Anders ist nicht immer besser

Mit gemischten Gefühlen schaute ich dem 6. Juni entgegen – dem Tag, an dem das neue Album «Suck It and See» der englischen Indie-Rock-Band Arctic Monkeys erscheinen sollte. Die Band hatte mich in der Vergangenheit sowohl begeistert als auch enttäuscht. Einerseits ein genialer Erstling – das 2006 erschienene “Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not” – und der durchaus passable Nachfolger “Favourite Worst Nightmare”, der 2007 herausgegeben wurde. Andererseits ein ziemlich lahmes Konzert am Openair St. Gallen 2007 und das in meinen Augen enttäuschende dritte Album “Humbug”. Umso mehr erfreuten mich die im letzten halben Jahr bekannt gewordenen Informationen zur neuen Platte. Anders sollte es werden; einfacher, unmittelbarer und poppiger  als “Humbug”. Ich hoffte innig, dass sich dies bewahrheiten und die Band aus Sheffield zu ihrer alten Stärke zurückfinden würde.

Insgesamt schien ich jedoch in der Minderheit zu sein mit meiner Einschätzung der Entwicklung der Band. Sowohl der kommerzielle Erfolg als auch das Lob der Kritiker begleiteten alle drei bisherigen Alben der Monkeys – und dass, obwohl sie sich fundamental voneinander unterscheiden. “Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not”, das sich am schnellsten verkaufende Debut-Album der britischen Chart-Geschichte, überzeugte mit einer einschlägigen Einfachheit der Riffs, einem Hämmern von Gitarre und Schlagzeug, verbunden mit einer Explosivität der Refrains – allen voran desjenigen der Hitsingle “I Bet You Look Good On The Dancefloor”. “Favourite Worst Nightmare” hingegen war dumpfer und lauter zugleich, die Texte provozierender und geprägt von Metaphern und Anspielungen – zum Beispiel derjenigen an Dorothys berühmten Ausruf am Ende von “The Wizard of Oz” in “Old Yellow Bricks”, einer Ode an Sheffield. Dafür wurde Sänger und Songwriter Alex Turner aufs Höchste gelobt, und auf “Humbug” schien es fast, als ob ihm das ein wenig in den Kopf gestiegen wäre. Die Musik trat in den Hintergrund; Turners Stimme übertönte alles, ohne jedoch so zu begeistern wie zuvor.

Diese Entwicklung setzt sich auch auf “Suck It and See” fort. Zwar ist das Album wirklich anders als “Humbug”; die Melodien sind wieder markanter und weniger dunkel. Turner jedoch findet weder den Es-geht-mir-am-Arsch-vorbei-Ton von “Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not” noch die Tiefgründigkeit von “Favourite Worst Nightmare”. Vielmehr verliert er sich in an Jon Lajoies MC Confusing erinnernder Sinnlosigkeit – die Zeile “I’ve been trying to figure out what exactly it is I mean” aus “Reckless Serenade” könnte wahrer nicht sein. Ausserdem fehlt dem Album – wie auch den einzelnen Songs an sich – ein eigentlicher Höhepunkt. “Brick by Brick” und “The Hellcat Spangled Shalalala” haben zwar (begrenztes) Hitpotential, danach kommt aber lange nichts mehr. Und weil diese beiden Songs Nummern drei und vier der Platte sind, plätschert diese danach ein wenig vor sich hin und nach vierzig Minuten merkt man kaum, dass es vorbei ist.

“Suck It and See” ist also alles andere als überzeugend. Wer die Band mag, wird sich die Platte trotzdem kaufen – was wohl bereits bei “Humbug” mit ein Grund war für den kommerziellen Erfolg. Langsam aber sicher kommt jedoch die Frage auf, wie lange die Monkeys noch von den Lorbeeren ihrer Vergangenheit leben können. Sich ständig neu zu erfinden, gelingt ihnen nicht so wirklich – zumal dies nach den ersten zwei Alben eigentlich gar nicht nötig gewesen wäre…

Die erste Single aus “Suck It and See” heisst übrigens “Don’t Sit Down ‘Cause I’ve Moved Your Chair” und hört sich folgendermassen an:

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=h1vYbHHhqYE[/youtube]

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