Das üble Spiel mit unserem Verstand

Werbung soll Bedürfnisse wecken und dazu verleiten ein Produkt zu kaufen, welches bis dahin nicht bekannt war und nicht gebraucht wurde. Seit vielen Jahren trickst die Werbeindustrie nun schon, um das Produkt so gut wie möglich vermarkten zu können. Obwohl die Tricks der Werbeindustrie durchaus bekannt sind, lassen sich Konsumenten immer wieder von falschen Versprechungen einlullen. Gerade die Beautyindustrie nutzt die Möglichkeiten der heutigen Technik exzessiv, um ihre Produkte besser vermarkten zu können. Der Wunsch nach langen Wimpern veranlasst die Konsumentinnen zum Beispiel dazu, jeden kritischen Gedanken aus ihren Köpfen zu verbannen, ganz in der Hoffnung, dass die Mascara dieses Mal hält was sie verspricht. Dass die in der Werbung zu sehenden Models ausschliesslich falsche Wimpern tragen, wird gekonnt übersehen.

Erst kürzlich in den Schlagzeilen waren Julia Roberts und Christy Turlington als Werbegesichter für Lancôme und Maybelline. Die bis zur Unkenntlichkeit retuschierten und weichgezeichneten Gesichter der Models, die beide Anfang Vierzig sind, liessen sogar hartgesottene Beautyjunkies empört aufschreien. Grossbritannien ging hier als gutes Beispiel voran und erliess ein Verbot für Julia und Christy, um vor allem jüngere Konsumentinnen davor zu bewahren, einem falschen Schönheitsideal hinterher zu rennen oder Komplexe bezüglich des eigenen Körpers zu entwickeln.

Doch wann überschreitet die Werbeindustrie die Grenze des Tolerierbaren? Die Grenzen zwischen einer leichten Verschönerung und einer Verfälschung oder Täuschung sind fliessend. In bestimmten Situationen wird die Illusion sogar gerne gesehen; David Eicher, Inhaber von Webguerillas, sagt hierzu: “Viele Menschen sehen in Werbung nicht allein eine Produktinformation. Sie erwarten von Werbung Unterhaltung, Ablenkung, ja manchmal sogar den Sprung in eine Traumwelt.” Schlussendlich findet die Werbeindustrie immer wieder Mittel und Wege, ihnen in den Weg gelegte Steine und Richtlinien zu umgehen. Das Bannen von Werbung kann möglicherweise auch kontraproduktiv sein und dazu führen, dass das angegriffene Produkt noch mehr Aufmerksamkeit erfährt. Auch die kläglichen Versuche, die Verpackungsgrösse sowie den Luftinhalt innerhalb einer Verpackung zu regeln oder Zigarettenwerbungen mit Warnhinweisen auszustatten, liessen die Werber nur müde lächeln. Philipp Morris entwickelte aufgrund der nicht mehr zu leugnenden Schädlichkeit der Zigaretten eine neue Werbekampagne, die sich mit der Botschaft „Cool Kids can wait“ an Kinder richtete, um sie vordergründig vom Rauchen abzuhalten, jedoch genau das Gegenteil bewirkte, da jedes Kind gerne erwachsen und reif sein möchte.

Was der Konsument aber dem raffinierten Werber gegenüberstellen kann, ist seine Fähigkeit zur Reflexion. Diese Reflexionsfähigkeit verhindert, dass die Werbung völlig den Bezug zur Realität verliert, da sonst die Glaubhaftigkeit einer Marke  stark gefährdet wäre. Als Reaktion versuchen nun geschickte Werber auf humorvolle Art den Verstand des Menschen anzusprechen. Dies können optische Täuschungen sein, lustige Werbungen für Nasen-Op’s oder gut durchdachte Effekte: Dieser neue Trend von Werbung macht Spass, täuscht bewusst, und beeinflusst den Konsumenten auf einer fairen, aber nicht minder erfolgreichen Ebene. Bitte mehr davon.

______________________________________________

MEHR DAZU


1 Comment

  • Carl Cornichon

    Der Konsument ist also ein strohdummer Einfaltspinsel, der Werbung nicht als solche erkennt und blind auf sie hereinfällt. Nur mit „Reflexion“ könnte er sich gegen die bösen Werber wehren. Aber dazu ist er ja nicht fähig, der arme Teufel. Der wehrlose Konsument steht im Gegensatz zum Werbekritiker, der mit seiner antikapitalistischen Nörgelei intellektuell klar überlegen ist. Wer reflektiert, kauft nicht.

    Wenn es tatsächlich derart geniale Denker gibt, welche das „üble Spiel“ der Unternehmer brilliant durchschauen – warum sollen dann nicht diese Denker an die Macht kommen und die anderen Leute zu ihrem Glück zwingen? Wenn die reflektierenden Intelligenzbestien wirklich so toll sind, sollten sie nicht als Staatsmänner Werbung und Alkohol und Red Bull verbieten?

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

*

*

*