahr natürlich schon anrechnen lassen und muss nicht ganz von vorne starten. Bewerben muss man sich allerdings trotzdem für das volle Programm.
    Ab Herbst 2018 werden sich mehr Studierende in das Programmieren, Codieren, Machine Learning und die künstliche Intelligenz vertiefen. Dabei geht es aber auch um rechtliche und ethische sowie unternehmerische Aspekte. Man möchte über den Tellerrand des puren Daten-Analysierens hinausgehen, das Gelernte soll später Anwendung finden. Dazu trägt jede School etwas bei, wobei das Programm an sich als Gesamtheit auftritt.

    11,4 Prozent Frauenquote

    Wie bei vielen technischen Berufen und in der IT-Branche ist der geringe Anteil von Frauen ein Problem. Im Bootcamp waren nur vier von 35 Teilnehmern weiblich. Johannes Binswanger meint, dass in der Schweiz allgemein mathematisch-technische Berufe für Frauen als uncool gelten und nicht so sehr unterstützt werden wie andere Berufe. Man ist sehr bestrebt, die Frauenquote zu erhöhen, denn gerade im Berufsleben sind solche Fähigkeiten immer mehr gefragt, und dies nicht nur bei Männern. Deswegen überlegen sich die Programmleiter Schnupperkurse anzubieten, damit man zuerst schauen kann, ob es einem zusagt oder nicht.

    Johannes Binswanger und Juan-Pablo Ortega leiten das neue Vertiefungsprogramm Data Science Fundamentals gemeinsam. prisma hat die Gelegenheit ergriffen, und ersterem ein paar Fragen gestellt.

    Marcel Dobler (Gründer von Digitec) sagte kürzlich, man soll Programmieren nicht als Pflichtfach in der Mittelschule einführen. Was ist Ihre Meinung dazu?

    Ich bin da relativ neutral, es gibt Gründe dafür und dagegen. Programmieren zwingt einen, sehr lo-gisch an ein Problem heranzugehen, typischerweise entwickelt man einen Algorithmus. Man kann das Problem nur mithilfe von logischen Schritten lösen, indem gut strukturiert wird. Diese Fähigkeit ist in jedem Beruf relevant. Die Kurse, die wir unterrichten, sind freiwillig, niemand ist dazu verpflichtet. Damit man ein Erfolgserlebnis hat, muss man relativ tief einsteigen und sich wirklich einmal die Zeit nehmen, um ein relevantes Problem zu codieren. Ich glaube aber nicht, dass jeder und jede in Zukunft das Programmieren beherrschen muss. Was wirklich essenziell ist, ist der Umgang mit IT-Tools. Das gehört zur Allgemeinbildung. Meine Erfahrung zeigt, dass die Zeit im Gymnasium sinnvoller genutzt werden könnte, da viele Unterrichtsstunden zu wenig dicht gestaltet sind. Ich glaube auch, dass mehr Selbststudium – gerade in den oberen Klassen – von Vorteil wäre und die Lernenden mehr Motivation dafür hätten. Deswegen befürworte ich das Substituieren anderer Fächer durch Informatik.

    Inwiefern grenzt sich das DSF von anderen Programmen an der HSG ab?

    Es grenzt sich gar nicht ab, denn es ist eine Zusatzoption für bestehende Bachelor-Programme. Hier handelt es sich um eine Vertiefung in einem Bereich, der sonst ein knappes Gut ist. Zwar gibt es einzelne Programmier- und Data-Science-Kurse im Kontextstudium, aber das sind jeweils kurze Einheiten, also nur zwei Wochenstunden. In dem Zeitfenster ist es unmöglich, ein hohes Niveau zu erreichen.

    Es heisst, dass das Programm auch ohne Vorkenntnisse besucht werden kann. Gibt es einen fortgeschrittenen Kurs für solche, die bereits Vorkenntnisse haben?
    Im Moment gibt es das nicht. Fortgeschrittenen werden aber drei Möglichkeiten eröffnet. Erstens können Studenten, die bereits Vorkenntnisse haben, weniger geübten Studenten helfen, also die Rolle eines Assistenten einnehmen. Zweitens werden ihnen schwierigere Aufgaben und Projekte zugeteilt. Drittens ist genug neuer Stoff dabei, damit auch den Fortgeschrittenen nicht langweilig wird.

    Wie wird die praktische Anwendung ins Programm miteinbezogen?

    Wir schauen darauf, dass es für die Studenten interessante und praktische Probleme zu lösen gibt. Das erste Codierungsproblem, das wir im Kurs jeweils anschauen, ist eine ökonomische Frage. Wir haben die Daten der Schweizerischen Nationalbank über den Wechselkurs von Schweizer Franken zu Euro und wir haben jene zum Schweizer Export. Die Fragestellung dazu lautet, ob der Wechselkurs tatsächlich einen so grossen Einfluss auf den Export hat und wie gross dieser ist.

    Aus welchen Gründen soll man an diesem Programm teilnehmen?

    Um einen guten Beitrag zur Problemlösung in Organisationen von heute und morgen zu leisten. In Unternehmungen und Organisationen gibt es auf der einen Seite Geeks, die gerne schwierige analytische Probleme ha-ben und auf der anderen Seite die Manager. Diese beiden Welten können nicht miteinander sprechen, sie verstehen sich nicht. Wir wollen Leute ausbilden, die beide Welten verstehen und als proaktive Vermittler dienen.

    Wie realistisch ist es, dass das heute Gelernte morgen noch aktuell ist? In der heutigen Zeit verändert sich das Wissen, gerade in der Informatik, täglich.

    Einerseits gibt es Mathematik und Statistik. Diese verändern sich nicht von heute auf morgen. Es gibt zwar kleine Verfeinerungen, aber auch morgen wird man noch bei der Basis anfangen müssen. Wir haben nicht das Ziel, spezifische Methoden und Programme besonders gut zu lehren, sondern mit dieser Art von Problemstellung umzugehen. «Learning to learn» ist unsere Motivation.

    Ist es im Sinne der Entwickler, dieses Programm in Zukunft auf der Assessment- und Bachelorstufe obligatorisch zu machen?

    Das ist nicht der Sinn dieses Programms – es ist für ambitioniertere Studierende entwickelt worden. Aber es gibt Bestrebungen, generell mehr Kurse in Data Science ins normale Programm einzubinden. Wir wollen das Vertiefungsprogramm so exklusiv anbieten, weil das vermittelte Wissen weit darüber hinausgeht, was jeder und jede können sollte.

  • Papas Tesla ersetzt den Porsche

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    Sport, Super-Papa, Solarenergie – Prof. Dr. Rolf Wüstenhagen. Mit seiner Leidenschaft für Nachhaltigkeit setzt er sich Tag für Tag am Lehrstuhl für Management erneuerbarer Energien ein. Auch privat lebt er umweltbewusst.

    Prof. Dr. Rolf Wüstenhagen trifft mit dem Velo beim neuen Tibits am Bahnhof St.Gallen ein. Hier habe er noch keinen Stammplatz, in Zürich hingegen schon, meint er lachend. Dass Wüstenhagen ein vegetarisches und veganes Restaurant als Treffpunkt vorgeschlagen hat, ist kein Zufall. Nachdem er sich – «ein bisschen Stereotyp muss sein» – einen grünen Smoothie bestellt hat, setzen wir uns in den ersten Stock des Restaurants. Wir bleiben lieber bei einem Cappuccino.

    Die Öko-Diät

    Mit 15 Jahren hat sich Wüstenhagen entschieden, sich vegetarisch zu ernähren. Den Anstoss gab das Buch «Diet for a Small Planet» (deutschsprachiger Titel: «Die Öko-Diät»), das er durch seinen Bruder entdeckte. Je mehr er sich in das Thema einlas, desto klarer wurden ihm die Vorteile einer vegetarischen Ernährung.
    Auf Fleisch zu verzichten ist nur eine von vielen Massnahmen, die für ihn zu einem nachhaltigen Lebensstil gehören. «Im Herbst ziehe ich lieber auch mal einen Pullover an, als gleich die Heizung aufzudrehen.» Einst schleppte Wüstenhagen mit seinem Kollegen eine Tonne für die Entsorgung von Aluminium mit in die Schule – damals war es noch undenkbar, dass man an jedem Bahnhof getrennte Mülltonnen vorfindet.

    Nach Alu kommt Atommüll

    Ausgeweitet hat sich das Interesse für Nachhaltigkeit mit der Katastrophe von Tschernobyl 1986. Erneuerbare Energien kamen zum ersten Mal ins Spiel. Dies inspirierte Wüstenhagen auch bei der Studienwahl. Zuerst dachte er an Physik und Umwelttechnik. «Dann kam irgendwoher der Tipp aus dem Umfeld: Du, Wirtschaft spielt auch eine Rolle.» So kam er zu seinem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens in Karlsruhe und Berlin. Nach einigen Zwischenstationen fand Wüstenhagen den Weg nach St.Gallen, wo er seit 2009 den Lehrstuhl für Management erneuerbarer Energien leitet.
    In seinem CEMS-Master-Kurs «Model UNFCCC» ist Energie ein wichtiges Stichwort. Der Kurs ist keine klassische Vorlesung, in der die Studenten nur dasitzen und zuhören. Stattdessen simulieren die Studierenden aus St. Gallen und sieben anderen europäischen CEMS-Schools aktiv die UNO-Klimaverhandlungen – das setzt viel persönliche Energie frei.
    Auch wenn die HSG mehr für Ökonomie als für Ökologie bekannt ist, hatte sie, im Vergleich zu anderen Universitäten, schon früh ein offenes Ohr für nachhaltige Projekte. Dies dürfte nicht zuletzt dem traditionell hohen Anteil an Drittmitteln zu verdanken sein. Durch Drittmittel können nachhaltige Forschungsprojekte und deren Umsetzung besser finanziert werden. In St. Gallen träfen zudem Leute, die sich für Nachhaltigkeit interessieren, auf solche, die etwas bewegen wollen – daraus ergebe sich eine spannende Mischung, findet Wüstenhagen.

    Photovoltaik nicht fotogen?

    Die Solarzellen auf dem Dach der Universität sind nach wie vor ein sehr heikles Thema. Da das Hauptgebäude unter Denkmalschutz steht, wurden zahlreiche Vorstösse immer mit derselben Begründung abgelehnt. «Ein paar wenige Entscheidungsträger im kantonalen Baudepartement sind felsenfest davon überzeugt, dass die Gebäude stets so bleiben müssen, wie sie sind. Und weil die Flachdächer so schönen Kies obendrauf haben, sei es undenkbar, darauf Solarzellen
    zu installieren», schmunzelt unser Gegenüber.
    Nicht nur Wüstenhagen, sondern auch HSG-Studenten versuchen schon jahrelang etwas dagegen zu unternehmen, bisher jedoch erfolgslos. Besonders der studentische Verein oikos war in diesem Bereich sehr aktiv. Wüstenhagen interessiert es brennend, wie die Studierenden das mit den Solarzellen auf dem Dach des Hauptgebäudes sehen. (Auf der Facebook-Seite von prisma findet ihr eine Umfrage zu diesem Thema.)

    Schlechte Vorbilder

    Nachdem Präsident Trump im August 2017 den Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen verkündet hat, stellt sich die Frage, wie man Massnahmen für Nachhaltigkeit auf globaler Ebene am besten umsetzt. Wüstenhagen findet, dass westliche Demokratien in dieser Hinsicht ihrer Verantwortung nicht gerecht werden: «Ich habe nach wie vor das Gefühl, dass es eigentlich unterschätzt wird, wie viel Vorbildwirkung wir in wohlhabenden Ländern haben. Der durchschnittliche Bewohner eines Entwicklungslandes träumt davon, so zu leben wie in reichen westlichen Ländern. Wenn wir ihm vorleben, dass man ein zwei Tonnen schweres Auto mit 15 Liter Benzinverbrauch fahren und zweimal im Jahr zum Shopping nach New York fliegen muss, dann will er das auch.» Wir sollten besser auf Teslas oder Velos umsteigen und diese zu den neuen Trends machen.
    «Das Gefährlichste ist, wenn die Leute aufhören selbst zu denken.» Dies geschah in den Augen von Rolf Wüstenhagen in der Vergangenheit viel zu oft und auch heute sei es nicht viel besser. Deswegen ist ein vorbildliches Verhalten in jeder Position wichtig. Ob als Bundesrat, Chefin eines grossen Unternehmens oder als Familienvater, in allen Rollen hat man eine Wirkung auf Andere. Konsistenz durchs Leben hindurch ist ihm ein grosses Anliegen. Wüstenhagen findet es wichtig, seiner Tochter Wissen über ein nachhaltiges Leben mit auf den Weg zu geben. «Damit meine Tochter in Zukunft auch noch gut auf diesem Planeten leben kann, muss man heute etwas tun.» Auch sie beginne sich zu engagieren und habe vor der letzten Energieabstimmung eine Diskussion mit ihrer Klasse und dem 64-jährigen Lehrer geführt.

    OL ohne Limit

    Zeit in der Natur verbringen kann Wüstenhagen nicht allzu viel, denn die tägliche Arbeit nimmt einen Grossteil seines Lebens in Anspruch. Doch wenn er mal länger draussen ist und sich bewegen möchte, dann beim Orientierungslauf (OL). Bereits seit dem Teenageralter ist er begeisterter OL-Läufer und nimmt heute noch an Wettkämpfen teil. Seine Ferien verbindet er wenn möglich mit internationalen Läufen. Wüstenhagens erste Interrailreise im Alter von 15 Jahren führte ihn zu einem 6-Tage-OL nach Schottland, inklusive Abstecher nach Südfrankreich auf dem Rückweg.
    Diese Leidenschaft färbte auch auf seine Tochter ab. «Orientierungslauf ist eine Schule fürs Leben. Man wird ziemlich früh eigenständig. Das sehe ich bei meiner 13-jährigen Tochter, die sich schon ziemlich souverän durch estnische, finnische und britische Wälder bewegt.»

    Schulen im Verzug

    Apropos Schule: Da gibt es in den Augen unseres Interviewpartners noch viel Handlungsbedarf. Themen wie Klima und Nachhaltigkeit kommen im Unterricht nur am Rande vor. Der Lehrplan 21 versucht hier Verbesserungen zu erreichen, ein Problem sei aber die politische Polarisierung. «Es ist noch nicht überall angekommen, dass Nachhaltigkeit eigentlich kein Thema für Rechts-Links-Schubladen ist, sondern uns alle betrifft.» Traurigerweise haben Umweltkatastrophen wie Tschernobyl und Fukushima oft mehr bewirkt als etwa die langen Berichte der Klimaforschung, wenn es darum geht, bei der Bevölkerung etwas auszulösen und sie zum Nachdenken anzuregen.
    Einer Person, die sich noch nicht so mit Nachhaltigkeit auskennt, würde Wüstenhagen folgenden Gedanken mit auf den Weg geben: «Überleg dir mal, wo deine Energie herkommt und wo die Emissionen landen, die du damit verursachst.»

  • Ego und Sport – ein perfect Match?

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    Steroiden-vollgepumpt, selbstverliebt, seelenlos! Oder doch nicht? Wir begaben uns auf die Suche nach verschiedenen Unisporttrainern, um herauszufinden, ob das Klischee vom grossen Sportler-Ego zutrifft.

    Alle sagen, Sport sei gesund, sorge für ein gutes Körpergefühl und sichere guten Schlaf. Doch was passiert auf psychischer Ebene? Was geht in einem vor, wenn man Sport macht? Und wie wirkt man auf andere? Sport wirke sich sehr individuell auf den Einzelnen aus, würden viele meinen, und trotzdem fanden wir viele Gemeinsamkeiten in den Aussagen der Befragten. Uns interessiert vor allem, wie sich Sportler selbst wahrnehmen und welchen Einfluss auf ihr Ego sie aufgrund der sportlichen Tätigkeit bei sich selbst beobachten.

    Training frisst Zeit

    Wer eine Sportart intensiv ausübt, muss dementsprechend häufig trainieren. Zusätzlich zum Studium regelmässig Sport zu treiben, erfordert viel Disziplin, einen strikten Zeitplan und klare Prioritätensetzung. Training frisst Zeit. Sicherlich kommt es vor, dass man mal mehr und mal weniger zu tun hat, nicht immer ist es stressig. Doch wenn nicht Studieren oder Arbeiten auf der Tagesplanung stehen, dann kommen Freunde und Familie, die spontan etwas mit einem unternehmen möchten. Man wird zu einem Nachtessen eingeladen oder alle anderen gehen in den Ausgang, nur man selbst nicht. Denn als Sportler hat man auch an den ominösen Mittwochabenden Training, genauso wie an fast allen anderen Tagen. Und am Morgen sollte man kurz laufen gehen, die Ausdauer kommt nicht von alleine. Sportler leben für ihre Sportart, ohne Disziplin und Ehrgeiz geht es nicht.

    Mächtig und energiegeladen

    «Kraftsport, vor allem wenn man ihn schon eine Weile ausübt, macht selbstsicher, diszipliniert und zielorientiert. All dies wirkt sich auch im Alltag positiv aus.» Stanislav, Unisporttrainer Fitnesstraining

    Manche würden diese Einstellung als asozial und egoistisch beschreiben, wahrscheinlich aus Unverständnis und Enttäuschung. Soziale Kontakte sind anscheinend nicht so wichtig wie das Training, nie hat der Sportverrückte Zeit. Und doch trainiert man Tag für Tag weiter, das Gefühl Sport gemacht zu haben macht süchtig, Hormonen sei Dank. Adrenalin und Cortisol schenken genügend Power, sie geben einem diesen Kick während des Trainings, man fühlt sich mächtig und energiegeladen. Endorphin und Dopamin sorgen für ein Glücksgefühl während und vor allem nach dem Training. Man liebt das Gefühl der körperlichen Erschöpfung und der seelischen Freiheit. Nichts und niemand kann einem mehr was anhaben.
    Diejenigen, denen man wirklich wichtig ist, werden diese Leidenschaft verstehen und im besten Fall sogar teilen. Das Letzte, was man mit einem vollgepackten Stundenplan brauchen kann, sind stundenlange Predigten vom sozialen Umfeld.

    Durch dick und dünn

    «Es macht so viel Spass und
    gleichzeitig kann ich trainieren.
    Mein Körper wird gefordert,
    ich fühle mich fit. Doch es
    ist nicht nur körperlich, auch
    seelisch. Immer wenn ich Zumba
    unterrichte, bin ich wahnsinnig
    glücklich.» Edu,
    Unisporttrainerin Zumba

    Jede Art und Weise seinen Körper zu bewegen macht glücklich, jede Sportart verändert einen im Geist. Einzelsportarten machen stärker als Person, man wird disziplinierter, entwickelt Kampfgeist und lernt sich von einer neuen Seite kennen. Wenn man – so wie die Befragten – Unisporttrainer ist, steht man oft vor Leuten, wodurch man selbstsicherer wird. Als Teamsportler lernt man mit Konkurrenz umzugehen, findet seine Position in einer Gruppe und lernt sich durchzusetzen. Teamkollegen können zu Freunden fürs Leben werden, man geht zusammen durch dick und dünn und lernt, Probleme zusammen zu bewältigen. All dies sind Qualitäten, die einen nicht nur im Sport, sondern auch im alltäglichen Leben auszeichnen und weiterbringen.
    Wenn man am Sporttreiben ist, hat man Zeit, sich voll auf sich selbst zu konzentrieren, die Aussenwelt abzuschalten und in jedem einzelnen Moment zu leben, ohne sich 1000 andere Gedanken machen zu müssen. Manchmal verschläft man vielleicht am Morgen, vergisst das Mittagessen zu Hause und quält sich anschliessend noch durch diese ellenlange Mathevorlesung, die man einfach nicht versteht. Doch dann geht man zum Sport und kann all diese Probleme für einen Moment hinter sich lassen.

    Egoisten in einem Team

    Natürlich stellt sich dann noch die Frage, ob Teamsportler weniger egoistisch sind als Einzelsportler. Nein, war die vorherrschende Antwort unter den Befragten, denn man arbeitet als Teamsportler genauso an sich selbst wie jeder Einzelsportler. Zwar hat man noch ein Team um sich, das einen aufbauen kann, wenn es mal nicht so läuft, jedoch ist das gesamte Team nur so stark wie das schwächste Glied. Man hat demnach nicht nur sich selbst gegenüber eine Verpflichtung, sondern dem ganzen Team gegenüber. Das motiviert zu noch härterer Arbeit. Jeder Sportler muss eine gewisse Portion Egoismus mitbringen, denn ohne Egoismus erreicht man seine Ziele nicht. Schlussendlich treibt man immer noch für sich Sport, weil es einem Spass macht und einem ein gutes Gefühl gibt.

    Übung macht den Meister

    Je länger und intensiver man eine Sportart ausübt, desto mehr kristallisieren sich die positiven Eigenschaften vom Sporttreiben heraus. Diese sind natürlich auch von der Sportart abhängig. Bei Kampfsportarten braucht es etwas länger, bis man ein Niveau erreicht hat, auf dem es wirklich Spass macht und man etwas beherrscht. Bei Badminton hingegen hat man auch als Anfänger in jedem Training Spiel und Spass. Niederlagen und schwierige Phasen gehören aber zu jedem Sport dazu. Genau diese Situationen machen einen stärker, ganz nach dem Motto: «What doesn’t kill you makes you stronger.» Daraus formen sich Stärken und ein gesundes Ego. Erfolgsmomente sind nur die Krönung des Ganzen, die Belohnung für die harte Arbeit und eine Motivationsquelle für kommende Tiefpunkte.

    Positivere Selbstwahrnehmung

    «Man sagt ja gesunder Geist,
    gesunder Körper. Wer Sport
    macht, ist viel ausgeglichener
    und das überträgt sich automatisch
    auf den Alltag.» Marcandrea, Unisporttrainer
    Flag Football

    Sieht man Ego als Selbstverliebtheit an, dann hat das sicher nichts mit Sport zu tun und darf auch nicht damit in Verbindung gebracht werden. Es handelt sich dabei um eine Charaktereigenschaft, nicht um eine Nebenwirkung von Sport. Ist mit Ego die Vernachlässigung anderer Personen und Tätigkeiten gemeint, so muss man bemerken, dass Profisport dies natürlich mit sich bringt. Jedoch ist dies nicht nur im Sport so, sondern bei jeder Art von Hobby, die man auf höherem Niveau ausführt.
    Interpretiert man Ego als Zeit, die man für sich nimmt, um sich etwas Gutes zu tun, oder als positivere Selbstwahrnehmung, dann sind sich alle Sportler und Sportlerinnen einig: Sport bringt ein grösseres Ego mit sich.